Kinder sind voller Tatendrang und sind sich oft nicht bewusst, welche Gefahren lauern. Für Eltern, Oma, Opa oder andere Erwachsene, die oft mit Kindern zu tun haben, sollten deshalb die wichtigsten Handgriffe kennen. So können sie Erste Hilfe leisten, bis die Rettungskräfte eintreffen.
Das eigene Kind oder Enkelkind bekommt keine Luft mehr, wird bewusstlos oder verbrennt sich an der heißen Herdplatte – das sind schreckliche Vorstellungen, die man sich am liebsten gar nicht ausmalen will. Mögliche Gefahren zu verdrängen und darauf zu hoffen, dass schon alles gut gehen wird, ist aber der falsche Weg. „Es schafft Sicherheit, wenn man sich damit befasst, was schlimmstenfalls passieren kann und wie man reagieren muss“, sagt Sven Zeller.
Der 25-Jährige ist Notfallsanitäter und bei den Maltesern im Bezirk Neckar-Alb Ausbildungsleiter für die Erste Hilfe von Erwachsenen und Kindern. „Wer einmal einen Kurs besucht hat, ist im Ernstfall wesentlicher ruhiger“, weiß er aus Erfahrung und empfiehlt allen, die regelmäßig mit Säuglingen oder Kindern zu tun haben, einen Erste-Hilfe-Kurs zu absolvieren. Vor Corona war die Nachfrage sehr groß, die Kurse seien praktisch immer ausgebucht gewesen. Das habe während der Pandemie aber nachgelassen. „Das Interesse ist zwar noch da, es könnte aber ruhig noch größer sein“, sagt Sven Zeller.
Kinder haben kein Gefahrenbewusstsein
In der Regel werden Jugendliche ab circa 13 Jahren in der Ersten Hilfe wie Erwachsene behandelt. Für alle jüngeren Kinder, für Säuglinge und Neugeborene gelten oft aber andere Regel und es lohnt sich deshalb, einen speziellen Erste-Hilfe-Kurs für Kinder zu belegen. Die Kurse werden oft als eintägiger Kompaktkurs angeboten. „Optimal ist es, wenn man einen solchen Kurs besucht, bevor das Kind auf die Welt kommt“, rät Zeller. Sobald die Kleinen aber mobil werden und anfangen, die Welt zu entdecken, sollten sich Eltern und andere Betreuungspersonen spätestens die Grundkenntnisse aneignen. Idealerweise sollte man das Wissen immer dann auffrischen, wenn die Kinder in eine neue Entwicklungsphase kommen, rät der Ausbilder. In diesen Erste-Hilfe-Kursen werde gezielt auf die besonderen Risiken eingegangen. „Kinder haben oft noch gar kein Gefahrenbewusstsein, das ist ein wesentlicher Unterschied zu Erwachsenen“, weiß Sven Zeller.
Rettungskräfte lieber einmal zuviel als zu wenig rufen
Typische Gefahren sind Verschlucken, Vergiftungen, Verbrennungen und Verbrühungen oder Stürze. Stark zugenommen haben bei Kindern in den letzten Jahren auch heftige allergische Reaktionen, weiß Zeller aus eigener Erfahrung als Rettungssanitäter. Auch das Thema Reanimation werde behandelt, aber eher am Ende des Kurses. Denn anders als bei Ältern kommt ein Herz-Kreislauf-Stillstand bei Kindern glücklicherweise eher selten vor. Dass sich ein Krabbelkind eine Murmel oder einen kleinen Legostein in den Mund schiebt und der Gegenstand in der Luftröhre steckenbleibt, ist dagegen ein realistisches Szenario. „Gerade beim Verschlucken kann man mit den richtigen Maßnahmen wie gezielten Rückenschlägen viel selbst beheben“, sagt Sven Zeller. Niemand sollte sich aber scheuen, den Rettungsdienst zu rufen. „Wenn einem das Kind komisch vorkommt, wenn man eine Bewusstseinsveränderung feststellt, wenn es schwer gestürzt oder Verbrennungen hat, sollte man schnell Hilfe rufen“, so Zeller. Im Zweifelsfall lieber einmal zu viel, als einmal zu wenig den Rettungsdienst rufen. Der ist unter der zentralen Telefonnummer 112 zu erreichen. Am anderen Ende der Leitung sitzen Profis, die genau wissen, welche Informationen sie brauchen. Auch wenn es in der Aufregung vielleicht schwerfällt, sollte man sich von ihnen durch das Gespräch leiten lassen. „Am besten ist es, wenn man sehr konkret auf deren Fragen antwortet“, sagt Zeller, umso rascher verläuft das Gespräch und umso schneller ist Hilfe unterwegs.
Säuglinge niemals schütteln
Bis die Rettungskräfte eintreffen, sollte man aber nicht untätig bleiben und Erste Hilfe leisten. „Das Schlechteste ist es, wenn man gar nichts unternimmt“, sagt Sven Zeller. Doch es gibt zwei wesentliche Dinge, die sich bei Kindern verbieten. „Niemals schütteln und nicht auf den Kopf stellen!“, lautet sein eindringlicher Appell, man riskiere sonst ein Schleudertrauma oder eine Hirnblutung. „Gerade die kleinen Kinder sind da sehr empfindlich“, erklärt Sven Zeller. Einen wichtigen Unterschied gibt es auch bei der Beatmung: Bei Babys bis circa einem Jahr darf der Kopf nicht überstreckt werden, bei Kleinkindern nur vorsichtig.
Ist ein Kind verunglückt, sollte man möglichst ruhig handeln, damit sich die eigene Nervosität nicht auch noch überträgt – das ist aber einfacher gesagt als in der konkreten Situation getan. „Wenn möglich, sollte diejenige Bezugsperson dem Kind helfen, die selbst am ruhigsten bleiben kann“, empfiehlt Zeller. Nicht immer sind das die Eltern, je nach Situation könnte das auch ein Pate oder eine Freundin der Familie sein. Verletzte Kinder sollte man zudem nicht anlügen. „Wenn man sagt, dass es gar nicht wehtut, es tatsächlich aber doch schmerzhaft wird, zieht das einen Vertrauensverlust nach sich“, führt Zeller aus. Wenn Kinder in dem Alter sind, dass sie schon etwas verstehen, sei es wichtig die Dinge, die man gerade tut, gut zu erklären.