Von links: Olaf Steinke, Frank Ziehfreund, Jochen Masching und Veit Wager vor dem Verlagshaus der Eßlinger Zeitung. Foto: Rudel - Rudel

Ein Gespräch mit Olaf Steinke, Frank Ziehfreund, Jochen Masching und Veit Wager - „Es wäre wünschenswert, dass alle vier drinbleiben“.

EsslingenEine Mannschaft kam von oben, eine von unten, zwei waren schon da – vier Handball-Teams der Region sind in der am kommenden Wochenende beginnenden Saison der Württembergliga dabei. Die Trainer Jochen Masching von der SG Hegensberg/Liebersbronn, Olaf Steinke vom TSV Deizisau, Veit Wager vom TSV Wolfschlugen und Frank Ziehfreund von der HSG Ostfildern trafen sich kurz vor dem Start in der Redaktion der Eßlinger Zeitung und diskutierten in sehr freundschaftlicher Atmosphäre über die bevorstehende Spielzeit mit ihren vielen Derbys.

Herr Steinke, Sie sind als Trainer neu in der Handball-Region Esslingen. Wie haben Sie sich eingelebt?
Steinke: Ich war ja jetzt lange Zeit in Weinstadt und so weit weg ist das auch nicht. Die Region Esslingen ist mir dementsprechend bekannt. Auch Deizisau verfolge ich schon länger. Frank Ziehfreund kenne ich auch schon von einigen Aufeinandertreffen und seither tauschen wir uns gerne aus. Die Situation in Deizisau ist sehr freundlich, sehr positiv, sehr nach vorne gewandt, auch, wenn wir einige Hürden zu überwinden haben.

Es scheint also nicht nötig zu sein, dass Sie, Herr Wager, ihm ein bisschen von Deizisau erzählen. Sie waren dort ja in der vergangenen Saison für ein paar Spiele Trainer.
Wager: Ich bin wegen meiner Arbeit ja jeden Tag in Deizisau zu finden – aber ich denke, das passt auch so. Steinke: Von den Spielern, die in der vergangenen Saison da waren, sind ja jetzt auch nur noch fünf aktiv. Wir bauen eine komplett neue Mannschaft auf.

Ist das Aufeinandertreffen für Sie trotzdem etwas ganz Besonderes, oder waren die vier Wochen als Interimstrainer in der vergangenen Saison dafür zu kurz?
Wager: Ich kenne natürlich viele in Deizisau und seit meiner Zeit bei der HSG Deizisau/Denkendorf ist die Verbindung nie abgerissen. Aber alle Derbys werden Spaß machen, ob wir jetzt nach Deizisau, nach Ostfildern oder zu Hegensberg/Liebersbronn fahren.

Neu ins Ostfildern und gleichzeitig ein Rückkehrer in die Region sind auch Sie, Herr Ziehfreund – als Aufsteiger dürfte die Württembergliga für Ihre Mannschaft vielleicht die größte Herausforderung sein. Wie gehen Sie das Abenteuer an?
Ziehfreund: Wenn man sieht, welche Mannschaften in den vergangenen Jahren aus der Württembergliga abgestiegen sind, dann hat es selten geklappt, dass die Aufsteiger drin bleiben. Zudem ist die Mannschaft auch nicht so souverän aufgestiegen, es kam am Ende eher überraschend. Wir müssen sehr schnell lernen und uns an das Tempo anpassen – und irgendwie drinbleiben. Das ist schon eine Aufgabe.

Für Sie, Herr Masching, war es eine ungewohnte Situation, mal keinen Aufstieg zu feiern. Sie sind nach dem Durchmarsch aber souverän in der Liga geblieben. Wie geht es jetzt weiter?
Masching: Wir haben den Klassenverbleib geschafft, das war das Ziel. Euphorie und Einsatzwillen sind bei der Mannschaft durchaus noch da. Auch im Umfeld wird unsere Leistung wertgeschätzt, auch wenn wir nicht gleich schon wieder aufgestiegen sind. Das zu erwarten, wäre aber auch sehr vermessen gewesen. Wir haben unser Ziel erreicht, und auch in Zukunft werden unsere Ziele etwas niedriger angesetzt.

Man sagt ja auch: Drinbleiben ist mindestens so schwer wie aufsteigen.
Masching: Für uns intern war der Klassenverbleib ein Erfolg, keine Frage. Wenn man sich die Liga anschaut, wird das unser Ziel bleiben. Es wird eine schwierige Saison.

