An diesem Freitag soll in Albstadt erstmals ein Christopher Street Day gefeiert werden. Doch die identitäre Bewegung mobilisiert zu einer Gegendemonstration.
Es ist der erste Christopher-Street-Day (CSD) in Albstadt (Zollernalbkreis), doch jetzt dürfte die von der SPD-Jugendorganisation Jusos und dem Verein Immerwaslos für Freitagabend geplante Veranstaltung eine der ersten Regenbogen-Kundgebungen in Baden-Württemberg sein, die auf eine große rechtsextreme Gegendemonstration trifft. Bisher hatte es das vor allem in Ostdeutschland gegeben. So konnte der CSD in Bautzen Mitte August nur unter massivem Polizeischutz begangen werden.
Auch für die Veranstaltung am 6. September zieht die Polizei Personal zusammen. „Wir hoffen, dass alles ruhig bleibt, aber wir sind vorbereitet“, sagte ein Sprecher des Polizeireviers in Reutlingen. 150 bis 200 Teilnehmer sind für die CSD-Kundgebung um 18.30 Uhr auf dem Bürgerturmplatz im Stadtteil Ebingen angemeldet. Privatpersonen aus dem Umfeld der rechtsextremen Partei Die Heimat und der identitären „Zollernalbjugend aktiv“ versammeln sich gleichzeitig unter dem Motto „Gegen den Genderwahn“ vor dem 100 Meter entfernten Rathaus. Auch sie rechnen mit 200 Teilnehmern.
Im Kreis gibt es nicht einmal eine Aidshilfe
Wie viele es wirklich sein werden, ist selbst für die Veranstalter bisher schwer abzuschätzen. Die NPD-Nachfolgepartei Die Heimat hat die Demonstration, die auch durch die Stadt führen soll, bundesweit in ihren Kanälen beworben. Das Mobilisierungsvideo der „Zollernalbjugend“ sei innerhalb von 24 Stunden fast 30 000 Mal geteilt worden, sagte der örtliche Juso-Vorsitzende Kevin Paal. „Wir glauben, dass wir trotzdem eine tolle Veranstaltung haben werden.“
Der Anstoß sei von Jugendlichen gekommen. Es gebe im Kreis bisher kaum Angebote in diesem Bereich, sagte Peter Demmer, der Vorsitzende von „Immerwaslos“. „Wir haben nicht einmal eine Aidshilfe.“ Auf eine bewegte Parade, sonst ein fester Bestandteil eines CSD, wird aus Sicherheitsgründen verzichtet. Allerdings werde es eine Party im wenige Meter entfernten KulTurm geben. Dort will auch der Albstädter Oberbürgermeister Roland Tralmer (CDU) vorbei schauen. „Die Stadtverwaltung unterstützt den CSD“, sagte die Stadtsprecherin Mona Lehmann.
Kommt die Tübinger Antifa?
Derweil hat die Mobilisierung am rechten Rand auch am anderen Ende des politischen Spektrums Aktivitäten ausgelöst. So wird auch mit dem Kommen von Mitgliedern der Tübinger Antifa-Szene gerechnet. „Wenn sie Nazis anschreien wollen, ist das gut, aber nicht auf unserer Veranstaltung“, sagte Demmer, der als Schulsozialarbeiter tätig ist. Man wolle für queere Rechte und Vielfalt werben und nicht die Rechtsextremisten durch Aufmerksamkeit aufwerten. Seit Tagen sei man deshalb im Gespräch. „Aber der linksextreme Teil der Antifa ist da immer sehr taub und hat seine eigene Moral“, sagte Demmer.
Von der örtlichen AfD wurde sowohl der CSD als auch die Gegenkundgebung nicht aufgegriffen. Der Zollernalbkreis gilt als Hochburg der Partei. Bei der Europawahl erreichte die AfD 20,8 Prozent und lag damit sechs Prozentpunkte über dem landesweiten Ergebnis. In Burladingen gab es den ersten AfD-Bürgermeister im Land. Im Albstädter Gemeinderat ist die Partei allerdings nicht vertreten. Auch die im Kreis recht aktive Coronaleugner-Szene hielt sich zurück. „Wir halten uns da raus und schauen es uns aus sicherer Entfernung an“, schrieb der Organisator von „Albstadt steht auf“ auf seinem Telegram-Kanal.