Der Schwimmsportverein Esslingen (SSVE) gerät auch dank seiner vielen engagierten Mitglieder nicht ins Schwimmen. Für immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel sorgt auch Margit Wägerle. Vor allem in Corona-Zeiten wurde ihr und ihren Kollegen viel abverlangt. Darum wurde sie für den Ehrenamtspreis nominiert.
Was macht sie für ihren Verein? „Alles“, kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen. Nein, schränkt Margit Wägerle gleich ein. Diese Aussage sei natürlich übertrieben: „Aber ich mache sehr viel für den Schwimmsportverein Esslingen, denn ich fühle mich als Teil der SSVE-Familie einfach pudelwohl.“ Diese enge Verbundenheit zu „ihrem“ Sportverein ist einer der Gründe für ihre Nominierung für den Ehrenamtspreis der Kreissparkasse und der Eßlinger Zeitung.
Bei Gartenarbeit blüht sie auf. Nicht in der eigenen heimischen Botanik. Da findet Margit Wägerle das Werkeln eher langweilig. Doch im Verein hat sie stets ein witziges, gut gelauntes Helferteam um sich, das ihr die privat so bittere Arbeit versüßt. Vor einigen Jahren, sagt die jugendlich-fitte 73-Jährige, ist sie in Rente gegangen und hat mit der Arbeit im gemeinsam mit dem Ehemann betriebenen IT-Software-Unternehmen aufgehört. Da hatte sie Zeit, Lust und Kapazitäten, um sich noch mehr für den SSVE zu engagieren. Der ist nicht nur ihr zweiter Wohnsitz und erzeugt warme familiäre Gefühle bei ihr – der Schwimmsportverein ist auch eng mit ihrer Familie verbunden. Ihre Schwiegereltern, erzählt sie, hatten sich schon eingebracht. Ihre beiden Töchter haben hier Wasserball sogar in der Bundesliga gespielt, und zwei ihrer vier Enkel sind – die Antwort erübrigt sich im Grunde. Denn natürlich sind die beiden Enkel auch im Verein mit dabei.
Diese Familienbande zum SSVE sind so eng, dass Margit Wägerle sie im Ruhestand noch weiter festigen wollte. Die Pflege von Blumen und Pflanzen auf dem Gelände rund um das Vereinsschwimmbad hinter dem Eisstadion auf der Neckarinsel war nur ein erster Schritt. Corona nötigte ihr noch weitere Schritte ab. Das war nicht vergnügungssteuerpflichtig, sagt sie im Nachhinein: „Aber es musste eben sein.“ In der ersten heißen Covid-19-Phase, als es noch keine Blaupause für pandemische Extremsituationen gab, durfte das Vereinsfreibad nur nach einer Registrierung betreten und genutzt werden. Also, erinnert sich Margit Wägerle an den Sommer 2020, stand sie hinter dem Eingangsdrehkreuz, schrieb Namen, Daten und Uhrzeit jedes Eintretenden auf. Auch beim Verlassen des Geländes mussten die Schwimmfans registriert werden, um mögliche Infektionsketten später nachverfolgen zu können. In der ganzen Zeit habe es zum Glück nie einen positiven Coronafall gegeben, sagt die gebürtige Esslingerin: „Sonst hätten wir das Bad dicht machen können.“ So aber hatte es von 5 Uhr morgens bis 23 Uhr abends geöffnet – und während der ganzen Zeit musste die Registrierung laufen. Zwei-Stunden-Schichten haben sie und andere Ehrenamtliche übernommen. Die Koordination der Einsätze lief bei ihr zusammen.
Die Sommermonate waren also gut ausgefüllt. Doch im Winter werden Freibäder in der Regel seltener aufgesucht. Zeit für einen Urlaub und eine Vereinspause? Eher nicht, meint Margit Wägerle: „Es gibt eigentlich immer etwas zu tun.“ Im Herbst etwa muss das Laub zusammengekehrt oder im Winter Schnee geschippt werden. Aber da könne sich der SSVE auf ein eingespieltes Team verlassen, das stets einspringe, wenn Not am Manne oder der Frau sei. Es ist Margit Wägerle anzumerken, mit welcher Begeisterung und Überzeugung sie von der wichtigen Arbeit des Schwimmsportvereins berichtet. Man nimmt es ihr ab, dass sie sich hier fast wie zu Hause fühlt.
Zum Glück. Denn in der Saison 2021, erinnert sie sich, wurden die Corona-Vorschriften noch strenger. Per Gesetz sei die Verpflichtung ergangen, dass Vereinsmitglieder bei einer Nutzung der Schwimmanlagen eine der acht Bahnen anmieten sollten. Die Wassersportfans mussten sich online anmelden und durften dann – soweit verfügbar – auf einer Bahn für eine Stunde gegen eine Gebühr von fünf Euro schwimmen. Die Kontaktbeschränkungen waren verschärft worden. Darum saßen Margit Wägerle und andere Engagierte abwechselnd in einer Hütte auf dem Vereinsgelände und füllten Formulare aus. Auf dem Papier wurde festgehalten, wer welche Bahn zu welcher Uhrzeit nutzte. Das Formular legte sie in eines der Zelte, die am Beckenrand zum Umkleiden aufgestellt worden waren. Nachdem sie gegangen war, musste der Mann oder die Frau, die eine der Schwimmbahnen gemietet hatte, das bereit gelegte Formular im Zelt unterschreiben.
Viel Amt und wenig Ehre, sagt Margit Wägerle, sei ihr Ehrenamt nicht: „Der Verein hat mir soviel gegeben, darum möchte ich etwas zurückgeben.“ Sie verweist auf die wichtige Funktion von Vereinen – in der Jugendarbeit, für die Integration, bei der Gestaltung von Freizeit, für Gesundheit und Geselligkeit. Wo möchte sie sich künftig einbringen? „Überall dort, wo ich gebraucht werde.“
Der Ehrenamtspreis
Initiatoren
Der Ehrenamtspreis „Starke Helfer“ wird von der Stiftung der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen in Zusammenarbeit mit der Eßlinger Zeitung ausgeschrieben. Mit der Auszeichnung sollen der Gedanke der Wertschätzung und Unterstützung ehrenamtlich Tätiger gefördert werden. Die Preisträger werden von einer Jury aus Vertretern der Kreissparkasse und der Redaktion ermittelt.
Preisträger
Die Kreissparkasse stellt ein Preisgeld von 20 000 Euro zur Verfügung. Die Gewinner werden zu einer Abschlussveranstaltung im Herbst eingeladen, sofern die Pandemie eine Abhaltung zulässt.
Nominierte
Der 1908 gegründete Schwimmsportverein Esslingen (SSVE) hat etwa 3200 Mitglieder und betreibt die Schwimmanlage auf der Neckarinsel. Zum Angebot gehören Wasserball, Breitensport oder Schwimmkurse.