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12485 Unterstützer haben sich für einen Bürgerentscheid zum künftigen Standort der Esslinger Stadtbücherei ausgesprochen. Wann der stattfindet, muss der Gemeinderat noch entscheiden.

EsslingenDass die Initiatoren eines Bürgerbegehrens zum künftigen Standort der Esslinger Stadtbücherei die nötigen 4900 Unterschriften für einen Bürgerentscheid bekommen würden, hat Kenner der Kommunalpolitik erklärtermaßen nicht überrascht. Dass es am Ende 12 485 Unterschriften für eine Erweiterung und Modernisierung des bisherigen Standorts im Bebenhäuser Pfleghof wurden, hat jedoch selbst die kühnsten Hoffnungen der Initiative übertroffen: Nun sollen die Esslinger in einem Bürgerentscheid das Wort haben. Wenn die Unterschriften geprüft sind, muss der Gemeinderat über die Zulässigkeit befinden und den Termin für einen Bürgerentscheid festlegen.

Ob Neubau- oder Pfleghof-Befürworter – im Gemeinderat hat man die starke Resonanz des Bürgerbegehrens aufmerksam zur Kenntnis genommen. Annette Silberhorn-Hemminger (Freie Wähler) bescheinigt der Initiative „einen großartigen Erfolg“. Klar ist für sie: „Das ist ein deutliches Signal, das man nicht so einfach zur Seite schieben kann.“ Edward-Errol Jaffke (CDU) findet das erreichte Ergebnis „stattlich“ – allerdings meint er: „Ob bei einem Bürgerentscheid die nötigen Stimmen zusammenkommen, wird man sehen.“ Carmen Tittel (Grüne) begrüßt Bürgerbegehren generell, auch wenn sie einen Bücherei-Neubau favorisiert. Sollten die Bürger anders entscheiden, werde man das respektieren. Andreas Koch (SPD), dessen Fraktion im Gemeinderat für den Pfleghof gestimmt hatte, findet 12 485 Stimmen „beeindruckend“. Dieses Ergebnis zeige, dass die Stadtbücherei für ungewöhnlich viele Esslinger ein Herzensanliegen sei. Gerade in einer Zeit, in der Partikularinteressen in den Vordergrund drängten, sei es „ein schönes Zeichen, dass sich so viele Bürger am Beispiel der Bücherei für das Gemeinwohl einsetzen“. Unklar ist noch, wann ein Bürgerentscheid stattfinden soll. Im Rathaus nennt man das letzte Februar-Wochenende oder den Tag der Kommunalwahl im Mai, ohne eine der Alternativen zu favorisieren. Während CDU und Grüne den Bücherei-Entscheid nicht mit der Wahl verbinden wollen, sind SPD und Freie Wähler offen. Klar ist für Annette Silberhorn-Hemminger nur: „Bei 12 485 Unterschriften verbieten sich taktische Überlegungen.“

Kein Zweifel an Zulässigkeit

Die Weichen für den Bürgerentscheid soll der Gemeinderat am 12. November stellen. Dann muss er formell dessen Zulässigkeit feststellen. Für Edgar Wunder, den Landesvorsitzenden des Vereins Mehr Demokratie, der auf Empfehlung der Landesregierung Kommunalverwaltungen und Bürgerinitiativen bei drei Viertel aller Bürgerbegehren im Land beraten hat, steht fest: „Dieses Bürgerbegehren erfüllt alle Voraussetzungen der Zulässigkeit. Der Gemeinderat hat hier nach den gesetzlichen Vorgaben keinen Ermessensspielraum.“ Und er empfiehlt, „hier nicht jahrelange gerichtliche Auseinandersetzungen über juristische Spitzfindigkeiten zu provozieren“. Mit Blick auf Einwände gegen den Kostendeckungsvorschlag, wie sie Professor Christopher Schmidt im untenstehenden Interview formuliert, sieht sich die Initiative für das Bürgerbegehren auf der sicheren Seite: „Sowohl unser Antrag auf einen Bürgerentscheid als auch das Vorgehen der Initiative Bürgerbegehren Stadtbücherei in Kooperation mit der Stadtverwaltung und dem Verein Mehr Demokratie sind völlig rechtskonform. Die Spekulationen über mögliche Unzulässigkeiten sind aus unserer Sicht nicht haltbar“, erklärt Wolfgang Drexler, einer der Initiatoren. Und er beruft sich auf ein Schreiben, in dem OB Jürgen Zieger der Initiative zu den von der Stadt kalkulierten Mehrkosten der Pfleghof-Lösung von 7,6 Millionen Euro innerhalb von 38 Jahren erklärt hat: „Die Finanzierung ist über liquide Mittel und die Aufnahme von Krediten nach den gesetzlichen Vorgaben durchführbar.“ Drexler: „Daran haben wir uns gehalten. Der Kostendeckungsvorschlag des Bürgerbegehrens ist sogar konkreter als derjenige des Gemeinderatsbeschlusses.“

Rathaussprecher Roland Karpentier sieht keinen Anlass, an der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens zu zweifeln: „Die Initiative hat uns angefragt, wie die Formulierungen auf den Unterschriftenbögen aussehen müssen. Nach Auskunft unseres Rechtsamts genügen die Formulierungen den Anforderungen.“ Und Amtsleiterin Sabine Schädle ergänzt: „Der Oberbürgermeister hat in seinem Brief an die Initiative auf die öffentlich zugänglichen Gemeinderatsvorlagen verwiesen. Dort sind ganz ausführlich die Kosten für beide Standort-Varianten der Bücherei aufgeführt. Mit diesen beiden Vorschlägen ist bereits impliziert, dass eine Kostendeckung vorhanden ist. Der Gemeinderat hätte sich ja auch für die andere Alternative entscheiden können. Anders wäre es, wenn sich die Bürgerinitiative für etwas ausgesprochen hätte, das es noch überhaupt nicht gab. So halte ich die Formulierung des Kostendeckungsvorschlags in diesem Fall für zulässig.“