Die Laufzeit alter Heizungen neigt sich auch in Filderstadt dem Ende zu. Foto: dpa/Jens Büttner

Die Stadtverwaltung arbeitet an ihrem kommunalen Wärmeplan. In einem Zwischenbericht wurde nun dargelegt, wie bislang im Ort geheizt wird und wo Potenziale für Wärmenetze wären.

Filderstadt bastelt weiter am kommunalen Wärmeplan – weil die Stadt muss, aber auch, weil sie sich in Sachen Klimaschutz ambitionierte Ziele gesteckt hat. Filderstadt will bis 2032 klimaneutral sein. Zum Vergleich: Das Land Baden-Württemberg peilt dies für 2040 an. Wie die Filderstädter heizen und wie Alternativen aussähen, das erfasst seit dem vergangenen Jahr die Firma Endura Kommunal. Die Berater begleiten Gemeinden bei nachhaltigen Energie- und Mobilitätsprojekten.

Was in Filderstadt Sache ist, hat Endura bereits im Herbst vorgestellt. 10 142 Gebäude in der Stadt wurden unter die Lupe genommen, 92 Prozent davon sind privat bewohnt. Der gesamte Wärmebedarf in Filderstadt liegt demnach bei gut 560 Gigawattstunden im Jahr, 63 Prozent davon entfallen auf Privathaushalte. Im Landreis-Vergleich fällt auf, dass in Filderstadt die Privathaushalte einen überproportional hohen Verbrauch haben. Hinzu kommt: Das Gros der Heizungen im Ort ist alt. Endura stützt sich auf Daten der Schornsteinfeger, demnach sind 40 Prozent der Anlagen älter als 15 Jahre, elf Prozent haben sogar 30 Jahre und mehr auf dem Buckel. „Die Hälfte der Heizungen muss in den nächsten zehn bis 15 Jahren ausgetauscht werden“, sagte die Projektleiterin Evelin Glogau jüngst im Technischen Ausschuss. Sprich: Hier steckt ein enormes Potenzial zugunsten der angestrebten Wärmewende, aber auch ein großer Handlungsbedarf.

Vieles ist Zukunftsmusik

Endura hat Eignungsgebiete für Wärmenetze in der Stadt ermittelt. Ihnen wird seitens der Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg bei der Transformation der Wärmewende eine zentrale Rolle beigemessen. Tatsächlich verfügen sie über eine hohe Effizienz des Energiesystems, zudem ermöglichen sie die Integration von erneuerbaren Energiequellen und von Abwärme.

Rein rechnerisch ist laut Endura in der Stadt grundsätzlich einiges möglich. Über Solarthermie auf Dächern könnten in der Theorie 213 Gigawattstunden produziert werden, über oberflächennahe Geothermie sogar 675. Beides wird bislang in Filderstadt gar nicht oder kaum genutzt. Lediglich die Wärmegewinnung über Biomasse wird mit 7,6 Gigawattstunden pro Jahr im relevanten Bereich praktiziert. Knapp 39 Gigawattstunden wären theoretisch drin. Vieles ist Zukunftsmusik, laut Evelin Globau ist am sinnvollsten zu nutzen, was schon vorhanden ist: Abwärme. Drei Firmen haben Auskunft über die jährliche Abwärmemenge gegeben. Demnach könnten rechnerisch allein diese drei Firmen zwei Prozent des Wärmebedarfs in der Stadt decken.

Gemessen an der Wärmedichte und bestehenden Wärmenetzen, der Gebäude- und Siedlungsstruktur, an Neubau- und Sanierungsgebieten, der Platzierung von Ankergebäuden, also von großen institutionellen Einzelverbrauchern, und dem jeweiligen Potenzial einer Anbindung an erneuerbaren Wärme- sowie Abwärmequellen hat das Unternehmen einige besonders priorisierte Gebiete für Wärmenetze ausgemacht. In diesem Bereich sollten kurz- bis mittelfristig Machbarkeitsstudien durchgeführt werden. In Bernhausen ist das, ausgehend vom bestehenden Wärmenetz rund um die Filharmonie, das Gebiet südlich der Echterdinger Straße, in Sielmingen böte sich der nördliche Teil mit Abwärmepotenzial von der Kläranlage an. In Bonlanden könnte das Gewerbegebiet ein Ausgangspunkt sein, in Plattenhardt ebenfalls, dort zudem das Gebiet um die einstige Filderbühne.

Wie geht es weiter?

Wie geht es weiter? In nächsten Schritten sollen die Verbrauchs- und Versorgungszenarien für 2030 und 2040 beleuchtet werden, danach sollen ein Maßnahmenkatalog und eine Wärmewendestrategie erarbeitet werden. Fachgutachten stehen auch noch an. Der Beschluss des kommunalen Wärmeplans ist schließlich fürs vierte Quartal vorgesehen. Evelin Glogaus Hinweis an die Gemeinderäte und die Stadtverwaltung: Bei geplanten Projekten, etwa Neubaugebieten, solle man keinesfalls auf die fertige Wärmeplanung warten, sondern direkt handeln. „Wenn es etwas gibt, dann starten sie.“

Wieso eine kommunale Wärmeplanung?

Klimaschutzgesetz
Die Landesregierung von Baden-Württemberg hat mit der Novellierung des Klimaschutzgesetzes aus dem Jahr 2020 die kommunale Wärmeplanung als verpflichtenden Prozess zur Erreichung der Klimaschutzziele im Wärmebereich festgeschrieben.

Verpflichtung
Stadtkreise und Große Kreisstädte – im Kreis Esslingen sind das neben Filderstadt Esslingen, Nürtingen, Kirchheim, Leinfelden-Echterdingen und Ostfildern – sind demnach verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2023 einen kommunalen Wärmeplan vorzulegen. Ziel ist es, Strategien zur Verwirklichung einer klimaneutralen Wärmeversorgung zu entwickeln. Mit einer weiteren Novellierung des Gesetzes aus dem Oktober 2021 wurde der ursprüngliche Zielhorizont für die klimaneutrale Wärmeversorgung in Baden-Württemberg von 2045 auf 2040 vorgezogen.