Bei den Einbrüchen kamen bisher keine Tiere zu Schaden. Die Diebe haben es auf Bargeld abgesehen. Foto: Torsten Ströbele

Die Einbrüche in mehrere Tierheimen der Region Stuttgart häufen sich. Für bisher verschont gebliebene Heime sind sie eine Warnung: Sie wollen sich schützen und rüsten ihre Anlagen auf.

Stuttgart - In den vergangenen Wochen wurde in Sachsen, Bayern und Baden-Württemberg in mehrere Tierheime eingebrochen. In Baden-Württemberg sind bisher zehn Einrichtungen betroffen, unter anderem in Tübingen, Reutlingen, Albstadt, Rottweil und Esslingen: Die Diebe drangen in die Büroräume der Tierschutzvereine ein und entwendeten sowohl Spendenkassen als auch Bargeld.

„Es ist einfach nur furchtbar“, kommentiert Marion Wünn, Leiterin des Tierheims Stuttgart-Botnang, die Vorfälle. „Wir können nicht fassen, dass es ausgerechnet Tierheime trifft, das ist skrupellos.“ Viele Heime, vor allem kleinere, würden nur von Spenden leben. Ein Diebstahl könne somit verheerend für die Einrichtungen sein, sagt Wünn.

Jeden Morgen mit ungutem Gefühl die Bürotür öffnen

In Stuttgart ist man von den bisherigen Taten noch nicht betroffen, aber die Sicherheitsvorkehrungen habe man erhöht. „Wir haben alles, was wertvoll ist, nicht mehr über Nacht im Tierheim gelagert“, sagt Wünn. Dazu zählen die Tageseinnahmen, Kameras, externe Festplatten und das Diensthandy. Man könne sich jedoch nie ganz sicher sein, dass man verschont bleibe: „Jeden Morgen, wenn ich die Bürotüre aufschließe, frage ich mich, ob in der vergangenen Nacht etwas passiert ist.“ Die Ereignisse würden über ihrem Team schweben.

Warum Stuttgart bisher nicht Ziel der Einbruchserie geworden ist, kann sie sich nicht erklären, sie hat jedoch eine Vermutung: „Anders als bei vielen anderen Heimen, ist unseres nicht allein auf einem großen Gelände untergebracht. Vielleicht schreckt das ab.“ Wünn ist froh, dass in den bekannten Fällen bisher keine Tiere zu Schaden gekommen sind und hofft, dass dies so bleiben wird: „Bei uns ist es nicht einfach, vom Büro zu den Tieren zu gelangen, die Tiere sind also sicher.“ Zudem geht sie davon aus, dass die Hunde anschlagen würden, sollten sie jemand Unbefugten bemerken: „Sie sind sehr aufmerksam und würden auf alle Fälle bellen.“

Freilaufende Hunde und hohe Zäune sollen schützen

Das bestätigt Ursula Gericke, Leiterin des Ludwigsburger Tierheims: „Bei uns gibt es Hunde, die in der Nacht frei herumlaufen dürfen. Ich bin fester Überzeugung, dass niemand bis ins Büro vordringen könnte, ohne von ihnen und dann von uns bemerkt zu werden.“ Das Heim in Ludwigsburg sei abgesehen von den frei laufenden Vierbeinern noch weiter geschützt: „Wir haben zwei Meter hohe Zäune mit Überhang, da kommt man nur sehr schwer drüber.“ Außerdem würden drei Mitarbeiter auf dem Gelände wohnen: „Fast an jeder Ecke einer.“

Gericke ist nicht unbedingt wegen des wenigen Geldes beunruhigt, das gestohlen werden könnte: „Wir machen uns vielmehr sorgen darüber, dass den Tieren etwas passiert.“ Zwar sei bei den bisherigen Einbrüchen kein Tier verletzt worden, jedoch kennt Gericke andere, frühere Fälle: „Es gibt immer irgendwelche Perverse, die den Tieren etwas antun. So ist vor Jahren jemand nachts in ein Tierheim eingestiegen und hat ein Kätzchen in die Waschmaschine gesteckt.“

