In Backnang öffnet ein Laden ohne Personal: Im neuen City-M können Kundinnen und Kunden rund um die Uhr mit EC-Karte einkaufen – dank Videoüberwachung und App-Zugang.
Im Herzen von Backnang (Rems-Murr-Kreis) hat am Donnerstag ein neuartiges Ladenkonzept Premiere gefeiert: Der Selbstbedienungsladen City‑M ist täglich rund um die Uhr geöffnet, 365 Tage im Jahr – ganz ohne Personal und klassische Kasse. Das Sortiment umfasst über 1200 Artikel, von frischen Lebensmitteln bis zu Hygieneartikeln.
Mit dem Laden in der Marktstraße 11 wagt sich das Mutterunternehmen Tante‑M erstmals in ein städtisches Umfeld. Zuvor war das Konzept nur in ländlichen Regionen aktiv – bis jetzt. „Ich möchte ohne Übertreibung sagen: Das ist heute ein Freudentag für unsere Stadt“, sagte der Oberbürgermeister Maximilian Friedrich bei der Eröffnung. Die Marktstraße sei zentral für die künftige Entwicklung Backnangs – „und dieser Laden ist ein echter Meilenstein für die Belebung der Innenstadt“.
Urbane Nahversorgung in der City
Tante‑M, das Mutterkonzept des neuen City‑M, war bislang vor allem im ländlichen Raum aktiv – dort, wo die Nahversorgung schwächelte und Leerstand zum Problem wurde. Genau dort eröffnete Gründer Christian Maresch seine ersten Selbstbedienungsläden, die ohne Personal auskommen. Jetzt wagt er den Schritt in die Stadt: mit einem Modell, das digitale Technik, regionale Produkte und flexible Öffnungszeiten vereint – zugeschnitten auf die Bedürfnisse in der Stadt.
„Für uns ist das hier ein wegweisendes Projekt“, sagt Maresch. Backnang sei ein Pilotstandort – und das Interesse wachse: Aus anderen Städten, die ebenfalls mit Leerstand kämpfen, gebe es bereits erste Anfragen.
So funktioniert der Laden
Zwischen 6 und 22 Uhr kann jede und jeder den Laden mit EC- oder Kreditkarte betreten. In den Nachtzeiten zwischen 22 und 6 Uhr ist der Zugang aus Sicherheitsgründen nur registrierten Kundinnen und Kunden möglich – entweder per Handy-App oder kostenloser Kundenkarte. „Mit dem Handy kann man sich direkt und schnell registrieren, das ist kein Aufwand“, erklärt Maresch.
Gekauft wird direkt an der Self-Checkout-Kasse. Die Auswahl deckt die tägliche Grundversorgung ab – frische Ware, Fertigprodukte, Drogerieartikel. Auf Alkohol und Tabak wurde bewusst verzichtet.
„Wir wollen das anbieten, was die Kunden benötigen“, sagt Maresch. Weil sich der Laden in der Stadt befindet, habe man die Produktpalette entsprechend angepasst und mehr Tiefkühlkost und To-Go-Produkte im Angebot. „Das Sortiment lebt“, betont er. Vorschläge aus der Kundschaft seien ausdrücklich erwünscht. „Dann passen wir das an.“
Regionale Partner – moderne Technik
Auch wenn alles digital gesteuert ist, setzt City‑M auf lokale Partner: eine Bäckerei aus der Region liefert täglich frische Backwaren, die Metzgerei Rupp-Holzwarth sorgt für regionale Fleisch- und Wurstprodukte. Die meisten anderen Produkte bezieht Maresch über einen Großhändler. Künstliche Intelligenz hilft beim Sortimentsmanagement, Videoüberwachung sorgt für Sicherheit.
„Diese Läden leben von Effizienz“, so Maresch, „damit sie ohne ständiges Personal funktionieren können.“ Weitere technische Funktionen sollen in den nächsten Wochen folgen – etwa digitale Preisschilder.
OB Friedrich hob besonders hervor, dass City‑M barrierefrei zugänglich ist. „Das ist ein niederschwelliger, moderner Zugang – für alle, mit Kinderwagen oder Rollstuhl.“
Anpassung des Ladenöffnungsgesetzes
Rechtlich bewegt sich das 24/7-Modell noch in einer Grauzone. Laut Friedrich wolle die Politik jedoch nachsteuern und das Landesgesetz zur Ladenöffnung anpassen. „So was ist wertig, so was hat Zukunft“, sagte der OB – und sprach von einem Signal gegen die Verödung der Innenstädte. Auch die umliegenden Einzelhändler seien froh über den neuen Frequenzbringer, betont Backnangs Wirtschaftsbeauftragter Reiner Gauger, der den Kontakt zu Maresch vermittelt hat.
Auftakt mit Perspektive
Der Startschuss fiel bewusst im Rahmen des Backnanger Straßenfests – „ein perfekter Moment, um den Laden direkt mit Leben zu füllen“, wie OB Friedrich es ausdrückt. Für ihn steht fest: „Wenn wir wollen, dass Menschen nicht alles online kaufen, dann brauchen wir genau solche Projekte.“
City‑M ist zunächst mit einem Pachtvertrag über fünf Jahre gestartet – mit der Option, jährlich um ein weiteres Jahr zu verlängern. Langfristig allerdings soll das gesamte Quartier ein neues Gesicht erhalten, erklärt der OB. Die Stadt hat neben dem Burgel-Gebäude mehrere angrenzende Gebäude gekauft, die irgendwann abgerissen und durch Neubauten ersetzt werden sollen. „Wir wollen hier ein komplett neues Quartier schaffen“, kündigt Friedrich an.
Das ist noch Zukunftsmusik – aktuell freut er sich, dass mit City‑M wieder Leben ins Herz der Stadt zieht.