Anita Gewehr mit (v.l.) Thomas Mai, Patrick Dürr und Markus Grabenbauer Foto:  

Zahlreiche Menschen unterschiedlichen Alters feierten durch die Musiknacht. Viele zogen von Bar zu Bar, um unterschiedliche Musik zu hören. Sie kamen auf ihre Kosten, denn das Programm bot einiges. Für eine Esslingerin war es ein ganz besonderer Abend.

Was macht man an einem Samstagvormittag, wenn er den 40. Hochzeitstag einleiten soll? Die Sektkellerei Kessler ist da eine gute Adresse. Das dachten sich auch Anita Gewehr und ihr Ehemann, als beide bei einem Glas Sekt im Schatten der mächtigen Mauern der Stadtkirche standen. Ein Tag, der einige Überraschungen für sie bereithalten sollte und sie bis in die Nacht in Atem hielt.

Erste Höhepunkte des Abends

Anita Gewehr stammt aus Esslingen, wurde aber vor 40 Jahren von ihrem Mann nach der Heirat in den Hunsrück „entführt“. Nun kamen die beiden zurück an den „Tatort“. Dass sie aber am Abend bei der Musiknacht landeten, ist einem kleinen Zufall – oder besser gesagt einem Glücksfall – geschuldet. Die in Stuttgart lebende Tochter hatte auf Instagram von dem Konzert der Gruppe Pat Patricks Horsepower Band in der Gaststätte gelesen. Rock’n’Roll aus den 1960er Jahren stand auf dem Programm. Das könnte was für die Eltern sein, dachte sich die Tochter und informierte die Eltern, von denen sie wusste, dass sie in Esslingen ein paar Tage verbrachten. Dass dieses Konzert nur ein Teil der gesamten Musiknacht war, wussten sie da noch nicht. Was Anita Gewehr ebenfalls nicht wissen konnte: dass die Künstler auf der Musiknacht sehr nahbar sind. So kam es kurz vor Konzertbeginn zu einem spontanen Straßenplausch mit den Musikern. Danach gab es dann noch ein Foto mit der Pat Patricks Horsepower Band auf der Bühne. So nahm die Esslinger Musiknacht für die beiden Jubilare und zahlreiche andere Menschen ihren Lauf.

Gute Stimmung auch in der Cocktailbar „Mehl’s old fashioned“. /Roberto Bulgrin

Der Keller im Schwanen Brauhauskeller hatte sich schon gefüllt, und wie in den anderen 14 Lokalen auch ging pünktlich um neun die Post ab. Apropos Post: In der Gaststätte mit dem ungewöhnlichen Namen „bei Post“ in unmittelbarer Nähe zeigte sich, wie vielseitig die Musiknacht in Esslingen, die nun schon zum 20. Mal stattfand, sein kann. Ähnlich wie im Brauhauskeller war das Publikum altersmäßig breit gefächert – junge, mittelalte und schon etwas gereiftere Partygäste feierten hier gemeinsam durch den Abend. Allerdings ging die Post bei Post noch einen Zacken wilder ab. Während im Brauhaus das Konzert und die Kunst dominierte, vermischte sich bei Post Kneipen- und Konzertatmosphäre sehr viel stärker. Die Band Cover Train versprach mit Rocksongs von Alice Cooper bis ZZ Top und von Blues bis Metal eine „Mitsing-Garantie“ – und erfüllte dies auch. Wer dann noch wild steigern wollte, landete im Eisbär Metalkeller, wo die Gruppe Kohala Klassiker von AC/DC über Deep Purple, Kiss, Motörhead und ZZ Top laut und schweißtriefend zelebrierte – auch hier wieder die stimmungsreiche Symbiose aus Kneipe und Konzert.

Gut durchmischt, aber mit einem deutlich größeren Anteil an jungen Leuten fanden sich Feiernde im Karmeliter zusammen, wo 4 More Friends aufgrund eines Krankheitsfalls kurzfristig für eine andere Band eingesprungen waren. Ein Glücksfall für die Musiknacht, denn es war das einzige Wochenende im Oktober, wo 4 More Friends keinen Termin im Kalender stehen hatten. In der Esslinger Kultkneipe war das Besondere der Esslinger Musiknacht geradezu greifbar: Künstler und Publikum waren nah beieinander, hier herrschte fast schon die Atmosphäre eines Privatkonzerts. Hinter dem Tresen strahlte Juniorchefin Christina Bartl. Sie lebt das Karmeliter: Als Kind kam sie nach dem Essen in die Gaststätte ihres Vaters und aß hier zu Mittag. Inzwischen ist sie Studentin. Im Vorjahr stand sie bei der Musiknacht hinter dem Tresen, das Jahr davor feierte sie „privat“ im Karmeliter. Gefüllte Kultkneipe, das ist auch das Stichwort für das Konzert im Krokodil, wo die Gruppe The Pulz Klassiker der britischen Gitarrenmusik spielte und Gastmusiker Ian Strongbow an der Geige eine Prise Irish Folk hineinspielte. Der Andrang war so groß, dass zeitweise keine Gäste mehr reingelassen werden konnten.

Werbung für die Stadt Esslingen

Aus dem Konzertrahmen fiel eine Veranstaltung im Café Libertà: In der Shisha-Bar war das Publikum selbst aufgefordert zu singen. Karaoke wurde hier geboten, und das vorwiegend junge Publikum hatte offenkundig seinen Spaß daran. Wirtin Cansu Akseki hatte eine ähnliche Veranstaltung schon einmal im August organisiert und versprach: „Das machen wir jetzt öfter.“

Die Musiknacht ging bis morgens um halb zwei. Die Jubilare Anita Gewehr und ihr Mann besuchten in der Nacht mehrere Lokale. „Es war fantastisch“, schwärmte die Esslingerin aus dem Hunsrück. Und eine Werbung für die Stadt Esslingen. „Das ganze Wochenende in dieser Stadt war phänomenal.“

Spielorte und Musikrichtung

Orte
 Bei der Esslinger Musiknacht spielen überall Bands, in Kneipen, Cafés, Bars und Restaurants. Gespielt wurde im Palmschen Bau, im Karmeliter, im Krokodil, in Joe Peña’s, im Ad Astra, in der Gaststätte Bei Post, im Nali , im Eisbär Metalkeller, im Schwanen Brauhauskeller, im Café Maille, im Uferlos, in Mehl’s Old Fashioned, in der Kristall Café Bar, im Café Liberta und in der Ginn Bar.

Musik
 Es war nicht für alle, aber für viele etwas dabei. Oldies dominierten, gespielt von Coverbands. Rock, Pop und Rock’n’Roll war fast überall zu hören, aber auch Latin Music und Hardrock. Eine Karaoke-Veranstaltung lud ein zum selber singen.