Die Frage. wohin die Entwicklung auf den Fildern gehen könnte, wird seit Jahren diskutiert – zuweilen auch sehr emotional. Foto: Thomas Krämer

Auf Einladung der Schutzgemeinschaft Filder wurde in der Filderhalle über die Filderstudie diskutiert. Und das erwartungsgemäß reichlich kontrovers.

Leinfelden - Für Steffen Siegel, den Vorsitzenden der Schutzgemeinschaft Filder, ist die Filderstudie eine „Kriegserklärung an die Vernunft“, Thomas Kiwitt sieht in ihr eine Handreichung, wo auf den Fildern eine Entwicklung möglich ist, und auch den Beginn eines Diskurses. „Eine Planung ist sie nicht“, betonte der Technische Direktor beim Verband Region Stuttgart. Zwischen diesen beiden Polen wurde am Freitagabend in der Filderhalle in Leinfelden über die Studie diskutiert, die vom Kommunalen Arbeitskreis Filder (KAF) und dem Verband Region Stuttgart in Auftrag gegeben worden war und ein Fingerzeig sein soll, wohin die Entwicklung auf den dicht besiedelten Fildern einmal gehen könnte. Grob zusammengefasst sieht sie räumliches Wachstum an den Schienensträngen und vor allem rund um den Flughafen vor. 120 Hektar Fläche würden dort für Gewerbe verbraucht, 83 Hektar für Wohnen in Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen, nannte Schutzgemeinschafts-Vize Wolfgang Berthold in einer Präsentation Zahlen.

Wobei schon allein der Titel der Studie „Überprüfung und Weiterentwicklung der räumlichen Wachstumspotenziale im Filderraum“ von Siegel infrage gestellt wurde. Wilfried Nobel, der als Vertreter des Landesnaturschutzverbands auf dem Podium war, beklagte gar einen Tabubruch und machte das daran fest, dass bis 2006 die Freiraumgestaltung bei den Planungen im Vordergrund stand.

Hochwertigen Filderboden schützen

Nobel stellte – wie andere Vertreter auf dem Podium auch – den für die Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln wichtigen hochwertigen Filderboden – der mit dem Klimawandel relativ gut zurechtkomme – in den Mittelpunkt seiner Argumentation. Diese wenige Dezimeter dicke Schicht sei in der Vergangenheit bei den Planungen nicht genügend berücksichtigt worden. „Es ist Sache der Kommunen, den Boden zu schützen, weil es kein Gesetz dafür gibt“, schlussfolgerte er. Man müsse viel mehr über interkommunale Zusammenarbeit reden. „Die Bürgermeister auf den Fildern wollen das jedoch bekanntlich nicht“, kritisierte der ehemalige Mehrfach-Rat.

„Gibt es einen Mittelweg?“, fragte Moderator Frank Distel, ein ehemaliger Baubürgermeister. „Nein“, sagte Nobel. Siegel sprach von einem „selbst verschuldeten Problem“ und will die Wanderungsbewegungen verändern, da das Gebiet übervoll sei. Noch deutlicher wurde Gastel, der sich eine stärkere Steuerung wünscht. Schließlich gebe es in Deutschland viele Gegenden, in denen nicht viele Menschen sind. Christoph Simpfendörfer, Landwirt und Generalsekretär Demeter International, wünscht sich intelligente neue Wohnlösungen, denn das sei der Kern des Problems. Filderstadts OB Christoph Traub hob auf die Komplexität der Frage ab und gab zu bedenken, dass man die soziale Frage nach Wohnraum beantworten müsse, und sprach von derzeit 251 Anträgen auf Wohnraum in seiner Stadt. Dazu komme der demografische Wandel, die Tatsache, dass die geburtenstarken Jahrgänge in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen und daher nicht nur neue Mitarbeiter, sondern auch Pflegepersonal benötigt würden.

Mehr Verkehr auf die Schiene bringen

Deutlich einiger war man sich beim Thema Mobilität. Zumindest in dem Punkt, dass mehr Verkehr auf die Schiene kommen müsse. S21 und auch die geplante S-Bahnverbindung nach Neuhausen werden unterschiedlich gesehen. Für Nobel ist Neuhausen der einzige Gewinner bei der Verlängerung der S2. „Der Ringschluss wird nicht vor 2050 kommen und eine Milliarde Euro kosten“, prophezeit er. Nach Worten Traubs werde derzeit über Wohlstandsfragen diskutiert. Der Filderstädter OB ist der Ansicht, dass weniger geflogen werden müsse und glaubt, dass man in Deutschland mit drei Flughäfen auskommen könnte.

Bleibt an diesem Abend die Frage nach dem Sinn der Filderstudie, die bei der Diskussion zwar über allem schwebte, auf deren Vorschläge jedoch kaum detaillierter eingegangen wurde. „Mein Gemeinderat wird aus dieser Studie nie eine Alibifunktion ableiten“, entgegnete der Filderstädter Oberbürgermeister und KAF-Vorsitzende einer Befürchtung Siegels, dass sich die kommunalen Gremien bei ihren Entscheidungen hinter dem Papier und seinen Vorschlägen für weiteren Flächenverbrauch verstecken würden. Immerhin: Diese Studie, so Traub, sei ein Schritt zu mehr interkommunaler Zusammenarbeit. Und genau das war an diesem Abend immer wieder gefordert worden.