Senkt der Arbeitgeber die Wochenarbeitszeit, haben Arbeitnehmer Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Foto: dpa/Martin Schutt - dpa/Martin Schutt

Wollen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter über die schwierigen Zeiten im Unternehmen halten, können sie Kurzarbeit anordnen. Was bedeutet das für Arbeitnehmer?

Düsseldorf/GüterslohEin Folgeauftrag lässt auf sich warten oder die Branche steckt in der Krise: Das können Gründe sein, weshalb Unternehmen vorübergehend die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit von einem Teil oder von allen Beschäftigten reduzieren. Mit Kurzarbeit wollen Arbeitgeber betriebsbedingte Kündigungen vermeiden. „Im Extremfall kann die Arbeitszeit auf Null reduziert werden“, erklärt Tjark Menssen, Leiter der Rechtsabteilung beim Rechtsschutz des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB).

Wann muss der Arbeitgeber Kurzarbeit ankündigen?

Gesetzliche Ankündigungsfristen seitens des Arbeitgebers, bis wann er die Belegschaft über anstehende Kurzarbeit informieren muss, bestehen nicht. Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen sehen aber in aller Regel entsprechende Regelungen vor. Ist per Arbeitsvertrag das Recht des Unternehmers, Kurzarbeit anzuordnen, vereinbart, darf dies nicht fristlos erfolgen. „Darüber, wie lang die Frist sein muss, gibt es noch keine richterliche Entscheidung“, so Menssen. Tarifvertragliche Ankündigungsfristen bewegen sich zwischen fünf Tagen und einem Monat.

Unter welchen Voraussetzungen wird Kurzarbeitergeld gezahlt?

Bei einer vorübergehenden Senkung ihrer Arbeitszeit haben Beschäftigte Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Das ist eine Leistung, die der Arbeitgeber bei der Bundesagentur für Arbeit beantragt. Der Arbeitgeber muss der Arbeitsagentur im laufenden Monat anzeigen, ob er ab diesem Monat beabsichtigt, in seinem Betrieb reduziert arbeiten zu lassen. „Den Antrag kann er in den nächsten Wochen, spätestens nach drei Monaten, nachreichen“, sagt Susanne Eikemeier von der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg.

„Im Sozialgesetzbuch III ist genau geregelt, unter welchen Voraussetzungen Kurzarbeitergeld gezahlt wird“, erklärt der Gütersloher Fachanwalt für Arbeitsrecht, Johannes Schipp. Danach muss ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegen. Der Ausfall muss vorübergehend und nicht vermeidbar sein. „Pro Monat muss mindestens ein Drittel der Beschäftigten von einem Entgeltausfall von mehr als zehn Prozent ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen sein“, so Schipp.

Wie wirkt sich Kurzarbeit aus?

Kurzarbeit wirkt sich auf die Höhe des Einkommens eines Arbeitnehmers aus. Er verliert für die gesenkte Stundenzahl den Anspruch auf Vergütung. Schipp nennt ein Beispiel: Ein Beschäftigter hat eine 40-Stunden-Woche und arbeitet an fünf Tagen. Der Arbeitgeber führt für ihn vorübergehend eine Viertagewoche ein und senkt dafür die Wochenarbeitszeit. Das bedeutet, dass für 80 Prozent des Einkommens weiter der Arbeitgeber zahlt – für die restlichen 20 Prozent erhält der Kurzarbeiter von der Arbeitsagentur eine Kompensationszahlung. Sie liegt bei 60 Prozent der Nettoentgeltdifferenz, bei 67 Prozent für Arbeitnehmer mit Kindern.

Die Nettoentgeltdifferenz berechnet sich aus der Differenz zwischen dem Netto-Sollentgelt und dem Netto-Istentgelt, dem tatsächlichen Nettoeinkommen bei Kurzarbeit. Um das Kurzarbeiterentgelt zu berechnen, zieht die Arbeitsagentur das Sollentgelt nur bis zur Höhe der aktuellen Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung heran. Tarifliche Regelungen können Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld vorsehen.

Wie lange erhalten Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld?

Die Arbeitsagentur zahlt Kurzarbeitergeld für zwölf Monate. „In Ausnahmefällen kann die maximale Dauer auf bis zu 24 Monate ausgedehnt werden“, erklärt Eikemeier. Wer will, kann sich bei Kurzarbeit einen Nebenjob suchen. Hierbei gilt: Zusatzverdienste erhöhen das bei der Berechnung des Kurzarbeitergeldes zugrunde zu legende Istentgelt. Kurzarbeitergeld ist steuerfrei. Es unterliegt jedoch dem Progressionsvorbehalt, was heißt: Trotz Steuerfreiheit kann es den eigenen Steuersatz erhöhen. Auf das Kurzarbeitergeld fallen Sozialabgaben an. Grundlage hierfür ist ein fiktives Entgelt, das regulär bei 80 Prozent des Bruttoverdienstes liegt. Für die Beiträge kommt der Arbeitgeber auf. Der Beschäftigte zahlt Sozialabgaben für den Teil seines Einkommens, für den er gearbeitet hat.

Wie wirkt sich Kurzarbeit bei Krankheit oder Kündigung aus?

„Zunächst muss geschaut werden, wann der Krankheitsfall eingetreten ist und ob der Arbeitnehmer bereits Krankengeld bekommt“, erklärt Eikemeier. Ist dies der Fall, hat er keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Auch auf Kündigungsfristen wirkt sich Kurzarbeit gegebenenfalls aus: „In manchen Tarifverträgen sind kürzere Kündigungsfristen geregelt, damit Kurzarbeiter den Betrieb schneller verlassen können“, so Menssen.