Mit dem Burgsommer hat die Stadt 2020 ein coronataugliches Veranstaltungsformat entwickelt – in diesem Jahr soll es am Neckarufer weitergehen. Foto: oh

Kultur hat’s in Coronazeiten schwer: Theater, Kinos, Clubs und andere Veranstaltungshäuser sind geschlossen, Liveauftritte sind nur virtuell möglich. Nach dem erfolgreichen Burgsommer 2020 plant die Stadt zusammen mit verschiedenen Partnern einen Kultursommer. Ein zentraler Baustein soll eine Sommerbühne am Neckarufer bei Oberesslingen werden.

Esslingen - Kultur kann in Zeiten von Corona nur auf Sparflamme köcheln: Theater, Kinos, Clubs und andere Veranstaltungsorte sind geschlossen – viele Künstlerinnen und Künstler erreichen ihr Publikum derzeit nur auf virtuellen Wegen. Dabei würden kulturelle Liveerlebnisse vielen Menschen gerade jetzt besonders guttun. Mit den Temperaturen steigt nun die Zuversicht, dass in der wärmeren Jahreszeit im Freien vieles wieder möglich sein wird. „Wir wollen im Sommer Kultur ermöglichen, soweit es die Situation erlaubt“, so beschrieb Kulturbürgermeister Yalcin Bayraktar den Kurs der Stadt, als die Verwaltung im Kulturausschuss ihre Ideen für ein Open-Air-Konzept vorgestellt hat. Ein zentraler Baustein des Kultursommers soll eine Bühne am Neckarufer bei Oberesslingen werden. Dort könnte sich die Esslinger Kulturszene von Juli bis September mit ihrer ganzen Vielfalt präsentieren.

Attraktives Kulturangebot

Schwierige Zeiten machen erfinderisch. Das hat die Esslinger Kulturverwaltung 2020 schon bewiesen, als sie mit dem Verein Blues in Town in kürzester Zeit ein neues Veranstaltungsformat entwickelt hat. Vom 1. August bis 6. September waren Künstlerinnen und Künstler unterschiedlichster Couleur unterhalb des Dicken Turms auf der Esslinger Burg live zu erleben. Und die erfreuliche Publikumsresonanz bewies damals, wie wichtig solche Angebote sind. An den damaligen Erfolg möchte das Kulturamt in diesem Sommer anknüpfen – wohlwissend, dass es ziemlich aufwendig ist, etwas ganz Neues auf die Beine zu stellen. Immerhin sieht Kulturamtsleiterin Alexa Heyder einen entscheidenden Vorteil gegenüber dem Vorjahr: „Damals hatten wir nur vier Wochen Vorlauf, diesmal sind es immerhin vier Monate. Das kann uns die Planung und Vorbereitung ein wenig erleichtern.“

Das Ziel der Stadt ist klar: „Wir wollen im Sommer ein attraktives Kulturangebot ermöglichen.“ Dazu soll nicht nur die Bühne am Neckarufer beitragen, auch die WLB mit ihrer Open-Air-Inszenierung, der Verein Live-Musik mit seiner Reihe „Jazz auf der Wiese“ beim Dulkhäusle oder das Kulturzentrum Dieselstraße lassen manches erwarten. Wobei die Veranstalter stets die aktuelle Pandemiesituation im Blick behalten müssen. Deshalb plant Alexa Heyder ihre Sommerbühne mit Augenmaß: Auch wenn das anvisierte Gelände am Neckarufer zwischen dem Skaterpark und dem Steg zur Neckarinsel mehr Publikum fassen würde, soll es bei einer Beschränkung auf maximal 199 Personen bleiben. So lassen sich nicht nur die Abstände besser einhalten, auch die Sicherheitsauflagen sind überschaubarer.

Trotzdem gibt es noch allerhand zu klären. „Wir sind mit allen zuständigen Ämtern und der Feuerwehr in engem Kontakt“, verrät die Kulturamtsleiterin. Der geplante Standort bietet nach ihrer Einschätzung viele Vorteile: „Das Gelände ist durch die Nähe zum Oberesslinger Bahnhof gut erreichbar, und es gibt relativ wenige Anwohner.“ Das war auch ein Argument, das gegen eine Neuauflage des Burgsommers gesprochen hatte. Denn nach den geltenden Open-Air-Richtlinien ist auf der Burg nur eine beschränkte Anzahl von Veranstaltungen möglich.

Das Kulturamt will auf dem Areal am Neckarufer die nötige Infrastruktur mit überdachter Bühne und einem Platz für den Getränkeverkauf anbieten – den könnten zum Beispiel Vereine organisieren, denen durch das wegfallende Bürgerfest dringend nötige Einnahmen durch die Lappen gehen. Für die Programmgestaltung möchte Alexa Heyder wie beim Burgsommer wieder Partner ins Boot holen: Institutionen wie das Kommunale Kino, der Verein Blues in Town, das Jugend- und Kulturzentrum Komma oder das Podium Festival könnten eine Option werden. Finanzieren ließe sich das Projekt zum Beispiel aus den Mitteln, die im städtischen Haushalt eigentlich für das Bürgerfest eingeplant sind.

Menschen brauchen Perspektive

Auch wenn Alexa Heyder mit Blick auf den geplanten Kultursommer noch von einem „Grobkonzept“ spricht, fanden die Überlegungen für ein coronagerechtes Kulturangebot von Juli bis September im Kulturausschuss des Gemeinderats Beifall. Marco Bertazzoni (Grüne) weiß aus vielen Gesprächen, „dass die Menschen ausgehungert nach Kultur sind“. Deshalb hätte er sich sogar eine höhere Besucherkapazität vorstellen können – am Limit von 199 Personen mag die Kulturverwaltung aus organisatorischen Gründen nicht rütteln. Richard Kramartschik (SPD) begrüßt das Projekt, „weil die Menschen dringend eine Perspektive brauchen“. Alexander Kögel (Freie Wähler) findet den Gedanken eines Kultursommers gut, will aber auch die dortigen Parkmöglichkeiten für den Schwimmsportverein berücksichtigt wissen. Martin Auerbach (Linke) regt an, die Auftritte auf der Sommerbühne auch im Internet zu übertragen und zum Beispiel zur Belebung der Innenstadt an einigen Stellen zu zeigen. Sven Kobbelt (FDP) findet den „eher zurückhaltenden Ansatz mit bis zu 199 Besuchern richtig“. Tim Hauser (CDU) bat darum, auch die Neckarinsel in die Überlegungen einzubeziehen. Dass Andreas Koch (SPD) dem angepeilten Spielort „allenfalls morbiden Charme“ bescheinigt, nimmt Heyder gelassen: „Wenn sich dort noch mehr Grün zeigt, hat dieser Ort durchaus Charme.“