Nur bei der EM ausnahmsweise geduldet ist die Deutschlandflagge mit Bundesadler. Foto: Frank Rodenhausen

Deutschland ist im EM-Fieber, auch der Rems-Murr-Kreis ist in Schwarz-Rot-Gold geschmückt. Doch welche Regeln gibt es rund um das Thema Flaggen in Deutschland? Auf Antwortensuche im deutschen Behördendschungel.

Wenn auch vielleicht (noch) nicht in dem Ausmaß wie beim Sommermärchen anno 2006, so ist doch auch die aktuelle Fußball-EM für zahlreiche Menschen Anlass, ihren Nationalstolz sichtbar zu machen. Balkone werden beflaggt, haushohe Fahnenmasten im Vorgarten einbetoniert, ganze Motorhauben in Schwarz-Rot-Gold eingekleidet.

So mancher fühlt sich gestört

Mancher hingegen stört sich an der geballten Deutschtümelei. In den sogenannten sozialen Medien wird das zurzeit mitunter heiß diskutiert. In Winnenden etwa, so wird kolportiert, soll sich ein Mann derart durch das Hissen einer Deutschlandfahne gestört fühlt haben, dass er Anzeige beim Ordnungsamt erstattete.

Aber was ist beim Flaggezeigen eigentlich erlaubt und was nicht? Schon bei der Frage, wer eigentlich kompetent Auskunft geben kann über Ge- und Missbrauch jenes Objektes, das derzeit so omnipräsent ist, stößt man auf Schwierigkeiten. Welche Regeln muss man sich da auf die Fahne schreiben?

Regel Nummer eins scheint zu sein, dass sich dafür keine deutsche Behörde wirklich zuständig fühlt. Beim Landratsamt ist man gerne bereit, über die Kreisflagge und das dazugehörige Wappen detaillierte Auskunft zu geben. Für die Kontrolle von Bundesflaggen hingegen sei hingegen eher die jeweilige Ortspolizeibehörde gefragt.

Der Staatsschutz oder doch besser das Landratsamt?

Doch auch die Städte und Kommunen sehen sich, was Flaggen angeht, nur teilweise in der Verantwortung. Für verfassungsrechtliche Fragen sei man nicht zuständig, heißt es etwa auf Anfrage bei der Stadt Backnang, dafür wende man sich besser an den „Staatsschutz“. Unklar bleibt, welche Behörde genau damit gemeint sein soll. Beim Landeskriminalamt erhält man in diesem Zusammenhang jedenfalls einen Korb.

Deutschlandflagge im Vorgarten ist kein Problem

Auch das Staatsministerium Baden-Württemberg befindet sich in puncto Flagge-Etiketten als falscher Ansprechpartner. Allerdings gibt es dort dankenswerterweise den entscheidenden Hinweis, wo der zu finden sein könnte – im Bundesministerium des Innern (BMI).

Grundsätzlich gelte, dass jeder die deutsche Flagge in ihrer bekanntesten Form – also in Schwarz-Rot-Gold gestreift ohne weitere Symbole – benutzen dürfe, gibt ein BMI-Sprecher endlich Entwarnung. Das Hissen einer Deutschlandflagge im eigenen Vorgarten sei also problemlos möglich.

Verunglimpfung ist strafbar

Natürlich gilt das aber nicht uneingeschränkt. Wichtig sei natürlich, so der Sprecher weiter, dass die Flagge nicht verunglimpft werde. Schließlich sei sie ein staatliches Symbol. Wer das nicht berücksichtigt, kann laut Artikel 90a des Strafgesetzbuchs dafür mit einer Geldbuße oder gar einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft werden.

Für Flaggen anderer Länder gibt es hingegen keine Regeln. Privatpersonen und Firmen können ihren Sympathien für Italien, die Niederlande oder Kroatien freien Lauf lassen. Auch bei der Frage nach der Maximalanzahl an Flaggen, mit der man sein Haus oder Auto schmücken kann, gibt es keine klaren Vorgaben.

Der Ministeriumssprecher weist allerdings darauf hin, dass dabei keine anderen Regeln oder Gesetze gebrochen werden dürfen. Wer also zum Beispiel sein Auto mit Deutschlandflaggen dekoriert, darf dadurch nicht die Verkehrssicherheit gefährden. Auch seitens der Stadt Backnang wird betont, dass die Anzahl der Flaggen keine Rolle spiele – solange diese sicher befestigt seien.

Ausnahmesituation Europameisterschaft

Komplizierter wird es, wenn es um Deutschlandflaggen mit bestimmten Symbolen geht. Eine Variante, die besonders zu öffentlichen Anlässen häufig zu sehen ist, ist die Bundesdienstflagge. Dabei handelt es sich um die Deutschlandflagge mit dem Bundesschild, welches den Bundesadler zeigt, mittig darauf platziert.

Diese Flagge darf von Privatpersonen nicht einfach so verwendet werden. Sie ist den verschiedenen Behörden des Bundes, wie etwa dem Bundeskanzleramt oder dem Bundespräsidenten, vorbehalten. Das gilt zumindest normalerweise, denn in Ausnahmesituationen wird diesbezüglich großzügig ein Auge zugedrückt. Der Ministeriumssprecher: „Während der laufenden Fußball-EM wird die EM-bezogene Verwendung von Deutschlandflaggen mit Bundesadler ausnahmsweise geduldet, um dem während dieser Zeit besonders gesteigerten Identifikationsbedürfnis Rechnung zu tragen.“

Viele Verstöße in anderen Zusammenhängen

In Deutschland werden die Regeln bezüglich Flaggen allerdings vor allem in anderen Zusammenhängen durchaus immer wieder verletzt. In den vergangenen beiden Jahren lag die Zahl der Verstöße laut dem BMI im mittleren zweistelligen Bereich. Schuldig macht sich unter anderem, wer Flaggen mit Kennzeichen terroristischer oder verfassungswidriger Organisationen benutzt. Das bekannteste Beispiel hierfür ist wohl die Fahne der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei, auf der das Hakenkreuz zu sehen ist.

Insgesamt ist die Anzahl an Regeln zu Flaggen überschaubar. Zumindest während der vier Wochen des fußballbedingten Ausnahmezustands können wohl selbst wir ordnungsverliebten Deutschen etwas entspannen und hier und da ein Auge zudrücken. Und falls es doch einmal zu Unklarheiten kommen sollte, ist nun zumindest geklärt, wo man am besten nachfragt.