Computerarbeit kann wegen der zunehmenden Fülle an Aufgaben sehr belastend sein. Foto: imago images//Thomas Trutschel

Der DGB-Index Gute Arbeit 2022 zeigt auf: Digitale Technik belastet in der Wahrnehmung der Beschäftigten den Arbeitsalltag mehr, als ihn zu entlasten. Die Befragung liefert handfeste Gründe.

Für die tägliche Arbeit ist die Digitalisierung Fluch und Segen zugleich – so sehr sie vieles vereinfacht und Möglichkeiten schafft, so stark fühlen sich Beschäftigte zunehmend unter Druck gesetzt, wie die Beschäftigtenbefragung Index Gute Arbeit 2022 des Gewerkschaftsbundes zeigt.

DGB-Chefin Yasmin Fahimi spricht von einem „Alarmsignal“. Die Potenziale würden viel zu wenig genutzt. „Digitalisierung sollte Erleichterung sein, statt Beschäftigte zu belasten, Stress zu erzeugen und so das Risiko für psychische Erkrankungen zu erhöhen.“

Größere Arbeitsmenge und mehr Multitasking

Digitale Technik lässt sich – vor allem nach dem Modernisierungsschub infolge der Coronapandemie – nicht mehr wegdenken: 83 Prozent der Beschäftigten nutzen bei ihrer Arbeit digitale Arbeitsmittel – am häufigsten verbreitet ist die digitale Kommunikation (79 Prozent). Immerhin ein Fünftel arbeitet mit Künstlicher Intelligenz.

Je höher die Qualifikationsanforderungen und je größer das Unternehmen, desto häufiger wird mit digitalen Instrumenten gearbeitet. Allerdings werden diese der Umfrage zufolge selten so eingesetzt, dass sie Arbeit erleichtern. Denn nicht einmal zehn Prozent der digitalisiert Tätigen nehmen eine Entlastung wahr – aber 40 Prozent fühlen sich stärker belastet, etwa die Hälfte sieht keine Veränderung. Für jeden Zweiten bedeutet die Digitalisierung, dass eine größere Arbeitsmenge bewältigt werden muss. Und 46 Prozent geben an, dass durch Multitasking die Anforderungen gewachsen sind.

Die Gesundheit vernachlässigt?

Dies deutet aus Sicht des DGB auf ein Grundproblem hin: dass beim Einsatz neuer Technologien das Interesse der Beschäftigten an gesundheitsgerechten Arbeitsbedingungen häufig vernachlässigt wird. Negativ wirkt sich auch die stärkere Fremdbestimmung aus. Wenn vernetzte Geräte, elektronische Termin- oder Routenplaner und andere algorithmische Systeme das Tempo vorgeben, kann selbstbestimmte Arbeitsgestaltung auf der Strecke bleiben. Mehr als 40 Prozent der Befragten geben an, dass die Technik ihr Arbeitstempo in sehr hohem (12) oder hohem Maße (32) diktiert.

Viele Beschäftigte fühlen sich überwacht

Ein brisanter Punkt sind ferner die Überwachungsmöglichkeiten: Immerhin jeder dritte digitalisiert Arbeitende sieht die eigene Leistung stärker überwacht, wobei dieser Anteil gegenüber der letzten Schwerpunktbefragung zur Digitalisierung im Jahr 2016 zurückgegangen ist. Die erweiterten Möglichkeiten, Verhalten und Leistung zu kontrollieren, werden demnach noch in vielen Betrieben genutzt, um Daten über das Verhalten und die Arbeitsleistung zu sammeln, vermutet der DGB. Um „gläserne Beschäftigte“ zu vermeiden, bräuchte es betriebliche Regelungen für einen wirksamen Datenschutz. Von solchen Betriebs- oder Dienstvereinbarungen berichtet allerdings nur jeder Fünfte. Ein Drittel weiß nicht, ob es eine betriebliche Regelung gibt.

Für die repräsentative Erhebung wurden bundesweit 6689 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aller Branchen befragt.