Esslingens Oberbürgermeister Matthias Klopfer und Hauptredner Andreas Huber vom Club of Rome finden deutliche Worte – ganz in der Tradition des Schwörtags.
Festlich und fröhlich, aber auch nachdenklich und politisch: Kurz zusammengefasst lässt sich die Schwörzeremonie zum Auftakt des Esslinger Schwörfestes, die am Freitagabend bei besten äußeren Bedingungen im Schwörhof über die Bühne gegangen ist, auf diesen Nenner bringen.
In seiner Rede zum Auftakt der Veranstaltung blickte Esslingens Oberbürgermeister Matthias Klopfer nur ganz kurz zurück auf die Schwörtradition, die im Mittelalter in den Freien Reichsstädten entstanden ist, und die der OB „als lebendige Verpflichtung für ein offenes, faires und solidarisches Miteinander“ empfindet. Schnell ging es ihm aber um die Gegenwart – und die Zukunft.
Die Vision vom „Neckar-Valley“
Klopfer betonte, dass Esslingen eine Stadt für alle bleiben solle und findet die Kritik an der Innenstadt „meist nicht gerechtfertigt“. Er verwies darauf, dass es noch in diesem Monat mit der Revitalisierung des Karstadt-Areals losgehe und dass man sich, zusammen mit der Hochschule, aufmache, das Thema KI in unserer Stadt intensiv voranzutreiben. Seine Vision: „ein Neckar-Valley von Esslingen bis Heilbronn“.
Der Rathauschef blickte aber auch auf die Diskussionen um die Stadtbibliothek zurück und er bat die Stadtgesellschaft, „sich durch die Entscheidung für den Umzug nicht auseinanderdividieren zu lassen“. Und auch zum Streit um eine weitere Bürgermeisterstelle, bezog Klopfer Stellung: „Wahrscheinlich kam der Vorschlag zur falschen Zeit. Es wird von mir keinen weiteren mehr in diese Richtung geben.“
Ehe er zum Schwur ansetzte, sich „mit aller Kraft für das Wohl unserer Stadt einzusetzen“, begrüßte er die Gäste aus dem ukrainischen Kamjanez-Podilskyj und dem polnischen Piotrków Trybunalski. Dabei machte er deutlich, dass sein Wunsch „Frieden für uns alle“ sei, dass er den Weg der Nato-Staaten aber für richtig halte, das Bündnis verteidigungsfähig zu machen. Klare Worte eines Rathauschefs an einem feierlichen Abend.
Diese fand, nachdem Grundschülerinnen und Grundschüler des Projekts „Tschakka“ unter großem Applaus gezeigt hatten, dass Singen stark machen kann, auch der diesjährige Schwörredner Andreas Huber. Der Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft Club of Rome beeindruckte zunächst einmal dadurch, dass er seinen Vortrag ohne Manuskript und in äußerst lebendiger Form hielt.
Der Mann aus Mahlstetten im Kreis Tuttlingen, der seit 15 Jahren die Geschäfte des Club of Rome in Deutschland führt, wurde nie laut und erläuterte in ruhiger Form, „dass wir im Prinzip doch alle wissen, was falsch ist“ und dass man nicht mehr verbrauchen könne als da sei.
Huber: Weitsicht, Mut und Neugier wagen
Die Grenzen des Wachstums, das habe der Club of Rome bereits vor mehr als 50 Jahren wissenschaftlich fundiert prophezeit, seien längst erreicht. Stolz darauf, dass die Vorhersage gestimmt hat, ist Huber nicht, eher entsetzt. „Doch in langfristigem Denken und im Planen in komplexen Systemen sind wir Menschen einfach schlecht“, fügte er hinzu.
Letzten Endes gehe es darum den eigenen Geist weiterzuentwickeln und darum, „Weitsicht, Mut und Neugier zu wagen“. Keine Entwicklung der vergangenen Jahre sei überraschend gekommen, ergänzte Huber und kritisierte die Politik, die sich immer und immer wieder darin versuche, scheinbare Lösungen anzubieten.
Esslingen kann nicht die Welt retten, aber...
„Vielleicht braucht es auch manchmal den Mut, zu sagen: Ich weiß es nicht. Denn vielleicht fördert genau das die Neugier, um etwas anders zu machen als es bisher war.“ Deshalb sei Nachhaltigkeit eine Frage der Haltung, wie wir mit Veränderungen umgehen, fuhr Huber fort. Dabei könne die Stadt Esslingen zwar nicht die Welt retten und das sei auch nicht ihre Aufgabe.
„Aber wenn man es nicht vormacht, dann fangen andere erst gar nicht damit an“, sagte er wenig später auf eine Frage von Moderator Matthias Berg und fügte hinzu: „Das muss aus Ihnen selber kommen. Das müssen Sie selber in die Hand nehmen und zwar mit Freude.“
Carmen Titel spricht den Schwur
Ehe die Esslinger Stadtkapelle den musikalischen Rahmen wieder schloss, den sie zu Beginn auch geöffnet hatte, war es an Carmen Tittel, der Fraktionschefin der Grünen im Gemeinderat, ihren Kolleginnen und Kollegen sowie der Bürgermeisterriege, den Schwur abzunehmen, „stets zum Besten der Stadt zu handeln“.
In diesem Jahr fiel diese Aufgabe turnusgemäß der Öko-Partei zu, was zum Hauptthema des Abends ziemlich gut passte.