Vorbildliche Haltung kombiniert mit einem losen Mundwerk: Das sind auch im hohen Alter Prinz Philips Markenzeichen. Foto: dpa/Yui Mok

Früher beschwerte er sich schon mal über seine Nebenrolle. Doch Prinz Philip spielt bei den Royals nur formal die zweite Geige: Er gilt als wichtigster Ratgeber der Königin. Nun feiert er mit ihr bei einem Lunch seinen 99. Geburtstag.

Stuttgart - „No fuzz“, also keine Umstände – so lautet angeblich das Geburtstagsmotto von Prinz Philip. Dazu passt, dass es an diesem Mittwoch zu seinem 99. nur ein kleines Mittagessen mit seiner Ehefrau Königin Elizabeth II. geben wird. Vielleicht zur Feier des Tages endlich mal mit Hausmannskost statt „mit dem üblichen Schnickschnack“, wie der Prinz mal über den royalen Speiseplan grummelte. „Keine Umstände“ scheint bei Philip, offiziell Herzog von Edinburgh, aber in allen Lebenslagen zu gelten. Was auch durch seine Rolle begründet ist: Seit mehr als 70 Jahren lässt er der Queen den Vortritt und geht – wie es das höfische Protokoll verlangt – zwei Schritte hinter ihr.

„Nichts als eine Amöbe“

Dabei stand Philip einst eine große Militär-Karriere bevor, er soll sogar als Oberbefehlshaber der Royal Navy im Gespräch gewesen sein. Stattdessen wurde er Prinzgemahl. Sicher nicht einfach für einen selbstbewussten, abenteuerlustigen jungen Mann. Einem Palastbeamten beschied er schon kurz nach der Hochzeit mit Elizabeth im Jahr 1947: „Ich bin nichts als eine verdammte Amöbe bei Hof.“ Damals wurmte ihn wohl, dass er seinen Familiennamen Mountbatten aus Staatsräson nicht an seine Kinder weitergeben durfte. Dennoch ließ sich Philip nicht unterkriegen. Und anders als etwa sein Kollege Prinz Henrik, Gemahl der dänischen Königin Margrethe, fand er seine Nischen.

Philip gilt als Ratgeber der Queen

Während Henrik schmollte und bis zu seinem Tod im Jahr 2018 mit dem „undankbaren Job“ öffentlich haderte, scheint Philip über den Dingen zu stehen: nicht im Schatten der Queen, sondern ihr zur Seite. Er gilt als wichtigster Ratgeber, als ihr Fels in der Brandung. Seine Markenzeichen sind eiserne Disziplin gepaart mit viel schwarzem Humor und einem wohltuend losen Mundwerk. Längst ist er für seine markigen, zuweilen politisch unkorrekten Sprüche bekannt. Womit er bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand vor drei Jahren maßgeblich zum Unterhaltungswert der Royals beitrug.

Zwar bezeichnet er sich selbst augenzwinkernd als den „weltweit erfahrensten Gedenktafelenthüller“ – und er hat in der Tat viele enthüllt, etwa 1969 in Kanada mit den Worten: „Hiermit eröffne ich dieses Ding, was auch immer es ist.“ Doch 1997 lobte die Queen ihren Mann bei den Feierlichkeiten zur goldenen Hochzeit in den höchsten Tönen: „Wir gehen oft meine Reden durch. Wie Sie sich vorstellen können, sagt er mir unverblümt seine Meinung.“ Er höre nicht gern Komplimente. „Aber er ist in all den Jahren meine Stärke und meine Stütze gewesen.“ Fast jede ihrer Ansprachen beginnt sie mit „Mein Ehemann und ich . . .“ – wohl auch, um den Gatten zu würdigen, was das Volk inzwischen nicht mehr belustigt, sondern gerührt zur Kenntnis nimmt. Glaubt man Philips Biografen Gyles Brandreth, trägt die Queen zwar die Krone, „aber er hat die Hosen an“. Nach Angaben von Martin Charteris, bis 1977 Privatsekretär der Königin, ist er zudem „der einzige auf der Welt, der sie einfach wie einen normalen Menschen behandelt“ – und angeblich gern mit Kosenamen wie „Sausage“ (Würstchen) neckt.

In seiner Familie wimmelt es von Deutschen

Klar ist: Schon mit 13 verliebte sich Elizabeth in den schmucken Marine-Soldaten. Was bei ihren Eltern nicht auf Begeisterung stieß. Philip kam zwar am 10. Juni 1921 hochadelig als Prinz von Griechenland und Dänemark auf der Insel Korfu zur Welt. Außerdem ist er ein Cousin dritten Grades der Queen und wie sie ein Ururenkel der britischen Königin Victoria. Doch zum einen war er arm, zum anderen wimmelt es in seiner Familie von Deutschen. Väterlicherseits entstammt er dem Haus Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg, mütterlicherseits dem Haus Battenberg. Ein Ausschlusskriterium im zweiten Weltkrieg.

Die damalige Thronfolgerin ließ sich nicht abbringen, heute sind die beiden seit fast 73 Jahren verheiratet – skandalfrei und glücklich, wie beide betonen. Sofern Prinz Philip Affären hatte, wie die Boulevardpresse immer mal wieder vermutet, hat er sich nicht erwischen lassen. Er selbst sagt dazu: „Wie hätte ich das anstellen sollen? Mir folgt Tag und Nacht ein Sicherheitsbeamter.“

Verbrieft ist, dass sich Philip in der Königsfamilie wohl fühlte, dass ihm der enge Zusammenhalt gefiel. Vermutlich weil seine Kindheit und Jugend von familiären Probleme geprägt war: Exil, Trennung der Eltern, Affären des Vaters, psychische Probleme der Mutter. Von der Verwandtschaft wurde er in Internate abgeschoben. Ein Jahr verbrachte er auf Schloss Salem am Bodensee, weshalb er fließend Deutsch spricht.

Spuren des Alters zeigen sich

Ob er selbst seinen vier Kindern ein guter Vater war? Sein Sohn Charles zumindest beschrieb ihn mal als „hart und einschüchternd“. Eine Biografin nannte es: diszipliniert, ohne Selbstmitleid. Und so absolvierte Philip mehr als 22 000 Solo-Termine im Auftrag der Krone, hielt 5496 Reden und hatte mehr als 800 Schirmherrschaften inne, bis er sich 2017 in den Ruhestand verabschiedete. Seitdem machen sich Spuren des Alters bei dem kantigen Royal bemerkbar: Herzprobleme, Blasenentzündungen, ein neues Hüftgelenk. Da er stets sportlich war – segeln, fliegen, Polo und Pferdekutschenrennen waren seine Leidenschaften –, konnte er bisher sämtlichen Widrigkeiten trotzen. Und seinem Ruf als „eiserner Herzog“ macht er auch mit 99 noch alle Ehre.