Die CDU-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg befürchtet, das Land könne besonders hart getroffen werden. (Archivbild) Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Wer bekommt noch Gas zugeteilt, wenn es knapp wird? Die CDU im Land befürchtet, die Industrie im Südwesten könnte im Notfall den Kürzeren ziehen. Es drohten Verhältnisse wie im „Wilden Westen“.

Die CDU-Fraktion hat vor einer Benachteiligung der baden-württembergischen Wirtschaft im Fall einer Gasmangel-Lage gewarnt. Der energiepolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, Raimund Haser, hielt dem Bund und der Bundesnetzagentur vor, sich zu zaghaft auf eine Krisensituation vorzubereiten, in der kein russisches Gas mehr nach Deutschland fließt. „Wenn dieser unregulierte Zustand noch lange anhält, ist Baden-Württemberg beim Notfallplan Gas der große Verlierer, weil wir am Ende der Leitung leben und unsere Wirtschaft stark vom Gas abhängig ist“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Er forderte die grün-schwarze Regierung im Land auf, sich „im Kampf um die Energieversorgung stärker zu Wort melden. Denn für uns im Südwesten geht es um alles“.

Wenn es keine Struktur für die Abschaltung gebe, „geht es bald zu wie im Wilden Westen“, warnte Haser. „Es fehlt mir der Glaube, dass im Ruhrgebiet Stahlkocher abgehängt werden, um im Südwesten Zementwerke laufen zu lassen.“ In der Krise zeige sich, wie wenig Bedeutung Baden-Württemberg in der Ampel-Bundesregierung habe. „Ein Kanzler aus Hamburg und ein Wirtschaftsminister aus Schleswig-Holstein denken nicht an das Zementwerk auf der Schwäbischen Alb oder die Gießerei im Schwarzwald“, sagte der CDU-Mann in Anspielung auf Olaf Scholz (SPD) und Robert Habeck (Grüne).

Zehn-Punkte-Plan

Haser sagte weiter: „Es ist schön, dass wir jetzt wissen, wie lange der Wirtschaftsminister duscht.“ Nötig sei jetzt aber eine krisenfeste und nachhaltige Energiepolitik. Angesichts der deutlich verringerten Gaslieferungen aus Russland hat die Bundesregierung vor knapp zwei Wochen die Alarmstufe ausgerufen. Der Notfallplan hat drei Stufen: Die jetzt ausgerufene Alarmstufe ist die zweite. Die dritte wäre die Notfallstufe. Es wird befürchtet, dass nach der Wartung der Pipeline Nord Stream 1 Mitte Juli kein russisches Gas mehr durch diese Leitung fließt und die Lage sich in Deutschland weiter zuspitzt.

Die Landes-CDU hatte vor einer Woche einen Zehn-Punkte-Plan vorgelegt, wie man sich auf eine Energiekrise vorbereiten könnte. Diesen hat Haser federführend miterarbeitet. Die Union dringt unter anderem auf etwas längere Laufzeiten der Atomkraftwerke in Deutschland. Zudem forderte die CDU einen Alarmplan mit Ersatzbeschaffungen von Gas, Einsparmaßnahmen und Alternativen zur Gasversorgung.

Kretschmann gegen längere AKW-Laufzeiten

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) forderte am Dienstag eine gemeinsame Kampagne von Bund, Ländern und Kommunen, bei der schnell konkrete Vorschläge gemacht werden müssten, wo Industrie und Haushalte Energie einsparen können. Die Forderung der CDU nach längeren Laufzeiten für die Atomkraftwerke hat Kretschmann schon zurückgewiesen. Er argumentiert, im Winter drohe eine Gasmangellage und keine Strommangellage. Zudem wolle man bei der Sicherheit keine Abstriche machen, denn die letzte Überprüfung des Meilers Neckarwestheim 2 (Kreis Heilbronn) sei 2009 durchgeführt worden - im Wissen, dass er Ende 2022 sowieso vom Netz gehe.