Jubel nach dem erfolgreichen Bürgerentscheid für den Büchereistandort Pfleghof im Gemeindehaus. Foto: Bulgrin - Bulgrin

15.321 Esslinger (von etwa 70.000 Stimmberechtigten) haben für die Modernisierung der Bücherei am bisherigen Standort im Pfleghof gestimmt.

EsslingenUm 18.54 Uhr war die Sache klar: Der aktuelle Standort der Esslinger Stadtbücherei wird auch der künftige sein. Per Bürgerentscheid haben die Esslingerinnen und Esslinger den Beschluss ihres Gemeinderats für einen Neubau zwischen Küferstraße und Kupfergasse kassiert. Stattdessen soll nun doch der Bebenhäuser Pfleghof erweitert und modernisiert werden. Dafür hatten sich bereits vor der Neubau-Entscheidung des Gemeinderats Mitte Juni viele Bürgerinnen und Bürger stark gemacht. Dass der Gemeinderat trotzdem anders entschieden hat, hat viele auf die Palme gebracht. Wie sehr das Herz der Esslinger am Pfleghof hängt, hatte sich schon beim Bürgerbegehren gezeigt, mit dem eine Initiative um Wolfgang Drexler, Klaus Hummel und Ulrike Gräter im Herbst den Weg für den ersten Bürgerentscheid in der Geschichte der Stadt frei gemacht hat: 11 187 Wahlberechtigte signalisierten mit ihrer Unterschrift, dass sie bei der Entscheidung über den Standort ihrer Bücherei mitreden wollen, 4876 wären nötig gewesen. Gestern haben die Bürger noch einen draufgesetzt: 19 557 Esslinger beteiligten sich an der Abstimmung, 15 321 stimmten für den Pfleghof. Und als am Sonntagabend klar war, dass nicht nur die nötige Abstimmungsbeteiligung, sondern auch das Quorum von knapp 14 000 Stimmen für den Pfleghof klar übertroffen worden war, löste sich die Anspannung der Pfleghof-Befürworter in lautem Jubel.

Wochenlang hatten die Mitglieder der Pfleghof-Initiative für ihre Sache geworben. Sie hatten Plakate geklebt, Handzettel verteilt, mit Nachbarn diskutiert und an Infoständen in der Fußgängerzone über ihr Anliegen informiert. Doch trotz allem Engagement konnte keiner mit Sicherheit vorhersagen, wie der Bürgerentscheid am Ende ausgehen würde. Denn die Hürden bei einem Bürgerentscheid sind hoch – Kritiker meinen gar, sie seien immer noch zu hoch. Wie groß das Interesse an der Zukunft der Esslinger Stadtbücherei ist, zeigte sich am Sonntagabend im Gemeindehaus am Blarerplatz. Dort trudelten ab 18 Uhr die ersten Ergebnisse aus den 60 Wahllokalen und den sieben Briefwahlbezirken ein. Und je näher das Endergebnis rückte, desto mehr Interessierte drängelten sich vor der Großleinwand – am Ende waren rund 150 Besucher ins Gemeindehaus gekommen.

Als um 18.07 Uhr der erste Stimmbezirk ausgezählt war, hätten selbst unter den glühendsten Pfleghof-Befürwortern nur die wenigsten eine Wette auf den Ausgang der Abstimmung abgeschlossen. Einer der wenigen, die sich ihrer Sache sicher waren, war Hermann Beck, der sich in der Pfleghof-Initiative engagiert – und der schon vor Beginn der Auszählung mit unerschütterlichem Optimismus prophezeite: „Wir werden die 14 000-Stimmen-Marke knacken. Ich hab’s im Gefühl.“ Andere waren da nicht ganz so optimistisch, zumal die Ergebnisse aus den ersten Stimmbezirken keine allzu hohe Wahlbeteiligung erwarten ließen. Doch mit jeder Minute kletterte das Stimmen-Barometer nach oben: Um 18.24 Uhr waren schon 12,2 der benötigten 20 Prozent Stimmen für den Pfleghof erreicht, sieben Minuten später waren es bereits 14,6 Prozent. Und um 18.54 Uhr war nach Auszählung von 65 der insgesamt 67 Stimmbezirke vollends klar, dass die nötigen 14 000 Stimmen erreicht waren. Doch das war an diesem Abend noch immer nicht das Ende der Fahnenstange: Die restlichen beiden Stimmbezirke ließen die Ja-Stimmen für die Erweiterung und Modernisierung des Pfleghofs auf 15 321 klettern, 4236 Esslingerinnen und Esslinger stimmten für den Neubau. Als der letzte Stimmbezirk eintraf, hatten viele freilich schon den Heimweg angetreten, weil das Votum damit bereits entschieden war. Während die Mitglieder der Pfleghof-Initiative ihren Erfolg im Schwanen-Keller feierten, gingen die Neubau-Befürworter, die wie schon beim Bürgerentscheid auch im Gemeindehaus klar in der Minderheit waren, mit eher betretenen Gesichtern nach Hause. Und einer räumte hinter vorgehaltener Hand ein, dass er nie und nimmer mit einem Erfolg des Bürgerbegehrens gerechnet hatte.

Dass Oberbürgermeister Jürgen Zieger schon nach Erreichen der nötigen 14 000 Pfleghof-Stimmen zusagte, nun mit aller Kraft die Erweiterung und Modernisierung des bisherigen Bücherei-Standorts voranzutreiben, wurde mit Beifall quittiert. Doch für viele im Saal war klar, dass das Engagement für die Zukunft der Stadtbücherei damit noch lange nicht beendet ist. „Wir werden am Ball bleiben und darauf achten, dass wir eine richtig gute und moderne Bibliothek im Bebenhäuser Pfleghof bekommen“, meinte eine Dame im Hinausgehen.

Video mit Adi Maier und Miriam Steinrücken zum Ergebnis des Bürgerentscheides:

Gespanntes Warten

Es blieb spannend bis zum Schluss: Gegen 19.20 Uhr gab es nach der Auszählung aller Stimmbezirke ein vorläufiges Ergebnis von 21,90 Prozent der Stimmberechtigten, die sich für den Erhalt des Pfleghofes ausgesprochen haben. Damit ist das erforderliche Quorum von 20 Prozent übertroffen worden. 4.236 Bürger, also 6,05 Prozent der Stimmberechtigten, haben sich für einen Neubau in der Küferstraße ausgesprochen. Insgesamt etwas weniger als 20.000 Bürger haben von Ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht.

Einen Kommentar von EZ-Redakteur Alexander Maier gibt es hier!

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