Andrea Maria Fahrenkampf Foto: Lg/Julian Rettig

Um Tinderlinge, die sich via App daten, um Versender von „Dick-Pics“ und um noch viel mehr geht es bei Best of Erotik-Slam. Vor dem Mercedes-Benz-Museum hört man in einer prickelnden Nacht: „Grips ist geil.“ Und: „Zähle deine Höhepunkte, nicht die Kalorien.“

Selbst ein technisch hochgerüsteter Sportwagen ist vor einem Stau nicht gefeit. Vor dem Mercedes-Benz-Museum, das die Geschichte der Stern-Marke zelebriert, wird an diesem schönen Sommerabend ein kleines, surrendes Gerät als „Stauversüßerle“ angepriesen. Nein, in der Sonderausstattung eines Luxusgefährts made in Stuttgart findet man es nicht. Am Verkaufsstand handelt es sich um einen Mini-Vibrator der Erotikboutique Frau Blum. Mit weiterem Sexspielzeug fehlt es nicht, da Hunderte auf die Freiluftbühne im Neckarpark strömen.

Es sind Menschen, die wissen, dass Erotik nicht von Erröten kommt, die nichts Anstößiges daran finden, wenn es thematisch etwas einseitig wird. Liebe und Sex gehören zu den Grundbedürfnissen der Menschen und haben viele Farben. Bei „Best of Erotik Slam“ stellt sich die Vielfalt dem Votum des Publikums: Leidenschaftlich, witzig, antörnend, aber auch abstoßend – die gesamte Bandbreite zwischen lustig und prickelnd wird präsentiert, da drei Poetinnen und ein Poet mit Worten die Hosen runterlassen.

Zwei Poetinnen teilen sich den Sieg

Erotik ist der Reiz am Spiel – an einem Spiel mit Sehnsüchten. Wenn Sex die reine Mechanik ist, dann ist Erotik die Kunst der Verführung mit dem Gehirn als G-Punkt. „Grips ist geil“ hört man an diesem Abend.

Und selbst die Gäste bringen die entsprechenden Taschen mit. Auf einer steht: „Du solltest deine Höhepunkte zählen, nicht die Kalorien.“ Die Pandemie hat die Erfolgsreihe „Best of Erotik-Slam“ von Elke Schmid (Wortlust) und Thomas Geyer (Poetry Slam) ausgebremst. Das Comeback wird im Freien gefeiert. Das Publikum jubelt frenetisch, als sei es ausgehungert in erotischen Belangen. Die Poetin Anna Teufel, die sich am Ende den Sieg via Klatschlautstärke mit Andrea Maria Fahrenkampf teilt, hat beim Kreischen backstage so aktiv mitgewirkt, als eine Burlesque-Tänzerin aufgetreten ist, dass sie fürchtet, ihre Stimme würde versagen. Tut sie natürlich nicht. Der einzige männliche Kandidat schildert recht witzig seine Erlebnisse als Hausfreund einer Zahnarztgattin, die ihm auf den Nerv ging mit Sprüchen wie „Willst du nicht an meinen Titten, die waren nicht billig?“. Gegen die weibliche Dominanz dieser Nacht hat er am Ende aber keine Chance.

Wie man einen BH mit Essstäbchen öffnet

Das Publikum amüsiert sich über Tinderlinge und lernt, wie man einen BH mit Essstäbchen öffnet. Weitere Erkenntnisse sind: Poesie steigert die Lust. Und das Gehirn zählt zu den erogenen Zonen, das man am besten mit Fantasie füttert. Bitterbös erzählt Andrea Maria Fahrenkampf von einem Dick-Pic-Versender. In eine Falle lockt sie ihn, macht ein Foto seiner Halberektion, schickt es herum, um den Macho bloßzustellen.

Von Erotik versteht nicht jeder was. Aber wer diese Kunst beherrscht, versüßt sein Leben und das der anderen nicht nur im Stau.