Rudi Völler hält das Verhalten des FC Liverpool, der die Pläne der Super League unterstützt, in besonderem Maße für doppelzüngig. Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Zwölf europäische Fußballclubs wollen eine Eliteliga gründen, ihnen schlägt Ablehnung auf breiter Front entgegen. Rudi Völler, der Sportchef von Bayer Leverkusen, hat sich besonders echauffiert.

Stuttgart - Zwölf Clubs aus Italien, Spanien und England haben sich zusammengeschlossen und wollen eine europäische Super League ins Leben rufen. Deutsche Vereine sind im Projekt nicht involviert. Es geht um viel Geld und angeblich um die Fans. Das Milliardenspiel trifft auf den erbitterten Widerstand einer Koalition aus Verbänden, Ligen, Fans und Politik. Wir klären die wichtigsten Fragen.

Wer soll zur Super League gehören?

Unter den zwölf Clubs befinden sich sechs englische, drei italienische und drei spanische Teams: FC Chelsea, FC Arsenal, Tottenham Hotspur, FC Liverpool, Manchester City, Manchester United, Atlético Madrid, Real Madrid, FC Barcelona, Juventus Turin, Inter Mailand, AC Mailand.

Welcher Spielmodus ist geplant?

Die Liga soll aus 20 Teams in zwei Gruppen bestehen. Es finden erst die Gruppenpartien mit Hin- und Rückspiel statt, die Teams auf den Plätzen eins bis drei stehen direkt im Viertelfinale. Die übrigen beiden Plätze werden zwischen den Teams auf den Rängen vier und fünf in einem Play-off-Duell ermittelt. Ab Viertelfinale gilt der Modus der Champions League.

Wer sind die Strippenzieher?

Vorsitzender ist Florentino Perez (Real Madrid), seine Stellvertreter sind Andrea Agnelli (Juventus Turin) und Joel Glazer (Manchester United). Sie behaupten , die Superliga diene dem Wohl der Zuschauer, deshalb werde sie gegründet. „Fußball ist der einzige globale Sport auf der Welt mit mehr als vier Milliarden Fans, unsere Verantwortung ist es, auf deren Begehrlichkeiten zu reagieren“, sagte Perez.

Wer finanziert die Super League?

Jedes Gründungsmitglied soll 3,5 Milliarden Euro erhalten. Die US-Investmentbank JP Morgan aus New York steht als Finanzier parat. Laut Gründungserklärung ist der „Betrag ausschließlich für die Entwicklung der Infrastruktur und zur Abfederung der Auswirkungen der Covid-Pandemie“ für die Clubs vorgesehen. Der größte Teil der Einnahmen soll aus der Vermarktung der TV-Rechte kommen.

Will die Super League keine Clubs aus Frankreich und Deutschland haben?

Doch. Die Superliga möchte mindestens zwei französische Clubs gewinnen. Welche Vereine das sind oder nach welchen Kriterien sie ausgewählt werden, ist offen. Deutsche Vereine wären willkommen, doch sie haben frühzeitig abgewinkt.

Wie reagieren die deutschen Vereine?

Der FC Bayern München und Borussia Dortmund zeigen kein Interesse. Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge erteilte der Superliga vor Monaten eine Absage. BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke erklärte, beide Clubs hätten „in allen Gesprächen zu 100 Prozent deckungsgleiche Auffassungen vertreten“, sie befürworten die Reform der Champions League. Rudi Völler tobte. „Eine geschlossene Gesellschaft ist ein Verbrechen am Fußball“, wetterte Bayer Leverkusens Sportchef und kritisierte den FC Liverpool: „Für einen Club, bei dem die Fans ‚You’ll never walk alone‘ singen, ist das beschämend.“

Wie begegnen die internationalen Verbände Fifa und Uefa der Superliga?

