Rafik Schami Foto: Gaby Weiß

Mit großen Namen und spannenden Neuentdeckungen lädt die Esslinger Lesart zu literarischen Zeitreisen in die Vergangenheit wie auch in die Zukunft ein.

In Zeiten des Kriegs in der Ukraine und des Klimawandels zeigen die Autorinnen und Autoren im Erwachsenenprogramm der Esslinger Lesart Haltung. Von 6. November bis 3. Dezember sind bei den Literaturtagen bekannte Literatinnen und Literaten und Vertreter der jungen Szene zu erleben. Der kritische Blick auf die Krisen in der Gesellschaft zieht sich dabei wie ein roter Faden durch den Lesungsmarathon.

Die Lesart wird von der Stadtbücherei in Zusammenarbeit mit der „Eßlinger Zeitung“ und der Stiftung Kreissparkasse organisiert. Das Publikum erwartet eine Reise durch die etablierte Literaturszene ebenso wie Begegnungen mit der jungen deutschsprachigen Literatur. Dabei schlägt das Festival auch Brücken in die internationale Szene. Die Autorinnen und Autoren blicken ganz unterschiedlich auf das krisengeschüttelte Europa. Der politische Wandel, der sich in den Gesellschaften vollzieht, bewegt die jüngere wie auch die ältere Generation der Literatinnen und Literaten der Festivalauflage. Am Montag, 7. November, präsentiert Rafik Schami seine Geschichten. Der syrisch-deutsche Autor lebt heute in Mannheim. Sein Buch „Mein Sternzeichen ist der Regenbogen“ ist eine poetische Reise durch seine Erzählungen. Humor und Gelassenheit sind die Markenzeichen des 76-jährigen Altmeisters. Die deutsche Schriftstellerin Keterina Poladjan wurde 1971 in der russischen Hauptstadt Moskau geboren. Seit 1979 lebt sie in Deutschland. Ihr Roman „Zukunftsmusik“, den sie am 8. November vorstellt, erinnert an die Aufbruchstimmung im Jahr 1985, nachdem Michael Gorbatschow zum Generalsekretär der Kommunistischen Partei gewählt worden war. Die Erinnerung an die Perestrojka (deutsch: Umbau) ist keine sentimentale Rückschau, sondern blickt beherzt in die Zukunft.

Eine poetische Reise

Mit dem Österreicher Heinrich Steinfest kommt am 16. November ein bildgewaltiger Schriftsteller nach Esslingen. Er arbeitet als Maler und lebt in Stuttgart. Dort hat er sich gegen Stuttgart 21 stark gemacht. In Esslingen liest er aus dem Roman „Der betrunkene Berg“, in dem es um eine schicksalhafte Begegnung in den Bergen geht.

Die Erzählkunst des Schweizers Alex Capus ist für das Lesart-Publikum Kult. Am 21. November stellt der Fabulierkünstler seinen neuen Roman „Susanna“ vor. Die Malerin aus Basel ist mit ihrer Mutter in die USA ausgewandert und trifft dort den Stammeshäuptling Sitting Bull, den sie porträtiert. „Meine Heldinnen und Helden gehen immer neugierig in die Welt hinaus“, sagte Capus in einem Interview. Diese Weltoffenheit und die Lust, andere Kulturen zu entdecken, prägen das Schaffen des Autors.

Die jüngere Generation zeigt Haltung

Spannende Literaten und Literatinnen der jüngeren Generation sind bei der Lesart ebenfalls zu entdecken und zu erleben. Der aktuelle Esslinger Bahnwärter-Stipendiat Stefan Hornbach liest am 10. November aus seinem Debütroman „Den Hund überleben“. Der junge Schauspieler und Dramatiker lebt und arbeitet zurzeit in der Esslinger Hochwacht und realisiert dort seine literarischen Projekte. Am 11. November liest der deutsche Schriftsteller und Philosoph Krisha Kops, Jahrgang 1986, aus seinem Roman „Das ewige Rauschen“, einer deutsch-indischen Familiengeschichte. Am 29. November liest seine Altersgenossin Theresia Enzensberger aus dem Roman „Auf See“. Dabei geht es um die Zukunftsvision einer schwimmenden Ostseeinsel, die Menschen vor dem drohenden Chaos retten soll. Aus weiblicher Sicht zeichnet sie in der Dystopie schreckliche Bilder der Krise und des Zerfalls der Gesellschaften in Zeiten des Klimawandels.

Das Thema Zukunft steht auch im Zentrum eines hoch aktuellen Sachbuchs, das am 30. November vorgestellt wird. Kritisch setzen sich Nick Reimer und Toralf Staud in „Deutschland 2050“ mit der Klimakrise auseinander. Die beiden Autoren zeigen, welche Folgen der menschengemachte Klimawandel schon heute hat. Nick Reimer, der Umwelt- und Energietechnik studierte und der 1989 die erste Umweltzeitung in der DDR mitbegründet hat, stellt das Buch im Rahmen der Lesart vor. Mit dem traditionellen Literaturfest geht die Lesart am 3. Dezember zu Ende. Dieser Streifzug durch die Literaturszene der Region verspricht ebenfalls bekannte Namen und Neuentdeckungen.