Der Neidlinger Wasserfall ist ein echter Hingucker. Foto: Dietrich - Dietrich

Ehrung für die Neidlinger Wasserfälle. Sie wurden als Geopoint der Unesco ausgezeichnet.

NeidlingenNach den starken Regenfällen ist der Neidlinger Wasserfall derzeit besonders schön, ein tosendes Abenteuer. Deshalb war der Zeitpunkt zur Einweihung als neuer Unesco-Geopoint bestens gewählt. Er war für alle Teilnehmer so erfreulich, dass sie kaum wieder gehen wollten, unter ihnen der grüne Fraktionsvorsitzende MdL Andreas Schwarz, die Erste Landesbeamtin Marion Leuze-Mohr und der Erste Landesbeamte im Alb-Donau-Kreis und Vorsitzende des Unesco Global Geoparks Schwäbische Alb, Markus Möller. So habe er den Neidlinger Wasserfall noch nie gesehen, sagte der Neidlinger Bürgermeister Klaus Däschler.

Jedes Jahr verliert die Schwäbische Alb rund 100 000 Kubikmeter Kalk. Dieser wird vom Karstwasser fortgespült, das pro Liter im Durchschnitt 250 Milligramm Kalk enthält. Wo dieses Wasser an Quellen wieder an die Oberfläche kommt und wo es an Hindernissen zerstäubt wird, gibt es wieder Kalk ab und es entstehen Tuffpolster. Sie sind mit Moos überzogen und erhöhen nach und nach das Bachbett. Dieser Kalktuff kann im Lauf der Jahrtausende meterdick werden. Der Vorsprung aus Kalktuff, an dem der Neidlinger Wasserfall acht Meter in die Tiefe stürzt, wächst ebenfalls immer weiter.

Viele Attraktionen im Landkreis

Diese Vorgänge werden auf der neuen Schautafel erklärt, die am Neidlinger Wasserfall aufgestellt wurde. Sie bietet auch eine englischsprachige Übersetzung an. Die Tafel erklärt noch ein weiteres Phänomen: Manche Zweige und Blätter sind so stark von Kalk überzogen, dass sie beim zusammendrücken knistern. „Dieses Geotop ist sehr sensibel“, warnt jedoch Iris Bohnacker, Diplom-Geologin beim Geopark Schwäbische Alb. „Man sollte unbedingt auf den Wegen bleiben und nicht über die empfindlichen Moospolster trampeln.“ Denn beim Betreten werden die filigranen Strukturen, die ohnehin sehr langsam wachsen, zerstört. Bis sie sich erholt haben, dauert es sehr lange. Am jüngsten Gestein der Schwäbischen Alb, so Iris Bohnacker, lebten unter anderem Feuersalamander, Köcherfliegenlarven und Bachflohkrebse.

Mittelfristig sollen im Unesco Global Geopark Schwäbische Alb, der sich über zehn Landkreise erstreckt, die einhundert bedeutendsten Geotope als Geopoint ausgewiesen werden, immer zweisprachig. Bisher gibt es 26 Geopoints, der Landkreis Esslingen hat die Nase ganz vorne: Der Neidlinger Wasserfall ist im Landkreis bereits Geopoint Nummer neun. Besonders stolz ist Markus Möller auf die Unesco-Auszeichnung: „Wir wollen sie unbedingt erhalten, sie gibt es weltweit nur 140 Mal.“ Bei der Überprüfung habe die Unesco aber mehr Personal und mehr Öffentlichkeitsarbeit zur Bedingung gemacht, beides werde nun umgesetzt: „Wir haben ab diesem Jahr 100 000 Euro mehr.“ Markus Möller hofft, dass der Geopark in die ständige Förderung des Landes aufgenommen wird.

Andreas Schwarz will dafür tun, was er kann. Bisher gebe es keine Rechtsgrundlage für eine dauerhafte Förderung durch Landesmittel, wie das bei Naturparks und Biosphärengebieten der Fall sei, sagte er. Schwarz freut sich, „dass sich der Geopark besonders für die Umweltbildung stark macht“. Kinder, Jugendliche und Erwachsene könnten dort das geologische, archäologische, kulturhistorische und ökologische Erbe hautnah erleben. „Die Unesco-Anerkennung des Geoparks ist ein großes Pfund, auch für den Tourismus im ländlichen Raum.“

Nur von unten zugänglich

Einen Wermutstropfen hat der neue Geopoint: Derzeit ist der Neidlinger Wasserfall nur von unten her zugänglich, zu Fuß mit einer kräftigen Steigung. Der ebenere Zugang vom Wanderparkplatz an der Kehre der L1200 aus ist seit Längerem wegen Steinschlaggefahr gesperrt. Bürgermeister Klaus Däschler nutzte die Gelegenheit, mit Marion Leuze-Mohr über eine Lösung zu sprechen, denn über eine Freigabe oder Schutzmaßnahmen muss der Landkreis entscheiden. Die gesperrten Wege sind auch für die Neidlinger Landwirte wichtig, die Flächen auf der Albhochfläche bearbeiten. Ist die L1200 gesperrt, bleibt ihnen derzeit – neben einer sehr steilen, nicht für jedes Fahrzeug tauglichen Umfahrung – nur der Umweg über Hepsisau.

Die nächste größere Aktion des Geoparks sind die „Geoparkwochen“ von 8. bis zum 23. Juni. Zum Programm gehören Besichtigungen der Neidlinger Kugelmühle, eine Führung durch den Juramoor-Steinbruch am Naturschutzzentrum Schopflocher Alb, eine Führung durchs Schopflocher Moor und eine Heilpflanzenführung. Weitere Infos unter www.geopark-alb.de.