Der europäische Verband Uefa sprach von einem „zynischen Projekt“ und drohte: Die Teilnehmer würden vom nationalen, europäischen und weltweiten Wettbewerb ausgeschlossen. Ihren Profis könne zudem die Möglichkeit genommen werden, für ihre Nationalmannschaften aufzulaufen. Aktuell reformiert die Uefa die Champions League und stockt sie ab der Saison 2024/25 von 32 auf 36 Teilnehmer auf, zudem gibt es einen neuen Modus. Schon im Januar war der Weltverband Fifa der Uefa zur Seite gesprungen. Ein derartiger Wettbewerb werde nicht anerkannt, „Vereine oder Spieler, die darin starten, dürften an keinem von der Fifa oder der jeweiligen Konföderation organisierten Wettbewerb teilnehmen“. Für die Spieler von Super-League-Clubs wären WM und EM passé.

Wie stehen die DFL und der DFB dazu?

Christian Seifert warnte vor einem „irreparablen“ Schaden und sagte der Uefa seine Unterstützung zu. „Wirtschaftliche Interessen weniger Topclubs dürfen nicht die Abschaffung gewachsener Strukturen im gesamten europäischen Fußball zur Folge haben“, betonte der Geschäftsführer der Deutschen Fußball-Liga (DFL). „Es wäre unverantwortlich, die nationalen Ligen als Basis des europäischen Profifußballs auf die Weise irreparabel zu beschädigen.“ Beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) hieß es: „Jeder Verein wird sich entscheiden müssen, ob er Teil des solidarisch organisierten Gesamtfußballs bleiben oder egoistische Eigeninteressen verfolgen möchte.“ DFB-Vizepräsident Rainer Koch pflichtete dem bei: „Viel zu lange ist dem Treiben einiger weniger europäischer Großclubs zugesehen worden.“ Fußball basiere auf offenen sportlichen Wettbewerben. „Wer das nicht anerkennt, wird mit seinen Fans, Spielern und Teams aus allen Stockwerken des Weltfußballhauses ausziehen müssen.“

Wie reagieren Ex-Profis und Fans?

Alan Shearer war außer sich. „Diese Vereine haben eine riesige Granate auf den Sport geworfen – die Premier League sollte mit einer eigenen Granate reagieren und sagen: Okay, ihr werdet aus der Premier League verbannt“, grantelte der englische Ex-Nationalspieler. Der deutsche Ex-Nationalspieler Lukas Podolski war etwas zurückhaltender. „Fußball ist Glück, Freiheit, Leidenschaft und ist für jeden“, teilte der 35-Jährige mit, „dieses Projekt ist ekelhaft, nicht fair und ich bin enttäuscht, dass Vereine, die ich vertreten habe, daran beteiligt sind.“ Podolski spielte einst für den FC Arsenal und Inter Mailand. Scharfe Kritik gab es vom europäischen Fan-Netzwerk (FSE). „Dieser geschlossene Wettbewerb wird der letzte Nagel im Sarg des europäischen Fußballs sein und alles zerstören, was ihn so beliebt und erfolgreich gemacht hat“, heißt es in einer Erklärung. „Sie werden ausschließlich aus Gier vorangetrieben.“ Fanclubs aus ganz Europa rebellierten gegen die Pläne. Der offizielle Supporters Club von Manchester City versprach: „Wir sind entschlossen, gegen diese Super League zu kämpfen.“ Tottenham-Hotspur-Mitglieder schrieben einen Brief an ihren Club: „Genug ist genug. Die Führung riskiert den Ruf und die Zukunft des Clubs mit ihrem opportunistischen Streben nach Gier.“

Wie verhalten sich die Politiker?

Der britische Premierminister Boris Johnson hat die Pläne verurteilt. Die Teams seien „Clubs, die aus ihren Orten und Städten stammen. Sie sollten eine Verbindung zu den Fans und zur Fangemeinde haben“, sagte Johnson. Er werde alles dafür tun, damit die Pläne nicht umgesetzt werden. Die Spitze der Europäischen Union hat das Projekt ebenfalls scharf kritisiert. „Wir müssen ein werteorientiertes Sportmodell verteidigen, das auf Vielfalt und Inklusivität basiert“, sagte der griechische Kommissionsvizepräsident Margaritis Schinas.