Als Absteiger wird Deizisau von vielen automatisch als Aufstiegskandidat genannt. Können Sie dem zustimmen, Herr Steinke?
Steinke (entschieden): Nein. Das ergibt sich aus der Situation der Mannschaft. Deizisau hatte in den vergangenen Jahren in der Baden-Württemberg Oberliga hart zu kämpfen und hat in vergangenen Saison unglücklich, aber verdient den Abstieg geschafft – so muss man es sehen. Die Mannschaft hat viele Abgänge. Es gibt fünf spielfähige Spieler aus der vergangenen Saison, die damals aber keine Position im Spielaufbau eingenommen hatten und keine entscheidende Position in der Abwehr – vielleicht mit Ausnahme von Simon Kosak. Dazu haben wir einiges Verletzungspech. Entsprechend schwierig war die Vorbereitung. Ich habe einige, vor allem junge Spieler dazubekommen und gerade in den vergangenen Tagen noch drei neue Jungs. Aber mit ihnen brauchen wir noch Zeit.

Deizisau zählt sich also nicht zum Kreis der Favoriten. Aber bei Wolfschlugen steht auf dem offiziellen Mannschaftsbogen des Vereins als Saisonziel „ganz vorne mitspielen“.
Wager: Wirklich? (die Kollegen lachen laut). Kann ich das noch ändern? Masching: Euer Abteilungsleiter Wolfgang Stoll hat da wahrscheinlich Copy-and-paste vom Bogen des Frauenteams gemacht.

Aber Ihrer Mannschaft kann man schon eine gute Rolle zutrauen.
Wager: Es ist schwierig, das zu prognostizieren. Wir haben ein schweres Auftaktprogramm. Langenau wurde zuletzt Zweiter und wird nicht weniger wollen, Deizisau traue ich viel zu, auch Lauterstein, Schwäbisch Gmünd und Heiningen, Hohenems kennt man nicht so genau, Ostfildern hat mir in den Testspielen auch gut gefallen. Also es gibt sechs bis sieben Mannschaften, die vorne landen können. Wir haben keine schlechte Mannschaft, aber wir mussten viele Spieler integrieren und in vielen Bereichen bei null anfangen. Es ist noch Sand im Getriebe, uns fehlen noch die Routinen.

Wie schätzten die Kollegen die Stärke und den Reiz der Liga ein?
Ziehfreund: Ich war ja einige Jahre in Leonberg-Eltingen in der Nord-Staffel der Württembergliga tätig. Das hier in der Süd-Staffel ist ein sehr ordentliches Niveau – alleine schon, wenn man die Spieler betrachtet, die da rumlaufen. Es ist schon heftig, dass bei der Einteilung drei Absteiger in diese Staffel gekommen sind. Ich glaube, das gab es noch nie. Es gibt viele ambitionierte Mannschaften, und einige, die kämpfen müssen. Das Niveau ist noch mal gestiegen. Masching: Ich sehe es genauso. Es sind ja auch in Ostfildern und Hohenems zwei Mannschaften aufgestiegen, die wesentlich stärker sind als Albstadt und Bad Saulgau, die die Liga verlassen haben. Es wird zwei Tabellenhälften geben. Gerade unter den Mannschaften, die sich nach unten orientieren müssen, wird es sehr ausgeglichen sein. Wir werden definitiv in dieser zweiten Tabellenhälfte sein. Steinke: Ich gehe davon aus, dass Ostfildern eine gute Rolle spielen und sich nach der Akklimatisierungsphase... Ziehfreund: ...dazu muss ich gleich ’was sagen... Steinke: ...eher nach oben als nach unten orientieren wird. Ich sehe die Liga sehr ausgeglichen. Ich stapel überhaupt nicht tief, aber die Gefahr ist groß, da schnell hinten reinzurutschen. Wir haben als Mannschaft noch einen weiten Weg, um eingespielt zu sein. Es sind schon starke Teams in der Liga. Es wird eine ganz spannende Saison und ich glaube, sie wird bis zum Ende spannend sein.

Bitteschön, Herr Ziehfreund.
Ziehfreund: Also, die ganzen Vorschusslorbeeren – wir haben auf dem Papier keine schlechte Mannschaft. Wir hatten zum Beispiel Glück, dass wir Mihailo Durdevic noch dazu bekommen haben, weil er sich beruflich verändert hat. Aber wir werden alles brauchen, um über die lange Saison hinweg zu bestehen und irgendwie drinzubleiben.

