Ob Coronaviren im Schwimmbad gute Verbreitungschancen haben, darüber klären Ärzte aus Stuttgart und Tübingen auf. Foto: dpa

Täglich werden immer neue Infektionsfälle mit dem Coronavirus bekannt. Um über den Erreger und seine Übertragungswege aufzuklären, haben Ärzte des Klinikum Stuttgart, des Robert-Bosch-Krankenhauses in Stuttgart und des Uniklinikums Tübingen die häufigsten Fragen gesammelt – und beantwortet

Stuttgart - Besteht die Gefahr, sich mit dem Coronavirus anzustecken, wenn man Lebensmittel aus China oder betroffenen Gebieten aus Europa kauft? Wie kann das Virus übertragen werden? Sind Schwimmbadbesuche besonders riskant? Das sind Fragen, die derzeit viele beschäftigen. Um Fehlinformationen vorzubeugen, klären Experten vom Uniklinikum Tübingen, dem Klinikum Stuttgart und dem Robert-Bosch-Krankenhaus über das Virus, seine Ansteckungsgefahr und wichtige Verhaltensregeln auf.

Soll ich meinen geplanten Urlaub absagen?

Wer älter als 60 Jahre ist und an gewissen Grunderkrankungen leidet – etwa an Rheuma, Herzerkrankung, Diabetes – sollte bei der Urlaubsplanung genau auf die Informationen des Auswärtigen Amtes und des Robert-Koch-Instituts achten, welche Regionen gerade als Risikogebiete benannt werden. „Denn ältere Menschen, die sich am Coronavirus infizieren, haben ein höheres Risiko für einen schweren Verlauf der Erkrankung“, sagt Katja Rothfuß, die als Oberärztin die Sonderisoliereinheit am Robert-Bosch-Krankenhaus koordiniert. Wer eine bereits gebuchte Urlaubsreise nicht mehr antreten möchte, sollte sich mit dem Reisebüro oder dem Reiseveranstalter in Verbindung setzen und eventuelle Alternativen diskutieren. „Grundsätzlich jeden Urlaub abzusagen und gar nicht mehr zu verreisen, ist allerdings keine Lösung“, sagt Katja Rothfuß. Das findet auch Matthias Trautmann, Leiter des Instituts für Krankenhaushygiene am Klinikum Stuttgart. „Wichtig ist allerdings, an Flughäfen verstärkt auf Händehygiene zu achten und einen gewissen Abstand zu anderen hustenden Mitreisenden zu halten.“ Denn Aufenthalte an Flughäfen oder Bahnhöfen mit großen menschenaufkommen bergen für sich allein bereits ein gewisses Ansteckungsrisiko für Atemwegserreger jeder Art.

Wie kann ich mich im Flugzeug vor einer Ansteckung schützen?

Effektive Schutzmaßnahmen sind für Passagiere eines Flugzeugs schwierig, lautet die Meinung von Thomas Iftner, Direktor des Instituts für medizinische Virologie und Epidemiologie der Viruskrankheiten vom Uniklinikum Tübingen. „Befindet sich eine infektiöse Person zwei Reihen vor oder hinter einem selbst, so kann eine mögliche Übertragung des Coronavirus nur durch das Tragen einer Atemschutzmaske der Klasse FFP2 vermieden werden.“ Diese seien allerdings käuflich kaum mehr erhältlich und sollten auch für das medizinische Fachpersonal bevorzugt zur Verfügung stehen. Denn diese Menschen müssen Infizierte schließlich versorgen.

Haben Asthmatiker ein erhöhtes Ansteckungsrisiko?

Nein, kann Matthias Trautmann vom Klinikum Stuttgart beruhigen: „Das Ansteckungsrisiko ist nicht erhöht, sondern ist für alle Menschen in der Bevölkerung gleich hoch. In Stuttgart derzeit vermutlich minimal.“ Richtig sei allerdings, dass Patienten mit Vorerkrankungen im Bereich der Atemwege – und dazu gehöre auch Asthma – ein erhöhtes Risiko für schwerere Erkrankungsverläufe haben, wenn sie sich mit dem Coronavirus infizieren, sagt der Leiter des Instituts für Krankenhaushygiene.

Schützt eine Grippeimpfung auch vor Coronaviren?

Nein. Es handelt sich bei Influenzaviren und Coronaviren um zwei völlig unterschiedliche Erreger. Zwar ist es in jedem Fall gut, sich gegen Grippe zu impfen. „Aber die Immunisierung verhilft nicht zu einem besonderen Schutz bei einer Coronainfektion“, sagt Katja Rothfuß, Oberärztin und Koordinatorin der Sonderisoliereinheit am Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart. „Und vermutlich schützt sie auch nicht davor, dass im Falle einer Infektion, die Erkrankung einen schweren Verlauf nimmt.“

Sollte man private Feste verschieben?

