Brigitte Hüttner und Holger Senn stören die Kaugummiflecken. Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone

Hat der Stuttgarter Marktplatz den falschen Belag, weil er so kurz nach der Sanierung schmutzig ist? So sehen es die Marktbesucher.

Sie wird gerne in der Politik bemüht: die schwäbische Hausfrau. Sie hat den Ruf, gut wirtschaften zu können, nachhaltig mit Budgets umzugehen, weil sie sinnvolle, lang haltende Dinge anschafft. Von Sauberkeit ganz zu schweigen, der Begriff Kehrwoche hat längst in ganz Deutschland die Runde gemacht. Wie also hätte eine schwäbische Hausfrau den Stuttgarter Marktplatz gestaltet? Nach dessen Wasserspielen ist nun der neue Belag in die Diskussion geraten. Die CDU-Fraktion meint, die „starken Verschmutzungen“ nach so kurzer Zeit lägen weniger an Märkten oder Veranstaltungen, sondern eher an dem hellen Belag.

An dem stören sich die allermeisten Besucherinnen und Besucher des Marktes aber nicht. „Wir kommen fast jeden Samstag hierher. Die Bodenplatten sind nicht das Problem, die sind schön“, sagt eine Frau aus Ostfildern, die mit ihrer Enkelin von den Rathaustreppen aus dem Treiben auf dem Marktplatz zuschaut. „Wesentlicher ist doch, dass es nicht mehr so kahl ist – das Wasser ist ein Anfang. Überall wird über die furchtbare Verschotterung der Gärten gesprochen: Nun muss noch mehr Grün dazu, damit sich der Platz nicht so sehr aufheizt.“

Ähnlich sieht es ein junges Stuttgarter Paar, das sich unter den Bäumen vor dem noch eingerüsteten Brunnen sitzt. Der Boden? Kein Ding. Während sich eine ältere Dame nebenan über die Wasserspiele als „bloßes Alibi“ echauffiert, finden sie die zwei prima. „Gut finde ich die Idee der mobilen Bäume, es braucht aber noch mehr Sitzgelegenheiten, auch Gastronomie, die Mischung macht’s“, betont er. Seine Partnerin ergänzt: „Ein Platz muss mit Leben gefüllt sein, dass es da auch mal schmutzig wird, ist klar.“

Belag ist nicht der Knackpunkt

Auch Brigitte Hüttner und Holger Senn, ebenfalls aus der Landeshauptstadt, sehen den Belag nicht als Knackpunkt. „Mich stört aber, dass die Leute ihre Kaugummis einfach auf den Boden werfen, das hat man leider überall“, so der IT-Experte. Sie wünschen sich die drei ‚Bs’: Bank, Bach, Baum. „Für den Schatten“, sagt Brigitte Hüttner. Immerhin sei nun mit dem Cotidiano ein Restaurant mit Außenbereich auf dem Marktplatz. „Die Atmosphäre zählt, Lebendigkeit, südländischer Flair.“ Dazu trügen auch die Wasserspiele bei, wenn sie mal an seien. „Die Kinder haben einen Riesenspaß, das ist toll.“

Kinder sollen im kühlen Nass spielen

Dass der Nachwuchs die Sprudler so gut annimmt, das gefällt auch den Zwillingen Bozana Rock und Szezana Vincic. Kinder müssten auf Plätzen spielen können. „Der Marktplatz ist auf jeden Fall besser als zuvor, als er so kahl war“, so die Versicherungskauffrauen. Auch sie wollen mehr Pflanzen und Cafés. Andere unterstreichen, dass „sich der öde Marktplatz endlich auf den Weg gemacht“ habe. Betont wird immer wieder, dass ein Boden mit der Zeit eben Patina bekäme. „Gereinigt werden muss er sowieso, wie andere Orte auch“, sagen zwei Passanten. Nach dem Weindorf, das am 4. September endet, will die Stadt dem Platz eine Grundreinigung angedeihen lassen. Eine Gruppe Senioren ist sich einig, dass alle, die Kippen oder Kaugummis wegwerfen, ein Bußgeld zahlen müssten. Geahndet werden könnte jeder, der einen Zigarettenstummel auf den Boden wirft, mit 103,50 Euro – 2021 gab es dazu 305 Bußgeldverfahren.