Vielen alten Menschen wird der Lieferdienst zu teuer. In der Folge streicht die Diakoniestation in Marbach (Kreis Ludwigsburg) das Angebot „Essen auf Rädern“. Der DRK-Kreisverband schreibt rote Zahlen.
Das Angebot „Essen auf Rädern“ der Diakoniestation Marbach hat 17 Jahre lang alte und pflegebedürftige Menschen in Marbach und Umgebung täglich ein warmes Mittagessen ermöglicht. Jetzt jedoch müssen sich die Kunden umorientieren. Die Diakoniestation schafft das Angebot zum 30. September ab. Die Geschäftsführung nennt die hohen Kostensteigerungen in den vergangenen Jahren als Hauptgrund.
Blickt man auf die Speisekarte im Internet, sieht man ein breites Angebot. Zwei Rinderfrikadellen mit Bratensoße, Apfelrotkohl und Kartoffelpüree gibt es unter anderem ebenso für 11,07 Euro wie Schnitzel mit Schaschliksoße und Spiralnudeln oder Apfelmilchreis mit Zimt. Für viele Kunden ist das aber ein zu hoher Preis – auch wenn darin die Fahrt nach Marbach, Affalterbach, Benningen oder dem Marbacher Stadtteil Rielingshausen inbegriffen ist.
Benneweg: „Wir hätten ‚Essen auf Rädern’ gerne weitergemacht“
Die Geschäftsführerin Ann-Kathrin Benneweg beklagt den höheren Einkaufspreis beim bisherigen Essenslieferanten. „Wir haben bis zum Ukraine-Krieg 7,50 Euro verlangt, mussten dann aber drei bis vier Preiserhöhungen hinnehmen, die wir an unsere Kunden weitergeben mussten.“ Eigene Kostensteigerungen habe die Diakoniestation aus Rücksicht nicht weitergegeben. Das könne aber nicht so weitergehen, da andere Bereiche des ambulanten Dienstes darunter nicht leiden dürften. „Es ist schade, wir hätten gerne weitergemacht“, sagt Benneweg.
Noch während der Corona-Pandemie war die Nachfrage nach „Essen auf Rädern“ gestiegen, berichtet die Geschäftsführerin. In den Pandemiejahren lieferte die Diakoniestation täglich rund 50 Essen aus. Wegen der Preiserhöhungen seien jedoch viele Kunden wieder abgesprungen. Es gebe Unternehmen, die ihr Essen für unter zehn Euro anlieferten. Weil die Diakoniestation nur noch etwa 20 Kunden belieferten, sei das nicht mehr rentabel.
Im Regen stehen lasse man die alten Menschen aber nicht, versichert Ann-Kathrin Benneweg. „Wir vermitteln andere Anbieter und haben für einen schonenden Übergang bis zum 30. September gesorgt.“ Den Pool von fünf Rentnern, die das Essen bisher ausfahren, könne man aber nicht erhalten. Schade findet die Geschäftsführerin auch, dass sich „Essen auf Rädern“ nicht mehr als Türöffner für andere Pflegeangebote der Diakoniestation nutzen lasse. „Viele haben später unsere Leistungen eingekauft, weil sie gute Erfahrungen mit dem Lieferdienst gesammelt hatten.“
Im Bottwartal bieten Metzgereien und Bäckereien Gerichte an
Wenige Kilometer entfernt von Murr aus betreut die Diakoniestation Bottwartal Ältere und Pflegebedürftige in Erdmannhausen, Murr, Steinheim und Oberstenfeld. Auf ein Essensangebot verzichtet der Anbieter. „Wir beraten unsere Kunden aber bei der Suche“, erklärt Petra Weber, die Hauswirtschaftsleiterin der Diakoniestation. Es gebe Metzgereien und Bäckereien mit Angeboten, die meistens Ortsansässige nutzten. Die Abholung erfolge in der Regel auf privater Basis und nicht über Lieferdienste.
Von den Teuerungen ist auch der Kreisverband des Roten Kreuzes in Ludwigsburg betroffen. „Wir mussten unsere Preise am 1. Januar 2024 um 15 Prozent anpassen“, sagt der DRK-Pressesprecher Steffen Schassberger. Kunden habe man aber dadurch nicht verloren. Mit 80 Kunden im ganzen Landkreis, einem Fahrzeug und drei Mitarbeitern sei das DRK der größte Anbieter.
Das Rote Kreuz liefert sein Essen den 80 Kunden wochenweise an
Im Unterschied zur täglichen Anlieferung beliefert das Rote Kreuz seine Kunden montags bis donnerstags nur im Wochenrhythmus . „Wir haben nur Tiefkühlessen, das in der Mikrowelle zubereitet wird“, erklärt Steffen Schassberger. Der Karton mit sieben Menüs kostet 60,73 Euro. Die Bevorratung habe Vorteile: „Die Kunden können essen, wann sie möchten und müssen nicht täglich bei der Anlieferung anwesend sein.“
Eine staatliche Förderung für die Essensanlieferer gebe es nicht, berichtet der DRK-Sprecher weiter. „Der Geschäftszweig ist wie jedes Wirtschaftsunternehmen zu betrachten.“ Auch der DRK-Kreisverband prüfe das Angebot regelmäßig und hinterfrage, ob er die bestehenden Defizite weiter tragen wolle, „oder ob auch wir das Angebot einstellen“. Essen auf Rädern sei kein Geschäftszweig, mit dem man Geld verdienen könne, sondern ein „Draufzahlgeschäft“. Die roten Zahlen seien allerdings vertretbar. „Wir sehen den Mehrwert für unsere Kunden mit einer zusätzlichen Leistung.“ Das DRK biete vor allem Lösungen für den Hausnotruf und mobile soziale Dienste an. Kreisweit versorge man auf diese Weise rund 2000 Menschen.