ZDF-Moderatorin Maybrit Illner bohrte beim Thema Habeck nach. Foto: ZDF und C.S./Christian Schoppe

Eine Energieexpertin warnt bei Maybrit Illner vor immensen Strom- und Gasrechnungen Mitte 2023, Robert Habeck wird zum Buhmann und Jens Spahn feiert sein Comeback.

Wann ist ihm das denn eingefallen? Ein bisschen hetzte die Talkrunde bei Maybrit Illner im ZDF am Donnerstagabend schon den anwesenden Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), um herauszufinden, wann dem nicht anwesenden Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) denn die von ihm am gleichen Tag verkündete Idee gekommen sei, auch für die kleinen und mittleren Unternehmen etwas zu tun angesichts der einschnürend hohen Energiepreise und für sie beispielsweise das mit Zuschüssen verknüpfte Energiekostenprogramm zu öffnen. Als Heil dann etwas von „pragmatischer Entscheidung“ murmelte, da war das Urteil gefällt und wurde von der „Spiegel“-Autorin Melanie Amann verkündet: Ein klarer Fall von Nachbesserung!

Für die kleinen Leute ist was dabei

Habeck geriet in dieser Sendung zum Buhmann der Nation, aber dazu später mehr, erst einmal ging es um die Bewertung des dritten Entlastungspakets der Bundesregierung.

Für die „kleinen Leute“ sei ja auch etwas dabei, meinte Amann wohlwollend. Verena Bentele vom Sozialverband VdK freute sich darüber, dass man erfolgreich mit der Forderung nach einem Nachschlag für die Rentner und Rentnerinnen gewesen sei – ansonsten hätte der VdK geklagt – Bentele bemerkte allerdings auch kritisch: „Die 300 Euro der Energiepauschale sind schnell weg.“ Vehement forderte Bentele – was die Regierung auch plant – dass der Preis für den Grundbedarf am Gas- und Stromverbrauch für die Bürger gedeckelt werde.

Mit 1800 Euro netto wird es schwierig

Nicht ganz so euphorisch zeigte sich Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der monierte, was schon CDU-Chef Friedrich Merz so formuliert hatte, warum man denn 300 Euro an alle auszahle, statt 1000 Euro an die, die es wirklich nötig hätten: „Diejenigen, die mit 1800 oder 2000 Euro netto eine Familie ernähren müssen, die haben doch vom Entlastungspaket gar nichts – außer den 18 Euro mehr Kindergeld.“ Die Regierung habe den Sommer „vertrödelt“, kein Unternehmen wisse, wie es durch den Winter kommen solle und die Hälfte des Finanzierungsvolumens des Entlastungspakets sei noch völlig offen.

Mitte nächsten Jahres kommen die Rechnungen

Auch Karen Pittel vom Ifo-Institut für Energie, Klima und Ressourcen (München) bescheinigte dem Entlastungspaket eine „Schwäche“, da es keine Antworten auf die steigenden Strom- und Gaspreise habe. Das Problem werde wohl erst Mitte nächsten Jahres durchschlagen, „wenn um 1000 Euro höhere Stromrechnungen oder um 3000 Euro höhere Gasabrechnungen in die Haushalte kommen“, die 300 Euro Energiepauschale würden dann wenig helfen. Pittel war eine der wenigen – neben Minister Heil – die den oft kritisierten Wirtschaftsminister Habeck immerhin in Schutz nahm gegen das ihm als Stereotyp vorgehaltene Zitat, „wir haben kein Stromproblem“. Weder die Trockenheit, die Flusskraftwerke ausbremste und den Kohletransport der Binnenschiffer verteuerte, noch der Ausfall der Hälfte der französischen AKWs, sei vorhersehbar gewesen.

Gasumlage ist sinnlos

Ziemlich einig war sich die Talkrunde in der Meinung, dass die von Habeck konzipierte Gasumlage angesichts einer beschlossenen Mehrwertsteuersenkung auf Gas eigentlich keinen Sinn mehr mache. Unwidersprochen blieb auch Melanie Amanns Kritik am Kanzler Olaf Scholz (SPD), der einfach nur zuschaue, „wie Habeck da vor sich her wurstelt“. Ebenso wie die Analyse, dass der Wirtschaftsminister mit seiner Atomkraftwerkpolitik „das zweite energiepolitische Desaster“ nach der Gasumlage verursacht habe. Und Amanns Frage, wie es denn möglich sei, dass es keine Kommunikation zwischen dem Wirtschaftsministerium und den AKW-Betreibern gebe, blieb unbeantwortet: „Die schreiben sich Briefe, warum rufen die sich nicht mal an?“

Minister Heil erinnert an Putin

Arbeitsminister Heil war an diesem Abend in der Defensive, er verschanzte sich hinter dem Argumentationswall, dass Putin das Gas als Waffe einsetze und man alles daran setzen müsse, die deutsche Gesellschaft zusammenzuhalten. Bei Kriegsbeginn sei ihm klar geworden, dass äußere Sicherheit und innerer sozialer Zusammenhalt zusammen gehörten. Was die Kritik am dritten Entlastungspaket anbelangte, verwies Heil auf zahlreiche Begleitmaßnahmen wie die Erhöhung des Mindestlohns, die Entlastung bei den Sozialversicherungsbeiträgen bei Einkommen bis 2000 Euro und die ab Januar geltende Wohngeldreform.

Am Wohngeld hängt viel Geld

Die war dann ein Stichwort für den Finanzexperten Herman-Josef Tenhagen („Finanztipp“). Der monierte, dass vieles vom Entlastungspaket erst im nächsten Jahr greife, „die Leute brauchen das Geld aber jetzt!“ Als rasche Handlungsmöglichkeit gab Tenhagen dann aber den Service-Tipp, selbst Wohngeld zu beantragen, und es sei ein „Ärgernis“, dass dies nur jeder zweite Berechtigte auch tue. Dabei hingen am Wohngeld auch andere „richtig große Summen“, etwa der Anspruch für die Zeit vom September bis Dezember auf eine zusätzliche Heizkostenunterstützung von 415 Euro (Single-Haushalt) oder der von Januar an maximal 250 Euro betragende Kinderzuschlag, der neben dem Kindergeld bezahlt wird.

Dickes Lob für Spahn – ironisch?

Gewinner der Sendung war sicher Jens Spahn, der ein Comeback in der Talkrunde feierte. Spahn dozierte über die 18 Milliarden Euro auf dem Konto der EEG-Umlage, die man seiner Ansicht nach sofort nutzen könnte, um die Netzentgelte und die Stromsteuer zu senken. Und SPD-Minister Heil bescheinigte ihm, dass Spahn vor einem Jahr bei Maybrit Illner gesessen habe und gesundheitspolitische Themen „hoch und runter“ gebetet habe, jetzt tue er das Gleiche mit der Energiepolitik. Inwieweit da Ironie hinter steckte, war nicht so leicht erkennbar.