Dagmar von Münster-Lazi und Ingo Lazi kochen mit großer Leidenschaft. Foto: Gaby Weiß - Gaby Weiß

Zwei ganz unterschiedliche Naturen in der Küche, die sich aber dennoch gut vertragen: Ingo Lazi und seine Ehefrau Dagmar von Münster-Lazi haben Gaby Weiß in ihren Kochtopf lugen lassen.

EsslingenIngo Lazi mag nicht nach Rezepten kochen: „Das hängt vielleicht mit meinem Beruf als Gestalter und Ideenentwickler zusammen. In der Werbung und in den Unterhaltungsmedien wird zu viel kopiert. Das mag ich gar nicht“, sagt der Medien-Profi, der gemeinsam mit seiner Frau Dagmar von Münster-Lazi die Lazi-Akademie für Visuelle Kommunikation führt. Sie dagegen liebt Kochbücher, lässt sich inspirieren, probiert aus und kocht nach Rezept. Gemeinsam verwöhnen die beiden ihre Gäste kulinarisch auf hohem Niveau und ergänzen sich beim gemeinsamen Kochen in ihrer offenen Wohnküche im Esslinger Norden.

In einem weiteren Punkt ist das Ehepaar völlig unterschiedlich: „Ich bin in der Küche ein Chaot“, gibt Ingo Lazi offen zu. „Ein Tsunami ist nichts gegen ihn am Herd“, ergänzt seine Frau lachend. Sie hingegen legt Wert auf Ordnung: „Auch das Vorbereiten muss etwas fürs Auge sein. Das geschnittene Gemüse wird ordentlich in Schälchen hergerichtet, ich brauche Platz zum Arbeiten, und ich räume immer nebenher gleich wieder auf“, erzählt Dagmar von Münster-Lazi.

Ingo Lazi mag es, wenn die Gäste beim Kochen mit anpacken: „Da kommen Brettchen auf den Tisch, da werden Messer verteilt, und dann wird gemeinsam geschnippelt.“ Wenn Dagmar von Münster-Lazi kocht, kommt ihr Mann oft aus dem Büro vorbei: „Mit schnuppernder Nase fragt er dann: ‚Was machst Du da?‘ Er probiert und rät: ‚Da gehört noch das rein und vielleicht noch das.‘ Und dann entsteht sehr oft etwas völlig Neues.“ Manchmal verbietet sie ihm aber auch strikt, sich abschmeckend in ihre Kreationen einzumischen, und es fällt ihm äußerst schwer, sich an dieses Verbot zu halten. Beim Essen wird intensiv diskutiert: „Wir können genießen, aber wir sind auch kritisch, und oft fallen uns dann Variationen ein, die wir beim nächsten Mal ausprobieren möchten“, erzählt Dagmar von Münster-Lazi. Ingo Lazi, der seine Art zu kochen als „sehr einfach, nicht gekünstelt und ohne Rezept“ beschreibt, liebt gutes Essen, durchaus auch mal Sterneküche, aber er mag deren hypermodernes Chichi auf dem Teller nicht: „Es muss um den Geschmack gehen, nicht ums Design. Ich mag keine gemalten Muster auf dem Teller. Es muss nur appetitlich angerichtet sein.“

Weil Familie Lazi wichtig ist, dass sich die rund 150 angehenden Film-, Medien-, Foto-, Grafik- und Kommunikations-Designer an der Akademie zu einem moderaten Preis ordentlich ernähren können, unterstützen sie das akademieeigene Bistro auch finanziell: Dort kocht seit über 30 Jahren die Sizilianerin Maria Bondi jeden Tag für Studierende und Mitarbeiter. Privat wird im Hause Lazi unter der Woche einfach, schnell und passend zur Jahreszeit gekocht. Am Wochenende stehen beide dann aber mit großer Leidenschaft und manchmal auch über Stunden hinweg am Herd.

