Wer hat sich aus der Kasse des städtischen Klinikums bedient? Dieser Frage geht die Staatsanwaltschaft seit Jahren nach. Nun gibt es die ersten Anklagen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Das Rechnungsprüfungsamt der Stadt ist vor sechs Jahren im städtischen Klinikum auf Unregelmäßigkeiten gestoßen. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft haben sich die Vorwürfe erhärtet.

Stuttgart - Die Staatsanwaltschaft Stuttgart erhebt vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Anklage gegen sechs Personen, die in Verbindung mit der Auslandsabteilung des Klinikums Stuttgart standen. Die fünf Männer und eine Frau stehen unter dem Verdacht des Betrugs, der Anstiftung beziehungsweise Beihilfe zur Untreue und der Bestechung.

Die Auslandsabteilung (International Unit) der defizitär arbeitenden städtischen Krankenhäuser war 2015 in den verschärften Blick der städtischen Rechnungsprüfer geraten, nachdem sich eine Lücke von rund 8,4 Millionen Euro bei der Behandlung libyscher Staatsangehöriger aufgetan hatte. In der Folge offenbarte sich ein Sumpf. Es wurden der Vertrag des Klinikums-Geschäftsführers und die International Unit aufgelöst. Der Krankenhausbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) beantragte 2019 ein Disziplinarverfahren gegen sich beim Regierungspräsidium, um Vorwürfe gegen sich klären zu lassen. Es ruht, seitdem die Staatsanwaltschaft zu Wölfles Rolle ermittelt.

Geld für nicht erbrachte Leistungen

Die jetzige Anklage richtet sich gegen fünf Männer im Alter von 48 bis 67 Jahren. Drei davon sollen sich als Dienstleister für die Vermittlung und Betreuung libyscher Kriegsverletzter unzulässige Provisionen verschafft haben. Ohne Wissen des libyschen Kostenträgers habe es Zuschläge auf Patientenrechnungen gegeben, auch für nicht erbrachte Leistungen, so der Vorwurf der Staatsanwälte.

Die angeklagte 47-jährige Frau soll einen Beschuldigten beraten und dessen Interessen gegenüber einem leitenden Mitarbeiter des Klinikums vertreten haben. Den Beschuldigten sei klar gewesen, dass die Provisionsabreden sittenwidrig und damit nichtig gewesen seien. Es habe weder für die Rechnungen noch die Zahlungen eine Rechtsgrundlage bestanden.

Weitere 20 Beschuldigte

Darüber hinaus sollen sich die Frau und ein 49 Jahre alter Beschuldigter mit einem ehemaligen leitenden Mitarbeiter des Klinikums zusammengetan und über Scheinrechnungen und die Gewährung geldwerter Vorteile „erhebliche Einnahmen“ verschafft haben. Der beschuldigte 67-Jährige soll mit einem ehemaligen leitenden Mitarbeiter geldwerte Vorteile gegen die Abzeichnung von Rechnungen vereinbart haben. Ein Beschuldigter soll einem ehemaligen leitenden Mitarbeiter des Klinikums zinslose Darlehen für Unterstützung bei Vergaben des Klinikums gegeben haben. Insgesamt sei so ein Schaden in zweistelliger Millionenhöhe entstanden. Man ermittle in dem Fall weiter gegen 20 Beschuldigte, so die Staatsanwaltschaft.

Wann das Landgericht verhandelt ist unklar. Man müsse sich in Akten einlesen, die in Kartons gestapelt eine Dreizimmerwohnung füllen würden, so ein Sprecher.