Die Preise für Erdgas sind an den Beschaffungsmärkten regelrecht explodiert, die Versorger geben das bereits an ihre Kunden weiter. Auf die kommen mit der Gasumlage weitere Belastungen zu. Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Der Wirtschaftsminister lässt noch einmal juristisch prüfen, ob auch Energieunternehmen Anspruch auf Zahlungen haben sollen, die trotz gestiegener Beschaffungskosten weiterhin Geld verdienen.

Die Preise für Erdgas sind im Zusammenhang mit dem russischen Überfall auf die Ukraine explodiert. Ab Oktober kommen auf Gaskunden in Deutschland weitere Belastungen zu – ab dann wird eine Umlage in Höhe von 2,4 Cent je Kilowattstunde erhoben. Damit will die Koalition Gasimporteure stabilisieren und einen Zusammenbruch des Markts verhindern. Nun zeichnet sich ab, dass die Regierung möglicherweise an einer entscheidenden Stelle nachbessert: Von der Umlage könnten dann nur Unternehmen profitieren, die sich wegen stark gestiegener Beschaffungskosten tatsächlich in einer Schieflage befinden. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat hier erstmals ein Einlenken angedeutet. Ein Überblick.

Warum steht Habeck unter Druck?

Die Verordnung zur Gasumlage hat nach Auffassung von Kritikern einen entscheidenden Konstruktionsfehler: Von den geschätzt 34 Milliarden Euro, die umverteilt werden sollen, können nach geltender Rechtslage nämlich auch Energieunternehmen profitieren, die unterm Strich profitabel arbeiten. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn die Gassparte eines Konzerns zwar unter einer teuren Ersatzbeschaffung für russisches Erdgas ächzt, die Stromsparte aber beträchtliche Gewinne abwirft. Begründet wird diese Regelung damit, dass der Staat alle Gasimporteure gleich behandeln müsse. Zwölf Unternehmen haben Mehrkosten angemeldet. 90 Prozent des verfügbaren Geldes soll an den angeschlagenen Uniper-Konzern sowie an SEFE (ehemals Gazprom Germania) gehen. In den Genuss der Zahlungen wollen aber auch profitable Unternehmen kommen – etwa EWE aus Oldenburg oder der baden-württembergische EnBW-Konzern, der mit seiner Leipziger Tochter VNG im Gasimport aktiv ist.

Was plant der Wirtschaftsminister jetzt?

Tagelang verteidigte Habeck die bisherigen Pläne, am Donnerstagabend kündigte er erstmals eine juristische Überprüfung an: Es hätten sich ein paar Unternehmen in das System „reingedrängelt“, sagte er bei einem Auftritt im westfälischen Münster. Aus Gründen der Gleichheit vor dem Gesetz hätten diese Unternehmen einen Rechtsanspruch. „Aber es ist sicherlich nicht moralisch richtig, dass Unternehmen, die – lassen Sie mich das mal plattdeutsch sagen – ein Schweinegeld verdient haben, dann auch noch sagen: Ja, und für die paar Einnahmeausfälle, die wir haben, da bitten wir die Bevölkerung um Hilfe, die soll uns nämlich auch noch Geld geben.“

Was sagten die Koalitionspartner und die Opposition?

Die SPD hat sich bereits öffentlich gegen die bisher geplante Ausgestaltung der Umlage in Stellung gebracht. Parteichefin Saskia Esken sagte am Freitag, es dürften nicht „mit Mitteln der Kundinnen und Kunden oder auch mit Steuermitteln Unternehmen unterstützt werden, die diese Unterstützung nicht brauchen“. Auch die FDP fordert Nachbesserungen. Die oppositionelle Union läuft ebenfalls Sturm gegen Habecks Pläne. CDU-Energieexperte Thomas Heilmann sagte: „Die Gasumlage ist zu teuer, und sie ist ungerecht.“ Er kündigte einen Antrag seiner Fraktion im Bundestag an, um das gesamte Projekt zu stoppen.

Ist es denkbar, dass die Umlage kippt?

Das ist unwahrscheinlich. Das Energiesicherungsgesetz sieht die Möglichkeit vor, dass Gaskunden zur Kasse gebeten werden können, um den Gasmarkt zu stabilisieren. Zurzeit geht es insbesondere um den Düsseldorfer Uniper-Konzern, Deutschlands größten Erdgas-Importeur. Etliche Stadtwerke und Industrieunternehmen beziehen Gas von ihm. Im Falle einer Insolvenz würden sie kein Gas mehr erhalten, in der Folge wären auch Privatkunden betroffen. Eine Alternative zur Umlage wäre die direkte Stützung angeschlagener Importeure mit Steuergeld. Das stünde aber quer zum Ziel von Finanzminister Christian Lindner (FDP), ab 2023 wieder die Schuldenbremse einzuhalten.