Touristen können im Hochschwarzwald kostenlos ein Elektroauto mieten. Die Bilanz fällt gemischt aus: Gäste nutzen den Service im Gegensatz zu Einheimischen recht häufig – das könnte an den Gebühren liegen.
Hinterzarten -
Führerschein vorzeigen, Chipkarte entgegennehmen, losfahren: Wer im Hochschwarzwald Urlaub macht, kann kostenlos ein Elektroauto mieten. Das vor acht Jahren vom Tourismusverband eingeführte „E-Carsharing“ soll Feriengäste dazu animieren, ihr eigenes (Benzin-)Auto zu Hause oder zumindest vor dem Hotel stehen zu lassen. Die bisherige Bilanz fällt gemischt aus: Zwar ist das Angebot bei Urlaubern durchaus beliebt. Die Einheimischen – die dafür bezahlen müssen – nutzen die Elektroautos hingegen kaum. Aus wirtschaftlichen Gründen wurde die Anzahl der Standorte und Autos daher nach und nach reduziert. Von 24 Fahrzeugen, die in der Hochphase zur Verfügung standen, sind heute noch zehn übrig.
An mangelnder Reichweite liegt es offenbar nicht. So wurden die „E-Smarts“, die ursprünglich zum Einsatz kamen, seit 2015 durch leistungsfähigere „BMW i3“ ersetzt. Im Sommer 2018 wurde die Flotte abermals getauscht, diesmal gegen eine neuere Generation des gleichen Modells. Mit einer Akku-Ladung kommt man bis zu 200 Kilometer weit – völlig ausreichend für einen Tagestrip im Schwarzwald. Die 13 Ladesäulen, die über den Hochschwarzwald verteilt stehen, werden mit Ökostrom betrieben, der im Wasserkraftwerk Wyhlen erzeugt wird.
Mittlerweile wurden einige Standorte gestrichen
Überzeugen konnte das die Anwohner trotzdem nicht. „Die Einheimischen nehmen es nur sehr zögerlich an“, räumt Thorsten Rudolph, der Geschäftsführer der Hochschwarzwald Tourismus GmbH (HTG), ein. Deshalb seien manche Standorte, an denen anfangs noch E-Autos stationiert waren, gestrichen worden. Als Standorte übrig geblieben sind Hinterzarten, Schluchsee, Titisee-Neustadt, St. Blasien, St. Märgen und Todtnau.
In das einstige Vorzeigeprojekt ist viel Steuergeld geflossen: Das Land Baden-Württemberg unterstützte es mit 150 000 Euro, die HTG steuerte 100 000 Euro bei, die beteiligten Kommunen noch einmal 75 000 Euro. Sie alle haben ein Interesse daran, dass sich die Investitionen rechnen. Das funktioniert aber nur, wenn die Flotte auch genutzt wird – von Einheimischen ebenso wie von Urlaubern. Letztere nutzen die BMW-Modelle deutlich häufiger: „Die Autos sind jeden Tag im Einsatz“, sagt HTG-Chef Rudolph. „Im Urlaub haben die Leute die Zeit, ein E-Auto einmal in Ruhe zu testen.“ Im Schnitt legten die Mieter zwischen 50 und 80 Kilometer pro Buchung zurück. In acht Jahren habe es nur drei Fälle gegeben, in denen Urlauber wegen eines leeren Akkus liegen geblieben seien.
Einheimische müssen für das E-Carsharing bezahlen
Touristen, die von ihrer Unterkunft eine „Hochschwarzwald Card“ bekommen, können die Fahrzeuge bis zu drei Stunden am Tag kostenlos nutzen. Für Einheimische ist das E-Carsharing hingegen kostenpflichtig. Das oft vorgebrachte Argument, die Gebühren von 6,90 Euro pro Stunde seien zu hoch, lässt Rudolph nicht gelten: Ein eigenes Auto zu betreiben, sei um ein Vielfaches teurer.
Bei einer Testfahrt zeigte sich der Akku ausdauernd: Eine Ladung reichte, um vom Titisee zweimal bis Freiburg und danach zum Feldberg zu fahren. Doch dann gab es Probleme: Erst weigerte sich das Auto, das angeschlossene Ladekabel freizugeben. Später wurde der Ladevorgang wegen eines technischen Fehlers abgebrochen. Auch war das Auto innen wie außen verschmutzt, das Scheibenwischwasser fehlte. Ganz allgemein stellt sich aber noch eine weitere Frage: Ist das E-Carsharing tatsächlich so umweltfreundlich, wie es der Tourismusverband darstellt? Schon heute ist etwa das Parkhaus auf dem Feldberg oft hoffnungslos überfüllt, obwohl ein Bus bis zum Gipfel fährt. Sollte man Feriengäste nicht lieber animieren, komplett auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen? Immerhin können sie diese ebenfalls kostenlos nutzen.
Für Wanderer kann das Angebot durchaus attraktiv sein
Thorsten Rudolph verteidigt das Konzept. „An manche Orte kommt man eben nur schwer mit dem Bus“, sagt Rudolph. Als Beispiel nennt er diverse Wanderparkplätze. „In solchen Fällen ist das elektrische Carsharing eine sinnvolle Ergänzung“, betont Rudolph. Rückendeckung erhält er vom BUND Südlicher Oberrhein. Der Geschäftsführer des Umweltverbands, Stefan Auchter, sieht vor allem einen praktischen Nutzen: „Es könnte bewirken, dass mehr Gäste ihr Auto zu Hause lassen und mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen.“ Darüber hinaus könne es die Akzeptanz von Elektroautos insgesamt erhöhen, wenn man sie im Urlaub erfolgreich testet. Wirklich euphorisch klingt Auchter dabei aber nicht. „Das E-Carsharing tut der Umwelt nichts Gutes“, sagt der BUND-Geschäftsführer. „Aber es richtet immerhin weniger Schaden an.“