Einbrechern die Arbeit erschweren

Im Tierheim in Winnenden ist die Sorge ebenfalls groß. „Es ist schon eine sehr traurige Geschichte, dass ausgerechnet Einrichtungen betroffen sind, die oftmals überwiegend von Ehrenamtlichen betreut werden und für die Gesellschaft etwas tun möchten“, sagt Alois Hammel. Der Vorsitzende des Tierschutzvereins Winnenden, der das dortige Heim betreibt, sieht das Problem in der Gesellschaft: „Es ist respektlos. Manche Menschen kennen einfach keine Grenzen.“

Das Tierheim ist vor einigen Jahren selbst Opfer von Einbrüchen und Sachbeschädigungen geworden, seitdem sind Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden, die weitere Taten verhindern sollen. Hammel sagt: „Es gibt immer ein Risiko, wieder Opfer zu werden.“ Es sei nur ein subjektives Gefühl von Sicherheit: Wer einbrechen möchte, findet einen Weg. Wir erschweren ihnen das nur und hoffen, dass sie sich dadurch abschrecken lassen.“

Es entstehen Ausgaben, für die eigentlich kein Geld da ist

Ein ebenfalls gebrandmarktes Kind ist der Tierschutzverein Böblingen. „Vor ungefähr zehn Jahren wurde bei uns eingebrochen und ein Schaden von rund 10.000 Euro verursacht“, erzählt Leiterin Annette Lehmann. Deswegen rüstet das Tierheim nun auf: In den Abendstunden ist ein Sicherheitsdienst auf Patrouille, Kameras sind installiert, eine Alarmanlage und weitere Vorkehrungen sind geplant. „Wir haben hohe, zusätzliche Kosten. Das Geld haben wir als Verein eigentlich gar nicht“, sagt Lehmann. Ihr gehe es jedoch um den Schutz der Tiere und der Mitarbeiter, die mit auf dem Gelände leben: „Bei einem Einbruch ist der Schaden viel höher als die Ausgaben, die wir jetzt haben.“

Sie selbst empfindet es als eine Katastrophe, dass Tierheime im Visier der Einbrecher stehen. Sollte es sich wirklich um eine zusammenhängende Serie der gleichen Täter handeln, sagt Lehmann: „Man weiß ja gar nicht, wo sie sich momentan aufhalten. Die bisher betroffenen Tierheime sind kreuz und quer verteilt. Da ist kein Muster zu erkennen.“

Ob die Taten wirklich zusammenhängen, ist noch nicht sicher

Ob die Einbrüche in den drei Bundesländern, oder auch nur innerhalb Baden-Württembergs, zusammenhängen, kann die Polizei momentan noch nicht sagen. „Der Modus Operandi und das Diebesgut ist in allen Fällen gleich“, sagt Michael Schaal vom Polizeipräsidium Reutlingen, das vier Fälle bearbeitet. Laut des Pressesprechers gelangten alle Täter über gewaltsam geöffnete Fenster oder Türen in die Räume. Dort seien gezielt die Büros nach Bargeld und den Spendenkassen durchsucht worden. Momentan seien die zuständigen Ermittler damit beschäftigt, die Spuren an allen Tatorten auszuwerten und zu vergleichen. „Dann kann man eher eine Aussage treffen, ob die Taten zusammenhängen und wir es mit einer Serie zu tun haben“, sagt Schaal.

Die Polizei rate allen Tierheimen, möglichst kein Bargeld über Nacht aufzubewahren. „Dies sollte am Abend immer mitgenommen und, wenn möglich, zur Bank gebracht werden“, sagt Schaal. Zusätzlich gebe es nicht nur für die Betreiber von Tierheimen, sondern auch für Privatleute, Beratungen der Polizei sowie Tipps im Internet, um möglichst gut gewappnet gegen Einbrüche zu sein.