Ingo Lazi hat sich seine Küchen-Kenntnisse übers Ausprobieren, Improvisieren und Abgucken angeeignet. „Ich habe keine Technik, vermutlich würde jeder Koch die Hände überm Kopf zusammenschlagen“, weiß er. „Und wenn ich für eine Lasagne eine Sauce Béchamel brauche, dann sage ich Dagmar, dass ich jetzt eine Sauce Béchamel brauche“, gesteht er grinsend. Dagmar von Münster-Lazi hat zuhause bei ihrer Mutter vieles gelernt: „Meine Schwester und ich mussten in der Küche mithelfen. Und wir durften die verrücktesten, kompliziertesten Torten backen.“ In den ersten Jahren ihrer Beziehung habe immer ihr Mann gekocht. Lachend erinnert sie sich, wie er sie kurz nach dem Kennenlernen vor 37 Jahren mit seinem alten VW-Bus in Berlin besuchte. „Er wusste, dass unser WG-Kühlschrank immer leergefuttert war. Da hat er einen halben Käseladen leergekauft und mitgebracht. So ist Ingo - fürsorglich, großzügig und immer aus dem Vollen schöpfend.“ Wobei er bis heute immer zu viel einkauft: „Ich schieße im Supermarkt gerne übers Ziel hinaus“, gesteht er. Übrig bleibt im Hause Lazi freilich nichts. Zum einen finden sich immer mehrere Leute am Tisch ein, sobald es heißt: „Es gibt Essen.“ Zum anderen wird vieles auf Vorrat eingefroren. Und außerdem liebt die Familie die Resteküche: „Man kann aus dem kleinsten Rest immer noch etwas zaubern“, weiß Ingo Lazi.

Beide können berührende Geschichten über das Essen erzählen. Wie er jahrelang dem Geschmack einer Bolognese-Soße nachgespürt hat, die er als Kind beim Urlaub mit seiner Mutter in Rimini gegessen hatte. Wie sie vom Pfitzauf mit Vanillesauce als kulinarische Erinnerung an ihre Kindheit schwärmt. Wie er das Rezept für den weihnachtlichen Rehrücken seiner Oma handgeschrieben aufbewahrt und wie ihm beim Gedanken an Omas Grießbrei mit Granatapfelsirup das Wasser im Mund zusammenläuft.

Einmal im Monat, immer donnerstags, treffen sich die beiden mit ihren Nachbarn: „Bei diesem ‚Menu Jeudi‘ kochen wir immer abwechselnd auf hohem Niveau und nur Dinge, die wir vorher noch nie gekocht haben“, erklärt Ingo Lazi. Seit 2011 gibt’s diesen Brauch, einmal im Jahr darf ein externer Gast mit dazu kommen: „Unsere Freunde stehen Schlange.“ Als sie dieses Menü einmal an den Bodensee verlegt hatten, stellten sie eine Kamera auf und übertrugen eine Live-Sendung aus der Küche für ihre Freunde: „Die saßen zuhause an ihren Computern und haben uns über Stunden beim Kochen zugeguckt“, erinnert sich Dagmar von Münster-Lazi.

Mit diesem Beitrag endet die Serie „Was kocht ...?“, in der die EZ bekannten Esslingern beim Kochen über die Schultergeschaut hat.

Ingo Lazis Rezept für Kretzer mit Estragon-Sauce

„Das Rezept ist peinlich einfach“, entschuldigt sich Ingo Lazi, „aber alle lieben es“. Er bestreut geschälte und gegarte kleine Kartoffeln mit einem halben Teelöffel Semmelbrösel, brät sie in einer Eisenpfanne mit Butter ganz leicht an und gibt eine Prise grob gemahlenen Pfeffer darüber. Wer keinen Kretzer, auch Egli oder Flussbarsch genannt, oder Bodenseefelchen bekommt, kann jeden Süßwasserfisch, also etwa auch Zander oder Saibling, auf diese Art zubereiten. Die Fischfilets legt Ingo Lazi auf ein Brett, salzt sie und bestreut sie mit einer Prise Semmelbröseln: „Nicht panieren, nur ganz wenig Brösel. Das gibt ein kleines bisschen Biss.“ Dann erhitzt er ordentlich Butter in einer Pfanne und brät die Fischfilets mit der hellen Seite nach unten an. Anschließend werden sie auf der Hautseite noch ein wenig gebrutzelt, bis sie innen weich und außen kross sind. Er bestreut die fertigen Filets mit ein wenig grob gemahlenem Pfeffer und stellt sie kurz zur Seite. Er lässt ein Stück Butter in der Fischpfanne schmelzen, fügt getrockneten Estragon hinzu und röstet Mandelblättchen kurz darin an. Wenn diese leicht gebräunt sind, löscht er mit Weißwein, den er hinterher zum Essen serviert, ab und fügt flüssige süße Sahne hinzu. Je nach Geschmack salzt er diese Sauce, würzt mit ein wenig grob gemahlenem Pfeffer und eventuell mit etwas Knoblauch. Diese Sauce lässt er blubbernd etwas einkochen, und man serviert sie zu Fisch, Kartoffeln und einem Glas Weißwein.