Der Blitzer auf der A 8 beim Flughafen wurde demontiert – dagegen herrscht nun Hochbetrieb bei Leonberg. Foto: PPfotodesign/Peter-Michael Pets - PPfotodesign/Peter-Michael Petsch

Weihnachtsgeschenk für eilige Autofahrer auf der A 8. Die Blitzer beim Flughafen wurden demontiert. Doch die Freude darüber dürfte von begrenzter Dauer sein.

StuttgartManchmal geht es ziemlich abenteuerlich auf diesem Abschnitt der A 8 zu: Da ist ein 35-jähriger Mercedes-Fahrer, der am helllichten Sonntagmittag aus dem geöffneten Fenster mit einer Schreckschusspistole auf andere Verkehrsteilnehmer feuert. Oder ein unbekannter Autofahrer, dem es die Plane samt Metallbolzen vom Anhänger weht, der dann aber flüchtet, als es hinter ihm zum Unfall kommt. Von ihm fehlt auch nach Wochen jede Spur. Und nun sind auch noch die Blitzkästen spurlos verschwunden, die seit sechs Jahren die Schnellfahrer in Fahrtrichtung Karlsruhe auf Höhe des Flughafens ins Visier genommen haben.

Waren Diebe am Werk? Oder haben die Autobahnblitzer womöglich ihre Existenzberechtigung verloren, weil es auf diesem Streckenabschnitt selten Unfälle gibt und sich alle brav an die Geschwindigkeitsvorgaben halten? Keineswegs: Bis Mitte Dezember dürften knapp 90 000 Temposünder erwischt worden sein. Warum fehlt die Anlage dennoch? „Der Grund für den Abbau ist die neue geplante Eisenbahnstrecke, die dort die A 8 kreuzen wird“, heißt es beim Regierungspräsidium. Mit anderen Worten: Die Blitzer stehen dem Bahnprojekt Stuttgart 21 im Weg. Vor wenigen Tagen wurden sie demontiert – sozusagen ein Weihnachtsgeschenk für Autofahrer, die Tempolimits auf der Autobahn leicht und gerne mal übersehen.

Unter den vier Autobahnblitzern, die auf der A 8 zwischen Plieningen und Leonberg aktiv sind, liegt die Anlage in diesem Jahr auf Platz zwei. Bis Ende November hat die Zentrale Bußgeldstelle des Landes knapp 50 000 Bußgeldverfahren in Gang gesetzt. Das bedeutet, dass bei einem statistischen Schnitt von 30 Euro pro Sündenfall insgesamt 1,5 Millionen Euro eingenommen wurden. Das ist sogar noch bescheiden. Im Jahr 2014, im ersten vollen Jahr nach der Installation im Mai 2013, waren noch mehr als 100 000 Verstöße geahndet worden, mit mehr als drei Millionen Euro Bußgeldern. Wie dem auch sei: Zehntausende potenzielle Sünder werden in den kommenden Monaten ungeblitzt bleiben.

Die meisten Sünder werden derzeit freilich an anderer Stelle erwischt – nämlich kurz vor der Ausfahrt Stuttgart-Möhringen in Fahrtrichtung München. Knapp 203 000 Temposünder wurden dort bis Ende November geblitzt. Letztlich bestraft wurden dabei etwa 133 000 Schnellfahrer, was dem Land vier Millionen Euro in die Kasse bringt.

Die Strecke ist durchaus unfallträchtig: Vom Kreuz Stuttgart geht es talwärts Richtung München – und immer wieder gibt es Unfälle beim Fahrstreifenwechsel oder durch zu dichtes Auffahren. Allein im November gab es zwei spektakuläre Unfälle, bei denen sich die Verursacher einfach aus dem Staub machten. Sie hatten den Fahrstreifen gewechselt und den nachfolgenden Verkehr zum Ausweichen gezwungen. Eine Autofahrerin kam mit leichten Verletzungen davon, die Opfer müssen ihren Schaden von knapp 15 000 Euro schließlich selbst regulieren.

Die höchste Unfallgefahr jedoch gibt es auf dem vierspurigen Abschnitt zwischen dem Kreuz Stuttgart und dem Dreieck Leonberg – mit mehr als 150 000 Fahrzeugen täglich einer der meist befahrenen Autobahnabschnitte. „Auf diesem Abschnitt bei Leonberg muss mit mäßiger Geschwindigkeit gefahren werden, damit es im Verflechtungsbereich zu keinen Gefahrensituationen kommt“, erläutert Polizeisprecher Peter Widenhorn. Lange Zeit konnte die „mäßige Geschwindigkeit“ aber nicht überwacht werden – die Blitzer waren während des Ausbaus der Autobahn demontiert worden. Das hat sich seit Mitte September geändert:

Die Blitzer sind mittlerweile an einer anderer Stelle wieder aktiv – etwa 700 Meter Richtung Leonberg versetzt. „Hochgerechnet auf ein Jahr dürften die Treffer auf dieser Strecke etwas über den früheren Werten liegen“, erklärt Karl-Heinz Klenk, Leiter der Zentralen Bußgeldstelle in Karlsruhe. In nicht einmal drei Monaten hat die Anlage fast schon so viele Fahrzeuge geblitzt wie die Starenkästen bei Leonberg-Ost in Gegenrichtung in einem ganzen Jahr. Die neuen Blitzer haben jetzt schon immerhin 1,3 Millionen Euro an Bußgeldern eingefahren.

Von wegen Weihnachtsgeschenk. Auch die Freude über die fehlenden Blitzer am Flughafen dürfte begrenzt sein. „Der Wiederaufbau dieser Messstelle wurde bereits beauftragt“, sagt Patricia Meyer, Sprecherin des Polizeipräsidiums Technik, Logistik, Service. Wie auch in Leonberg sollen die Blitzer nicht aufgegeben, sondern lediglich versetzt werden. Geplant ist ein neuer Standort auf Höhe der Anschlussstelle Stuttgart-Degerloch. „Mit der Inbetriebnahme“, erläutert Patricia Meyer, „wird im Spätsommer des kommenden Jahres gerechnet.“ Im Herbst drohen dann neue Blitzlichtgewitter.