Tippen Sie doch bitte das Abschneiden der vier hier vertretenen Mannschaften.
Wager: Soll ich anfangen? Na gut. (Überlegt lange). Ich schätze, dass sich die vier Mannschaften zwischen Platz neun und fünf wiederfinden werden. Da bin ich mir sogar ziemlich sicher. Steinke: Ja, ich hätte uns alle von Platz fünf bis acht aufgereiht. Vielleicht reißt einer nach oben aus – Wolfschlugen zum Beispiel. Ziehfreund: Es ist schwierig, zu sagen. Gegen Deizisau und Wolfschlugen haben wir in der Vorbereitung gespielt. Hegensberg/Liebersbronn kann ich nicht so gut einschätzen – ich glaube, ihr hattet einige Abgänge (schaut Masching an). Es wäre wünschenswert, dass alle vier drinbleiben. Denn es sind tolle Derbys. Wolfschlugen könnte die Überraschungsmannschaft sein – Platz drei mindestens. Masching: Das sehe ich alles auch so. Wir werden um den Klassenverbleib spielen, Wolfschlugen sehe ich auch eher unter den ersten fünf. Für Deizisau wird es wohl eine Saison zum Sich-Finden werden (Steinke nickt heftig).

Das klingt danach, dass es einige Derbys auf Augenhöhe geben wird. Welches ist für Sie das schönste?
Steinke: Ich habe da keine Präferenz. Die spannendste Situation wird sicherlich gegen Wolfschlugen sein. Weil es die stärkste Mannschaft ist und weil die Mannschaft den Trainer kennt. Aber es stimmt: Es wird vorwiegend Spiele auf Augenhöhe geben. Wager: Auch wenn es aus EZ-Land-Sicht vielleicht die falsche Antwort ist: Für mich persönlich ist es das Derby gegen Unterensingen, weil ich gebürtiger Unterensinger bin und viele gute Freunde von mir da spielen. Es wird für meine Jungs auch das knackigste Derby sein, obwohl sie auf alle Bock haben. Fabian Sokele und Tobias Funk als Ex-Wolfschlugener bei Hegensberg/Liebersbronn ist natürlich auch immer eine besondere Geschichte. Auch für die andere Seite. Masching: Stimmt. Man kennt sich gut. In der vergangenen Saison haben wir uns gegen Wolfschlugen gut geschlagen. Ansonsten befinden wir uns im Gegensatz zu den anderen Mannschaften noch nicht so lange in diesen Sphären. Ostfildern hatten wir ja schon in der Landesliga. Ich glaube, wir sind alle froh, dass wir diese sechs Derbys haben. Ziehfreund: Von der Entfernung her ist es Wolfschlugen. Aber wir freuen uns auf alle Derbys. Es gibt auch enge Verbindungen nach Deizisau. Für mich als Esslinger ist Hegensberg/Liebersbronn ein spannendes Spiel.

Wenn Sie sich aus den Mannschaften der Kollegen einen Spieler aussuchen könnten, wen würden Sie nehmen?
Ziehfreund: Fabian Sokele von Hegensberg/Liebersbronn durfte ich beim Team Esslingen schon zwei Jahre lang genießen. Er ist immer noch einer der besten Spieler hier, der passt in jede Mannschaft. Wager: Sokele, Marcel Killat aus Deizisau, Dennis Saur von der HSG. Die verkörpern die Eigenschaften, die ich gebrauchen könnte. Ah ja, und Jochen Masching als Spieler hätte ich auch gerne, der war immer so geschmeidig. Masching: Ich tue mich da echt schwer. So einen Michael Kutschbach aus Wolfschlugen vom Einsatz her, der ist nie falsch. Ziehfreund (nickt): Kutschbach und Samuel Stoll am Kreis. Steinke: Es tut mir leid, ich möchte da gar keinen haben. Ich bin von meinen Jungs wirklich überzeugt und froh, dass wir gerade noch ein paar Spieler dazubekommen haben, damit wir den Start gut hinbekommen. Ziehfreund: Das sind wir ja auch alle.

Das Gespräch führte Sigor Paesler.

Die Saisonprognose von EZ-Sportredakteur Sigor Paesler lesen Sie im Blog " Am Kreis".