Bundestrainer Hansi Flick hatte dieses Mal ein gutes Händchen und belebte das Spiel mit der Einwechslung von Leroy Sané. Foto: imago/Uwe Kraft

Der Auftritt der deutsche Nationalmannschaft gegen Spanien weckte neue Zuversicht. Allzu euphorisch sollte die Flick-Elf aber vor dem abschließenden Gruppenspiel gegen Costa Rica nicht sein.

Aufatmen im deutschen Lager. Nach dem packenden und über weite Strecken hochklassigen 1:1 (0:0) gegen Spanien hat die DFB-Auswahl gute Chancen auf den Einzug ins Achtelfinale – mal ein Sieg gegen Costa Rica am Donnerstag und keinen spanischen Ausrutscher gegen Japan im Parallelspiel vorausgesetzt. Die Erleichterung war spürbar im DFB-Tross. Die Leistung gegen die Passmaschine aus Spanien dient als Mutmacher. Für Euphorie jedoch besteht kein Grund.

Was war gut? Vor allem der Auftritt nach der Pause. Da presste die Elf von Bundestrainer Hansi Flick mutig, verlagerte das Geschehen in die Hälfte des Gegners. Die Abstände zwischen den Mannschaftsteilen waren klein, das Team agierte kompakt. „Da haben uns die Deutschen ihr Spiel aufgezwungen“, bestätigte Spaniens Coach Luis Enrique. Klasse war auch die Reaktion nach dem 0:1. Niemand ließ sich hängen, im Gegenteil. Die Spieler forcierten noch mal das Tempo. Und, ganz wichtig: Bei den Einwechslungen hatte der Bundestrainer diesmal ein richtig gutes Händchen. Leroy Sané belebte sofort das deutsche Spiel, machte es mit Tempo und Dribblings unberechenbarer. Tja, und Mittelstürmer Niclas Füllkrug zeigte, wie man erzwungene Chancen humorlos verwertet. Das war top. Das gilt auch für die Einstellung und den Teamgeist gegen Spanien. „Wenn ich sehe, wie die Bank mitgefiebert hat und wir alle abgegangen sind – das ist es, was wir brauchen“, sagte Mittelfeldspieler Ilkay Gündogan.

Auch Co-Trainer Danny Röhl lobte den Zusammenhalt. „Wir haben gezeigt, dass wir eine Einheit sind“, sagte er. Ins selbe Horn blies der physisch enorm präsente Leon Goretzka, der Dutzende Zweikämpfe bestritten und in der Schlussphase mit einem furchtlosen Tackling einen Konter der Spanier gestoppt hatte. Nach dem Abpfiff sagte er: „Wir haben unsere Zweikämpfe abgefeiert. Wenn ein David Raum einen abgegrätscht hat, dann war die Bank da, dann waren wir da.“

Was war schlecht? In der Anfangsphase liefen Flicks Jungs ihren technisch so beschlagenen Gegenspielern häufig hinterher. Hatte man mal die Kugel, war sie zu schnell wieder weg. „Wir waren nach der Japan-Niederlage etwas verunsichert“, räumte Ilkay Gündogan ein. Kopfzerbrechen bereitet nach wie vor das Defensivverhalten, zumindest in einigen Situationen. Die deutsche Abwehr ist nicht eingespielt und immer für Aussetzer gut. Die rechte Außenbahn bleibt eine Baustelle. Thilo Kehrer sah dort nicht immer gut aus. Niklas Süle durfte diesmal als Innenverteidiger ran, machte seine Sache eigentlich gut, kam beim Gegentor allerdings zu spät, konnte den Torschützen Alvaro Morata nicht entscheiden stören. Alles in allem kommt die DFB-Elf einer Wundertüte gleich. Alles bei dieser Mannschaft ist möglich. Verlass ist hingegen auf Antonio Rüdiger. Der Ex-VfB-Profi ist der klare Chef in der Defensive. An ihm können sich die Mitspieler aufrichten.

Ist jetzt alles gut? Auf keinen Fall. Deutschland ist nach zwei Spielen nur Gruppenletzter, ein Weiterkommen keinesfalls sicher. Zu sicher sollte sich niemand sein. Wir erinnern uns: Bei der WM 2018 in Russland hat die DFB-Auswahl ihr erstes Spiel gegen Mexiko verloren, gewann dann das zweite Match gegen Schweden dank eines Last-minute-Treffers von Toni Kroos. Im letzten Gruppenspiel gab es ein überraschendes 0:2 gegen Südkorea und lange Gesichter. Deutschland war raus.

„Ich hoffe, dass bei allen die Erkenntnis da ist, dass es nur so funktionieren kann, egal welche Qualität man im Kader hat“, sagte Leon Goretzka nach dem Spanien-Spiel. Auch der Bundestrainer warnte: „Wir haben erst einen Schritt gemacht, wir müssen den nächsten noch machen gegen Costa Rica – und das ist unser Ziel.“