Auch Erzeuger von Ökostrom erzielen gerade sehr hohe Erlöse. Die Berliner Ampel-Koalition will eine Preisbremse für Verbraucher einführen. Foto: dpa/Julian Stratenschulte

„Zufallsgewinne“ der Erzeuger will die Ampel künftig abschöpfen – und das Geld an die Verbraucher verteilen. Die Pläne sind aber noch ziemlich vage.

Nicht nur die Gaspreise, auch die Strompreise sind im Zusammenhang mit Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine in die Höhe geschossen. Die Ampelkoalition will den Druck auf die Verbraucher mindern und verspricht, sehr schnell Änderungen am Design des Strommarkts vorzunehmen. Der „Renditeautopilot“ der Stromproduzenten werde abgeschaltet, sagt Finanzminister Christian Lindner (FDP). Doch die Festlegungen im Rahmen des dritten Entlastungspakets dazu sind bislang ziemlich vage.

In dem Papier der Koalitionäre vom Wochenende heißt es, dass künftig „Zufallsgewinne“ der Stromerzeuger abgeschöpft werden sollen. Dadurch entstünden finanzielle Spielräume, die dann zur gezielten Entlastung der Verbraucher genutzt werden könnten. „Um die Haushalte bei den Strompreisen zu entlasten, werden eine Strompreisbremse eingeführt und der Anstieg der Netzentgelte gedämpft“, ist in dem Beschlusspapier zu lesen. Haushalte und kleinere Unternehmen sollen künftig ihren Grundbedarf an Strom zu vergünstigten Preisen decken können. Erst jenseits dieser Menge würde der deutlich teurere Marktpreis fällig.

Das Ministerium rechnet noch

Bislang ist aber unklar, wie groß dieser Grundbedarf sein soll. Eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte am Montag, ihr Haus prüfe gerade die Details. Grünen-Parteichef Omid Nouripour wiederum sagte, einigte Haushalte könnten damit rechnen, dass 100 Prozent ihres Stromverbrauchs preislich gedeckelt würden. Das könne etwa bei einer Familie in einer kleinen Wohnung der Fall sein. Ein Singlehaushalt verbraucht im Schnitt 1600 Kilowattstunden Strom pro Jahr. Bei einem Zweipersonenhaushalt sind es durchschnittlich 2500 und bei einem Dreipersonenhaushalt 3300 Kilowattstunden.

Vollkommen unklar ist überdies, ab welchem Datum die geplante Strompreisbremse greifen soll. Nouripour sagte, das werde „in einigen Wochen“ der Fall sein. Die Koalition strebt ein europaweites Vorgehen an. Die Brüsseler EU-Kommission arbeitet ohnehin schon an einem Konzept. Laut Habeck werden sich die EU-Energieminister am 9. September mit dem Thema befassen „und die Dinge schnell weiter ausbuchstabieren“. Falls es keine Einigung auf der europäischen Ebene geben sollte, will Deutschland die Strompreisbremse national einführen. Das dafür notwendige Gesetzgebungsverfahren dürfte aber einige Zeit in Anspruch nehmen. Kommt es zu einer Regelung, ist sicherlich auch mit Klagen zu rechnen.

Arbeitsgruppe für den Gasmarkt

Als „Zufallsgewinne“ definiert die Koalition Gewinne von Unternehmen, „die in der aktuellen Marktlage aufgrund des europäischen Strommarktdesigns deutlich über die üblichen Renditen hinausgehen“. Im gegenwärtigen Strommarkt bestimmt das teuerste Kraftwerk den Preis, das gerade noch für die Stromversorgung gebraucht wird. Das sind derzeit regelmäßig Gaskraftwerke, bei denen aufgrund der stark gestiegenen Erdgaspreise immense Brennstoffkosten anfallen. Wer billig Strom mit Windrädern, Solarparks oder abgeschriebenen Atomkraftwerken erzeugt, freut sich über satte Extrarenditen. Bei Einführung einer Strompreisbremse müsste der Staat festlegen, was ein „fairer“ Preis für Strom ist, und jene Erlöse abschöpfen, die darüber hinaus gehen.

Finanzminister Lindner ist derzeit bemüht, zu erklären, dass die Strompreisbremse keine Übergewinnsteuer sei: „Es geht da um den Preis pro Kilowattstunde, es geht da nicht um den Gewinn eines Unternehmens“, sagte er in der ARD.

Noch mehr offene Fragen als beim Strom gibt es beim Gas: Hier will die Koalition erst einmal eine Expertenkommission einsetzen, die „zeitnah“ klären soll, ob eine Preisbremse für Erdgas überhaupt möglich wäre.