Die Landwirte in Europa hängen stark an den Subventionen der EU. Foto: dpa/Philipp Schulze

Die EU-Landwirtschaftsminister beraten derzeit über die Reform der Agrarpolitik. Für Landwirte hängt davon viel ab – vor allem geht es darum, wie sie sich künftig finanzieren.

Brüssel - Im Herbst wird Bewegung in die seit zwei Jahren dümpelnden Verhandlungen über die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU kommen. Es werden wichtige Vorentscheidungen für Europas Bauern fallen. Zur Verteilung der EU-Gelder für die Jahre bis 2027 sowie den Kriterien, die die Landwirte für die Unterstützung einhalten müssen, werden die beiden Co-Gesetzgeber, das Europaparlament sowie die Landwirtschaftsminister der 27 EU-Staaten, ihre Positionen für die Verhandlungen mit der Kommission klären.

Norbert Lins (CDU), Chef des Agrarausschusses im EU-Parlament, fordert vor dem informellen Ministerrat der Agrarminister der EU in Koblenz, der am 1. September zu Ende geht: „Von den Ministern sollte das Signal ausgehen, dass wir bei der Gemeinsamen Agrarpolitik vorankommen wollen.“ Lins fordert das Gremium auf, sich bis zum Oktober klar zu positionieren. „Es gibt nun keine Entschuldigung mehr, die Verhandlungen weiter zu verzögern“, sagt der Pfullendorfer Abgeordnete.

Die Reform verzögert sich

Da die Landwirtschaftspolitik auch im nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen aus dem EU-Haushalt finanziert wird, ist seit dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs klar, wie viel Geld zur Verfügung steht: Insgesamt sind etwa 400 Milliarden Euro für die Jahre 2021 bis 2027 reserviert. Das ist nominal zwar so viel wie in der letzten Förderperiode, unter dem Strich aber weniger, weil die Inflation über die Jahre die Kaufkraft mindert.

Klar ist bereits jetzt, dass die neue GAP mit Verzögerung startet. Geht es nach der Kommission, würde die Agrarreform Anfang 2022 greifen. Das Europaparlament und die Mitgliedstaaten halten erst 2023 für realistisch. Die Verhandlungen über die Reform dürften frühestens im Juni 2021 abgeschlossen sein.

Erst danach können in den Mitgliedstaaten die Verhandlungen über die konkrete Umsetzung vor Ort beginnen. Gerade in Deutschland, wo nicht die Bundeslandwirtschaftsministerin allein entscheidet, sondern die 16 Minister aus den Ländern mitreden, ist es praktisch unmöglich, innerhalb weniger Monate ein Ergebnis zu erzielen.

Geld für Ökomaßnahmen

Offenbar ist in der Kommission Frans Timmermans der Antreiber. Der Niederländer, der für den Green Deal zuständig ist, will keine Verzögerung und möglichst kein frisches Geld für die alte Agrarpolitik ausgeben. Das Parlament will einen Kompromiss: 7,5 Milliarden Euro, die aus dem 750 Milliarden Euro schweren Corona-Wiederaufbaufonds für die Landwirtschaft reserviert sind, könnten ab 2021 fließen – und zwar in Ökomaßnahmen, etwa zur Senkung des CO2-Ausstoßes auf den Höfen.

In der neuen GAP soll der Green Deal, also der umfassende Umbau der Volkswirtschaft unter grünem Vorzeichen, Teil der Diskussion sein: Wie viel Geld soll für Klima- und Umweltschutz ausgegeben werden? Das EU-Parlament, wo sich die Fraktionen auch noch untereinander einigen müssen, könnte vorschlagen, dass ein bestimmter Prozentsatz des Agrarbudgets für Ökomaßnahmen reserviert wird – hier werden Zahlen zwischen 30 und 40 Prozent gehandelt.

Bauern im Südwesten könnten verlieren

Ein weiterer Streitpunkt sind die Direktzahlungen, die die Landwirte je Hektar bewirtschafteter Fläche bekommen. Der ehemalige EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger (CDU) hatte vorgeschlagen, je Betrieb noch höchstens 100 000 Euro im Jahr an Zahlungen zu leisten. In Deutschland würde dies Bauern im Südwesten und Bayern, wo die Flächen eher klein sind, nicht stark treffen. In Ost- und Norddeutschland, wo die Flächen groß sind, wäre das anders.

Die EU-Staats- und -Regierungschefs haben bei ihrem Haushaltsgipfel im Juni bereits festgelegt, dass die Zahlungen bei 100 000 Euro je Betrieb gekappt werden, aber Lohnkosten voll geltend gemacht werden können. Hier wären die Bauern im Süden Deutschlands die Verlierer. Norbert Lins betont: „Wir fühlen uns nicht daran gebunden, wir werden eine eigene Position festlegen.“