Der November steht in Esslingen traditionell im Zeichen der Literatur – möglich machen es die Literaturtage Lesart, die von Stadtbücherei und Eßlinger Zeitung präsentiert werden. 30 Autorinnen und Autoren geben vom 3. bis 30. November ihre Visitenkarten ab.
Der Countdown läuft: Nur wenige Tage noch, dann eröffnet der Autor Alex Capus die 30. Esslinger Literaturtage. Drei Jahrzehnte Lesart bedeuten drei Jahrzehnte spannende Begegnungen mit renommierten Autorinnen und Autoren, zahlreiche reizvolle Entdeckungen und viele Momente, die dem Publikum in guter Erinnerung geblieben sind. Langjährige Freunde des Festivals erinnern sich noch gut daran, wie alles angefangen hat. Und viele haben die Entwicklung der Lesart zu einem weithin beachteten Literaturfestival mit großem Interesse begleitet. Zum runden Geburtstag präsentieren Stadtbücherei und Eßlinger Zeitung vom 3. bis 30. November 30 Autorinnen und Autoren in 38 Veranstaltungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Und wie immer laden die Lesartisten ein zu einem verlockenden Blick durch ein Kaleidoskop der literarischen Möglichkeiten, das zeigt, wie reizvoll das virtuose Spiel mit dem geschriebenen Wort sein kann.
Viele Partner – ein gemeinsames Ziel
Das Gästebuch der Lesart weckt viele Erinnerungen. Mehr als 900 Autorinnen und Autoren waren seit der Premiere 1996 zu Gast – darunter so bekannte Namen wie Ralph Giordano, Martin Walser, Imre Kertesz, Juli Zeh, Marcel Reich-Ranicki, Monika Maron, T. C. Boyle oder die Nobelpreisträgerinnen Herta Müller und Swetlana Alexijewitsch. Nicht minder wichtig war es den Veranstaltern, der Stadtbücherei und der Eßlinger Zeitung, dem örtlichen Buchhandel und der Stiftung der Kreissparkasse, die das Festival seit den Anfängen unterstützen, immer wieder auch vielversprechende neue literarische Stimmen zu entdecken und zu präsentieren. Damit hat die Lesart über die Jahre zahlreiche Autorinnen und Autoren auf ihrem Weg begleitet – und das Wiedersehen macht immer Freude.
So soll das auch in diesem Jahr sein, wenn Alex Capus, der der Lesart seit den Anfängen verbunden ist, das Festival eröffnet. Mit Arno Geiger und Michael Kumpfmüller haben sich weitere Gäste angesagt, die über die Jahre immer wieder ihre literarischen Visitenkarten abgegeben haben. Und Raoul Schrott stellt mit seinem „Atlas der Sternenhimmel“ eines der faszinierendsten Buchprojekte dieses Jahres vor. Viele der Gäste, die diesmal den Weg ins Lesart-Programm gefunden haben, haben in den vergangenen Monaten große Aufmerksamkeit erhalten – so wie Mareike Fallwickl, deren Lesung aus „Und alle so still“ im Handumdrehen ausverkauft war, oder Gaea Schoeters, deren Roman „Trophäe“ zu den meistdiskutierten Werken auf der Frankfurter Buchmesse zählte. Einen festen Platz im Literaturtage-Programm hat stets auch das aktuelle Bahnwärter-Stipendium – diesmal ist es Katharina Mevissen mit „Mutters Stimmbruch“. Einen ungewöhnlichen Abschluss wird die 30. Lesart mit Ben Gijsemans’ Graphic Novel „Aaron“ finden, die ein heißes Eisen anpackt.
Gütesiegel für das Festival
Ein so profiliertes Festival wie die Lesart zu gestalten, erfordert viel Fingerspitzengefühl und ein gutes Händchen. Das haben einmal mehr die Programmplanerinnen Dominique Caina (Erwachsene) und Bettina Langenheim (Kinder und Jugendliche) bewiesen. Für die beiden gilt es stets, den aktuellen Buchmarkt genau im Blick zu behalten, Kontakte zu Verlagen, Autorinnen und Autoren zu pflegen und frühzeitig mit der Programmplanung zu beginnen. „Die Vorbereitungen auf das kommende Festival beginnen schon während der laufenden Lesart“, verrät Dominique Caina. „Sobald wir im Herbst die neuen Verlagsankündigungen erhalten, schauen wir, was für die nächste Lesart in Frage kommen könnte. Wir nehmen Kontakt auf mit den Verlagen und fangen dann bereits zu lesen an.“ Denn nicht jedes Buch hält bei genauerer Lektüre, was die Verlagsankündigungen versprochen haben. „Manchmal kommen die Verlage auch auf uns zu und legen uns das eine oder andere Buch ans Herz“, sagt Dominique Caina. Und auch bei anderen Festivals wie den Münchner „Wortspielen“ hat sie schon so manche interessante Neuerscheinung kennengelernt. „Unser Ziel ist es, Ende Juni das Programm im Kasten zu haben“, sagt die Lesart-Planerin. Doch wenn sich auf den letzten Drücker noch eine interessante Option ergibt, sind die Lesartisten flexibel genug, zu reagieren.
Wenn Bettina Langenheim und Dominique Caina am neuen Programm basteln, kommt ihnen der gute Ruf, den sich das Festival in drei Jahrzehnten redlich erworben hat, zugute. „Die Lesart hat ein gewisses Gütesiegel, wenn man im November an gute Literatur in der Region denkt“, hat Caina oft genug beobachtet. „Davon profitieren wir bei der Auswahl der Autorinnen und Autoren sehr. Wenn wir auf unsere Anfragen auch mal eine Absage bekommen, hat das in der Regel terminliche oder organisatorische Gründe.“ Und an neuen, reizvollen Gästen soll es ohnehin nie fehlen. Als Programmleiterin ist sie mit dem Anspruch angetreten, die Lesart jünger und diverser zu gestalten, ohne die bewährten Qualitäten des Festivals zu vernachlässigen. Ihr Credo: „Gute Literatur hat nichts mit dem Alter zu tun. Diversität bei Themen und Autoren ist wichtig, um möglichst viele anzusprechen.“