Ein Ausschnitt aus Eric Schaals Porträt von Albert Einstein Foto: Eric Schaal/Weidle-Verlag, Bonn

Der vor den Nazis geflohene Eric Schaal fotografierte in den USA Prominente – und besonders gerne andere Exilanten. Nun steht sein fotografischer Nachlass online.

Stuttgart - „Der beste Jahrgang deutscher Reben ließ vor der Ernte so sein Leben“, schrieb der deutsche Schriftsteller Walter Mehring einst zur Jahreswende 1940/41 im französischen Exil in einem Erinnerungsgedicht an Kollegen, die von den Nazis ermordet oder zu Tode gehetzt wurden. Manchen Namen, den er da aufzählt, kennt der nicht berufsmäßig Lesende vielleicht noch, manchen nicht mehr. Der Gang ins Exil hat für viele das Vergessenwerden beschleunigt. Künstler verließen ihren Wirkungsraum und fanden nicht unbedingt einen neuen. Und auch diejenigen, die wieder auf die Beine kamen, mussten mit einer ganz neuen Unsicherheit leben. Einer, der wusste, dass hier etwas dringend erinnert, erforscht, festgehalten werden musste, war der Fotograf Eric Schaal.

Schaal, 1905 in München geboren und jüdischer Herkunft, war 1936 selbst vor den Nazis in die USA geflohen. Er fand zunächst Arbeit bei der Fotoagentur „Pix“, ab 1941 lieferte er dann Bilder für die damals wichtigsten illustrierten Magazine der USA, für „Time“ und „Life“. Wann immer es ging, nahm Schaal dabei die Gelegenheit wahr, auch deutsche Exilanten zu fotografieren, die von den Nazis vertriebene Elite eines besseren Deutschland: rund 2500 Aufnahmen von 229 Persönlichkeiten sind erhalten.

Lob von Thomas Mann

Das Exilarchiv der Deutschen Nationalbibliothek hütet diese Schätze nicht nur, es hat sie erschlossen, digitalisiert und stellt sie nun online zur Verfügung – mit Genehmigung des Weidle Verlags, der die Rechte am Werk des nach Europa zurückgekehrten und 1994 in der Schweiz verstorbenen Eric Schaal hält. Thomas Mann und Arnold Schönberg, Alfred Döblin und Lion Feuchtwanger sind hier zu finden, aber auch Tania Blixen, Charlie Chaplin und Salvador Dali. Der oft fotografierte Thomas Mann befand kurzerhand, Schaals Porträts von ihm seien die besten.

Die Seite bei der Nationalbibliothek ist nicht optisch als Magazin aufgemacht, als Blogbeitrag oder als online-Diashow, es ist eine ganz nüchterne Archivbestandstabelle mit Links. Man muss auch zunächst einen einzelnen Eintrag aufrufen, dann auf der neuen Registerkarte unten den Link „Medium öffnen“ wählen. Manche an die Designwettbewerbe im Internet Gewöhnten mögen das zunächst bedauern, aber die Bilder selbst sind die kleine Mühe wert. Wer es komfortabler und klassischer haben möchte: Beim Weidle Verlag ist der von der Stiftung Buchkunst prämierte Fotoband „Eric Schaal, Photographer“ erschienen (118 Seiten, 44 Euro).