Nein. „Die Anzahl der Coronafälle in Stuttgart ist derzeit noch minimal klein“, sagt Matthias Trautmann, Leiter des Instituts für Krankenhaushygiene am Klinikum Stuttgart. Infektionen mit dem Coronavirus auf Feiern oder gemeinsamen Abendessen im kleinen Kreise sind daher kaum zu befürchten. Allerdings besteht immer noch die Gefahr, sich mit einem Grippeerreger anzustecken, die aktuell auch in Stuttgart sowie an vielen anderen Orten grassiert. „Daher sollte man die Eingeladenen vorher fragen, ob sie an einer akuten Grippesymptomatik leiden“, rät der Experte Trautmann. Sei das der Fall, sollten diese Gäste an den Feiern lieber nicht teilnehmen.

Sind Infektionen über Geldscheine oder Obst und Gemüse möglich?

Sowohl Tobias Schilling, Ärztlicher Direktor der Interdisziplinären Notaufnahme am Klinikum Stuttgart, als auch Thomas Iftner, Direktor des Instituts für medizinische Virologie und Epidemiologie der Viruskrankheiten am Uniklinikum Tübingen, können beruhigen: „Die Gefahr, sich über Gegenstände mit dem Coronavirus zu infizieren, geht gegen Null“, sagt Tobias Schilling. Zwar sind Übertragungen über Oberflächen, die kurz zuvor mit Viren kontaminiert wurden, per Schmierinfektion denkbar, so Iftner. „Aufgrund der relativ geringen Stabilität von Cornaviren in der Umwelt ist dies aber nur in einem kurzen Zeitpunkt nach der Verunreinigung wahrscheinlich.“ Grundsätzlich ist es aber sinnvoll, sich nach dem Einkaufen die Hände zu waschen. Das schützt nicht nur vor dem Coronavirus, sondern auch vor einer Vielzahl weiterer Infektionen wie etwa Influenza oder Viren, die Durchfallerkrankungen erzeugen können.

Was ist der beste Schutz im Alltag?

Auch wenn es simpel klingt: Es ist immer noch das Händewaschen – gepaart mit der Empfehlung, sich am besten überhaupt nicht mehr ins Gesicht zu fassen. Weitere Verhaltensweisen, die ein Ansteckungsrisiko mindern, nennt Friedrich-Michael Pieper, Facharzt für Innere Medizin am Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart: „Bei krank wirkenden Menschen, sollte man zwei Meter Abstand halten und die Hust- oder Nies-Etikette einfordern. Das bedeutet: Am besten beim Niesen oder Husten ein Einmaltuch verwenden, das danach entsorgt werden kann. „Ist kein Taschentuch vorhanden, sollte man in die Ellenbeuge husten oder niesen – und anschließend ebenfalls die Hände waschen.“

Geplante Operationen lieber absagen?

Ein Zahnarztbesuch, eine Herzkatheter-Untersuchung, ein ambulanter Lungencheck oder gar eine geplante Operation muss derzeit aus Sorge wegen des Coronavirus nicht abgesagt werden, lautet die Einschätzung von Katja Rothfuß, die als Oberärztin die Sonderisoliereinheit des Robert-Bosch-Krankenhauses koordiniert. „Es ist aber sicherlich vernünftig, vorausschauend zu planen und gegebenenfalls vor dem anstehenden Termin nochmals im Krankenhaus, der Praxis oder in der Ambulanz anzurufen und zu klären, wie die aktuelle Lage dort ist.“

Sind Schwimmbadbesuche unbedenklich?

Ja. „Das Schwimmbad an sich ist kein Orte erhöhten Infektionsrisikos mit dem Coronavirus“, sagt Katja Rothfuß, Oberärztin und Koordinatorin der Sonderisoliereinheit des Robert-Bosch-Krankenhauses in Stuttgart. Und auch Matthias Trautmann vom Klinikum Stuttgart kann beruhigen: Zum einen sterbe das Virus aufgrund der Chlorierung im Becken ab. Zum anderen „ist die Verdünnung von wenigen Viren durch mehr als tausend Liter Schwimmbeckenwasser so hoch, dass eine Ansteckung nicht möglich ist“. Der Leiter des Instituts für Krankenhaushygiene rät daher weiterhin regelmäßig schwimmen zu gehen. „Dies tut der Gesundheit gut!“ Wichtig wäre nur, sich nach der Benutzung der Umkleide oder der Toilette stets die Hände zu waschen und die allgemeinen Hygieneregeln zu beachten, ergänzt die Medizinerin Rothfuß.

Wie gefährdet sind kleine Kinder?

Auch wenn Eltern immer mehr Briefe von Kindergärten, Schulen und Kindertagesstätten erhalten, in denen sie aufgeklärt werden, was im Falle eine Coronavirusinfektion zu tun ist: Mehr gefährdet als andere Teile der Bevölkerung sind Kinder nicht. Zwar können sich auch Säuglinge mit dem Coronavirus anstecken, sagt Katja Rothfuß, Oberärztin und Koordinatorin der Sonderisoliereinheit am Robert-Bosch-Krankenhaus. „Aber die Erkrankung verläuft meist milde.“ Bei Kindern seien schwere Verläufe nur ganz selten beschrieben.