Mathias Lipp gestaltet seit 40 Jahren die Kommunalpolitik in Altbach mit. Foto: Tim Kirstein

Mathias Lipp sitzt seit 1984 im Altbacher Gemeinderat, seit 20 Jahren ist er zudem stellvertretender Bürgermeister. Grund genug für eine Auszeichnung – und einen Blick auf Veränderungen.

Der lebens- und dienstälteste Gemeinderat in Altbach zu sein, sei für ihn schon etwas komisch, sagt Mathias Lipp. „Ich fühle mich doch noch gar nicht so alt“, fügt der 64-Jährige hinzu. Seit nunmehr 40 Jahren gehört er dem Gemeinderat an und hat in dieser Zeit viele Veränderungen in der Kommune miterlebt. Für sein Engagement wird er am Dienstag gleich doppelt geehrt: Er bekommt die Ehrenstele des Gemeindetags und die Altbacher Bürgermedaille.

Sein Wirken im Altbacher Gemeinderat begann 1984. Der damals 24-jährige Polizeimeister im Streifendienst in Esslingen war gleich von Ratsmitgliedern mehrerer Fraktionen auf eine mögliche Kandidatur angesprochen worden. „Ich hatte die Qual der Wahl, daher wollte ich 14 Tage Bedenkzeit“, erzählt Lipp. Schließlich entschied er sich für die Unabhängige Wählervereinigung Altbach (UWV). „Das Wort ‚unabhängig’ hat für mich den Ausschlag gegeben“, sagt er schmunzelnd. Diese Unabhängigkeit nutzte er gleich in seiner ersten Sitzung als Gemeinderat, als gegen seine eigene Fraktion stimmte. „Das war ungewöhnlich, wurde aber vom Fraktionsvorsitzenden so akzeptiert“, sagt Lipp.

Mittlerweile ist er der Vorsitzende der UWV und seit 20 Jahren auch stellvertretender Bürgermeister in Altbach. „Im Gemeinderat lernt man, wie die Gesellschaft funktioniert“, erklärt Lipp. Auch sein Beruf habe ihm dabei geholfen, die gesellschaftlichen Umbrüche wahrzunehmen, sagt der Polizeidirektor außer Dienst. „In manchen Bereichen kann man ihnen als Gemeinderat Rechnung tragen, in anderen nicht“, räumt er ein.

Trotz der vielen Veränderungen seien die meisten Themen, über die in der inzwischen 6450 Einwohner zählenden Kommune diskutiert wird, über die Jahre die gleichen geblieben. „Die Kernaufgaben des Gemeinderats sind der Haushalt und das Planungsrecht“, erläutert Lipp.

Schon beim Bau des Kraftwerks spielte das Thema Umwelt eine Rolle. Foto: Roberto B/ulgrin

Verkehrspolitische Entscheidungen wie ein flächendeckendes Tempo 30 oder der Fluglärm wurden bereits im vergangenen Jahrhundert diskutiert. Was heute dazukomme, seien Debatten über Emissionen, Immissionen und Nachhaltigkeit. „Wenn man genau hinschaut, gab es das aber schon in den 1980er Jahren“, stellt Lipp dann aber doch fest. Schon beim Neubau des Kraftwerks habe es damals in Altbach geheißen: „Das Tal muss grün bleiben.“

Als Vorsitzender der UWV leitet Lipp die Fraktionssitzungen, in denen die Themen des Gemeinderats besprochen werden; für eine Haushaltsrede sitze er schon mal bis zwei Uhr nachts am Schreibtisch, erzählt er. Auch der Kontakt zu den Mitbürgerinnen und Mitbürgern sei Teil seiner ehrenamtlichen Arbeit als Gemeinderat und ihm besonders wichtig. Tatsächlich werde er eher auf der Straße angesprochen, als dass die Leute zu Bürgerfragestunden kämen, berichtet Lipp. Gelegentlich erhalte er auch anonyme Mails. „Die beantworte ich aber eigentlich nicht, denn das ist kein guter Stil. Bei so etwas muss man schon Ross und Reiter nennen.“ Den Inhalt der Schreiben nehme er aber sehr wohl zur Kenntnis.

Hin und wieder werde man als Ratsmitglied für seine Haltung auch kritisiert, ob im Gremium selbst oder von außerhalb, räumt Lipp ein. Damit könne er umgehen. „Im Gemeinderat wird diskutiert, manchmal auch gestritten. Bislang musste aber noch niemand deswegen die Straßenseite wechseln.“ Die gegenseitige Wertschätzung zeichnet für ihn die Gemeinderatsarbeit in Altbach aus. Am Ende sei der Gemeinderat ein parlamentarisches Gremium, in dem Mehrheiten zählen. „Da gibt es auch Entscheidungen, die für einen die falschen sind, aber dann gilt es, sie zu akzeptieren.“ Für die Zukunft wünscht er sich etwas weniger Hektik in der Gesellschaft. „Auch der Kommunalpolitik würde es sicher guttun, wenn man nicht alles gleichzeitig will“, sagt der 64-Jährige.