Seit 40 Jahren vergibt die Aktion Plagiarius jährlich den Negativpreis „Plagiarius“ an Hersteller und Händler besonders dreister Nachahmungen. Die Trophäe ist ein schwarzer Zwerg mit goldener Nase. Foto: Aktion Plagiarius e.V.

Reichenbach – Roman Gorovoy erinnert sich noch genau an seinen schlimmsten #gEZnochMoment: Als der Geschäftsführer der Reichenbacher Traditionsfirma Electrostar im Jahr 2009 auf der Messe in Shanghai über die Stände schlenderte, sah er Industriesauger, die ganz genau so aussahen, wie die Produkte seiner Firma. Selbst die Fotos waren aus dem Starmix-Produktkatalog. Nur der Name Starmix fehlte. „Ich konnte es nicht glauben, das war so dreist“, erzählt Gorovoy (Foto).
Doch Gorovoy steht mit dieser Erfahrung nicht alleine da. 2015 haben die EU-Zollbehörden mehr als 40 Millionen rechtsverletzender Produkte mit einem Wert von 650 Millionen Euro beschlagnahmt. Das sind 15 Prozent mehr als 2014. „Natürlich können auch die Zoll-Statistiken nur einen Ausschnitt des Problems abbilden, sie zeigen aber deutlich, dass Produkt- und Markenpiraterie kein Kavaliersdelikt sind, sondern eine der größten aktuellen Bedrohungen für innovative Unternehmen“, sagt Christine Lacroix von Plagiarius (siehe Interview).
Ob Sägen des Waiblinger Unternehmens Stihl, Eierbecher von WMF, Bagger von Bruder-Spielwaren, Kärcher-Reinigungsmaschinen oder eben Produkte des Industriesaugerherstellers Electrostar aus Reichenbach: Es gibt wohl nichts, was nicht gefälscht wird.
Doch Gorovoy, damals Mitte 20, wollte sich das nicht gefallen lassen: Er ging vor Gericht. „Ich war so wütend.“ Diesen Weg gehen allerdings nur wenige Firmen, die Opfer von Produktpiraterie geworden sind. „Die Aussichten auf Erfolg sind nur gering“, sagt Gorovoy. Das bittere: Der Fälscher war ein ehemaliger Mitarbeiter des chinesischen Starmix-Vertriebs, der sich mit der Firma Lerong Industrial selbstständig gemacht hatte. Doch dann die Überraschung: Das chinesische Gericht gab Gorovoy Recht. Das Unternehmen Shanghai Lerong musste die Markenrechts- und Copyrightverletzungen sowie den unlauteren Wettbewerb unterlassen. Der Fälscher zahlte wegen der Sauger eine Entschädigung von 20 000 Euro und nahm die Sauger, die denen aus Reichenbach so ähnlich sahen, aus dem Sortiment.

20 000 Euro Entschädigung

Das Urteil ist erstaunlich, denn die Reichenbacher hatten für die Produktlinie in China keinen Patentschutz. Da die Fälscher aber auch das Copyright missachteten und Fotos von Starmix verwendeten, konnten sie doch noch bestraft werden. Heute – acht Jahre später – sieht Gorovoy vieles gelassener. „Rückblickend würde ich wahrscheinlich einen anderen Weg einschlagen“, sagt der Firmenchef über sein forsches Vorgehen. Der Grund: Die hohen Prozesskosten. 70 000 Euro kostete Electrostar das Verfahren. „Es war anstrengend und verschlang viel Zeit.“ Zwei Jahre vergingen vom Zeitpunkt der Entdeckung bis zum Urteilsspruch.
Das Unternehmen ist dem Aktionskreis gegen Markenpiraterie beigetreten. Dieser branchenübergreifende Verband, dem viele Unternehmen aus ganz Deutschland angehören, tritt seit 1997 für den Schutz des Eigentums ein. „Wir hatten seit diesem Vorfall keine Probleme mehr“, sagt Gorovoy heute. Die Aktion habe sicher auch abgeschreckt. Aber Augen und Ohren hält er immer offen.

Karla Schairer . . . war erstaunt erstaunt, wie dreist viele Plagiatoren zu Werke gehen – und sich dabei sicher und auch noch im Recht fühlen.

Sabrina Erben. . .findet es gut, dass sich jemand gegen diesen Betrug zur Wehr setzt.