Im Labor wird an Textilien geforscht, die vor Bakterien und Viren schützen. Foto:  

Die Corona-Pandemie 2020/21 schärfte die Aufmerksamkeit für Viren enorm – und warf mehr denn je die Frage auf, wie man sich vor Viren schützen kann. Hat ein Forschungsinstitut aus dem Kreis Esslingen jetzt die Antwort darauf gefunden?

Das Deutsche Institut für Textil- und Faserforschung in Denkendorf (DITF) forscht an Kleidung, die vor Bakterien und Viren schützt. Dabei arbeitet es mit dem Technologieunternehmen Heraeus zusammen, das weltweit agiert und einen Jahresumsatz von rund 25 Milliarden Euro erwirtschaftet.

In dieser Firma wurde eine Technologie namens AGXX entwickelt. Das Motiv der Forschenden: „Wenn sich schädliche Keime ausbreiten, kann das nicht nur die Lebensdauer von Materialien beeinträchtigen, sondern auch direkt das Leben von Menschen bedrohen.“ Im beständigen Kampf gegen die Mikroorganismen kam die Idee, dass ja im Grunde genommen jeder Mensch bereits einen Kampfanzug trägt, nämlich die „Textilien, die wir ständig anhaben und denen wir überall begegnen“. Das gilt besonders in sensiblen Bereichen wie Krankenhaus- und Pflegeheimstationen, die ständig gegen Viren- und Bakteriengefahr auf der Hut sein müssen. Allein in Deutschland sterben jährlich schätzungsweise 20 000 Menschen an den Folgen von Krankenhauskeimen. Aber es muss gar nicht nur um Leben und Tod gehen. Eine mit AGXX präparierte Arbeitskleidung könne die Ausbreitung ansteckender Infektionen verhindern.

In Versuchen konnte Heraeus zufolge die Wirksamkeit nachgewiesen werden, und zwar in „mehr als 130 Mikroorganismen“, so Martin Danz, Head of Antimicrobial Technologies. Darunter waren auch gefährliche Coli-Bakterien und Covid-Viren. Es muss aber nicht immer um Leben und Tod gehen. Gesundheit fängt oft schon beim Wohlbefinden an. Etwa beim Sport: Die Technologie sorgt laut Hersteller auch für mehr Komfort bei Sportkleidung, indem sie unangenehmen Schweißgeruch vermeidet.

Das Deutsche Institute für Textil- und Faserforschung.

Die in die Textilien eingearbeiteten AGXX-Partikel bestehen aus Silber und Ruthenium. Wenn die beiden Edelmetalle mit Luftfeuchtigkeit in Verbindung gebracht werden, reagieren sie. Dabei entstehen Moleküle, die gleichfalls sehr stark reagieren. „Sie töten effektiv Mikroorganismen wie Bakterien, Pilze und Algen und sind ebenso wirksam gegen Viren“, so Cigdem Kaya vom Denkendorfer Institut.

In den DITF-Laboren werden diese Textilen auf ihre antimikrobielle und antivirale Wirkung getestet. Die Ergebnisse seien „überzeugend“, so Kaya. Der Teufel steckt aber oft im Detail: Was passiert, wenn die Textilien altern und abscheuern? Wie ist es mit der Luftdurchlässigkeit? Wie viele Waschzyklen überstehen die Textilien. All das sei derzeit noch in Arbeit, so Kaya, die aber optimistisch ist. „Es zeichnet sich aber ab, dass mit AGXX modifizierte Textilien eine beständige Wirksamkeit haben, ohne die Beschaffenheit des Textils übermäßig zu beeinflussen.“

Neben dieser Forschung arbeitet das Denkendorfer Institut noch an zahlreichen anderen Dingen, die auch im Alltag eine große Rolle spielen. So stellte es jüngst eine neue Prüfmethode vor, mit der die Qualität von Markisen genauer definiert werden kann. Hersteller haben davon einen Vorteil: Wenn ihr Produkt bei dem vom DITF erforschten Methode gut abschneidet, kann es in eine höhere Blendschutzklasse eingestuft werden. Viele Kunden oder Produktprüfer achten darauf, wenn sie Waren vergleichen.