Keine Angst vor dem Ligaprimus: Roxana Ioneac (Mitte) trifft auf Bietigheims Maura Visser. Foto: Rudel - Rudel

Ostfildern – Der Ausgang des ungleichen Duells war von vornherein klar: Der ungeschlagene Bundesliga-Tabellenführer SG BBM Bietigheim wird dem Schlusslicht TV Nellingen zeigen, wo der Hammer hängt. Nur wie derbe die Klatsche für die Handballerinnen aus Ostfildern sein würde, war ungewiss. Das 21:36 (10:15) war für TVN-Trainer Pascal Morgant dann „schon hoch“.

Von Karla Schairer
Die Statistik sprach für Nellingen – aber auch nur die: Von den bisher acht Begegnungen beider Teams hatten die Nellingerinnen fünf Spiele für sich entschieden. In der Sporthalle 1 hatten die Bietigheimerinnen noch nie gewonnen. Bis jetzt. Mittlerweile spielen beide Teams in der Bundesliga und in dieser neunten Begegnung wurde auch deutlich, wie weit die Leistungsschere in dieser einen Spielklasse auseinanderklafft.
Im ersten Aufeinandertreffen der beiden ungleichen Teams seit 2013 boten die im Vergleich zu den amazonenhaften Bietigheimerinnen kleinen Nellingerinnen überraschend hartnäckig Widerstand. Nach zehn Minuten stand es 4:4. Aber dann setzten die üblichen Nellinger zehn Minuten ein: Zehn Minuten, in denen die TVN-Spielerinnen alles tun, nur nicht guten Handball spielen. Die Gäste setzten sich ab, wenn auch nicht ganz so weit wie in den Spielen zuletzt. 10:15 zur Pause. Es hätte schlimmer stehen können. Dass es nicht so war, war vor allem den Paraden der starken TVN-Torhüterin Evelien Grob zu verdanken.


Unerschrocken stellten sich die Nellingerinnen auch in der zweiten Hälfte dem übermächtigen Gegner entgegen. Übermächtig im körperlichen und personellen Sinne: Mit drei Torhüterinnen, vier Kreisläuferinnen und zahlreichen Nationalspielerinnen ist der Ligaprimus ausgestattet. Der körperliche Unterschied wurde besonders bei Elisa Stuttfeld deutlich. Die Jugendspielerin war zwei Köpfe kleiner als die von ihr zu deckende Kim Naidzinavicius. Beeindrucken ließen sich die Nellingerinnen nicht. Zu verlieren hatten sie schließlich nichts. Sie zeigten Kampfgeist bis zur letzten Sekunde. Für den Bietigheimer Trainer Martin Albertsen war das zu viel. Er beschwerte sich lautstark über das „unfaire“ Nellinger Spiel, weshalb es eine kurze Aussprache zwischen den Trainern gab. „Vertragt ihr euch jetzt wieder?“, fragte die Bietigheimerin Nina Müller Morgant nach dem Spiel in den Katakomben. „Alles halb so wild“, winkte der ab und prostete sich später mit Albertsen mit einem Bier zu.
„Wir haben Vollgas gegeben mit allen Mitteln, die wir hatten“, sagte Morgant. Sogar Sina Namat spielte von Anfang an trotz einer Sprunggelenksverletzung. Und so war es nur fair, dass Louisa Wolfs Treffer in der 60. Minute zum 21:36-Endstand der letzte Ball im Tor war. Das würdigte auch das Publikum mit Standing Ovations. Es hätten für Morgant zwar mehr als 21 Tore sein können, aber er wirkte längst nicht so verärgert wie nach den vergangenen Partien: „Ich habe immer wieder Lichtblicke gesehen, jede Spielerin hatte ihre guten Aktionen.“ Bietigheim sei in der Breite besser aufgestellt. „Das fehlt uns“, weiß Morgant. „Auf Dauer konnten wir den Beschüssen der guten Spielerinnen keinen Widerstand leisten.“ Doch ganz so sehr unter die Räder wie Ligakonkurrent Bad Wildungen kamen die Nellingerinnen dann doch nicht. Der hatte mit 17:49 gegen Bietigheim verloren.
„Ich habe alles gesehen, von dem ich wusste, dass die Spielerinnen es können“, sagte Morgant. „Wir müssen weiter so mutig Handball spielen.“

Statistik

TV Nellingen: Grob, Bocka; Schoeneberg (1), Wolf (5), Blanke (7/4), Tuc, Ioneac (4), Namat (3), Schraml (1), Stuttfeld, Issifou, Stockhammer, Hagen.
SG BBM Bietigheim: Roch, Salamakha, Wester; Biltoft (1), Visser (5), Yttereng, Lauenroth (5), Mack (2), Nina Müller (6), Schulze (1), Braun, Naidzinavicius (7/1), Hundahl (2), Susann Müller (1), Malestein (3), Anastacio (3).
Schiedsrichter: Brodbeck/Reich (Metzingen).
Zuschauer: 750.
Zeitstrafen: 3:4 – je ein Mal zwei Minuten für Blanke, Ioneac, Namat (Nellingen) und Biltoft, Lauenroth, Mack, Anastacio (Bietigheim).
Beste Spieler: Grob / Nina Müller, Visser.