Wohin in Zukunft mit Erdaushub und Bauschutt? Die Anlieferung an die Deponie Froschgraben ist endlich. Foto: Werner Kuhnle

Der Verband Region Stuttgart will bei der Suche nach einem Erddeponie-Standort umfassender vorgehen als die AVL im gescheiterten ersten Suchlauf.

Die Suche nach einer Erddeponie im Speckgürtel um Stuttgart tritt in eine neue Phase. Der Verband Region Stuttgart (VRS) sammelt derzeit Daten über die Abfallströme zu den Erddeponien der Abfallverwertungsgesellschaft Ludwigsburg (AVL). Erst auf Grundlage dieser Erkenntnisse will der Verband mit den Landkreisen in Gespräche über einen regionsweiten Suchlauf treten und bis Ende des Jahres den Modus klären.

Warum ist die Suche schwierig?

Ursprünglich suchte die AVL im Landkreis Ludwigsburg eine Nachfolge für die Deponie Froschgraben in Schwieberdingen. In einem ersten Suchlauf fokussierte die Abfallgesellschaft Standorte einerseits in Großbottwar und andererseits in Hemmingen. In beiden Kommunen baute sich jedoch im vergangenen Herbst eine Front der Ablehnung auf. Es zeigte sich: Die AVL nimmt auf ihren Erddeponien Froschgraben sowie auf dem Burghof in Vaihingen-Horrheim nicht nur Erdaushub und Bauschutt aus dem Landkreis Ludwigsburg an, sondern nahezu zur Hälfte auch aus anderen Landesteilen Baden-Württembergs. Das löste Unverständnis darüber aus, dass ausgerechnet im bevölkerungsreichen Landkreis Ludwigsburg nun schon wieder eine neue Deponie entstehen sollte.

Wie weit ist der VRS mit seiner Suche?

Angesichts des Widerstands zog der Landrat Dietmar Allgaier, zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der AVL, die Reißleine und verhängte ein Moratorium, also einen vorläufigen Stopp der Suche im Landkreis Ludwigsburg. Er vereinbarte im Dezember mit dem VRS, dass sich der Regionalverband in einem regionsweiten Suchlauf um eine neue Deponie kümmern solle. Gespräche mit den Landkreisen Ludwigsburg, Rems-Murr, Esslingen, Böblingen und Göppingen habe er bisher noch nicht geführt, berichtet Jürgen Wurmthaler, Wirtschaftsdirektor des VRS. „Wir brauchen vor allem verlässliche Daten darüber, wo sich Schwerpunkte der Abfallentstehung befinden.“ Es sei wichtig, eine gründliche Vorarbeit zu leisten, so Wurmthaler – das habe die Diskussion über die möglichen Standorte Hemmingen und Großbottwar gezeigt.

Wie steht es um die bisherigen Kandidaten Grobottwar und Hemmingen?

Völlig ausschließen will Wurmthaler nicht, dass die beiden AVL-Favoriten doch noch zu Deponiestandorten werden. „Wir nehmen keinen aufs Korn, aber wir machen auch um niemanden einen Bogen.“ Natürlich wolle keine Kommune eine Deponie vor der Haustüre haben. Es gebe aber auch eine Entsorgungspflicht der einzelnen Landkreise. Von den Daten der AVL erhoffe er sich Aufschlüsse darüber, welche Mengen der unterschiedlichen Deponieklassen 0, 1 oder 2 unter Umständen in bestehende Deponien der einzelnen Landkreise integriert werden könnten. „Es ist wichtig, dass wir wissen, was in welcher Weise wo verwertet oder deponiert werden kann.“

Wie sehr drängt die Zeit?

Ewig Zeit hat Wurmthaler nicht. Er ist überrascht worden, weil der Landkreis Ludwigsburg das Recht hätte, nach Auslaufen des Vertrages mit dem VRS im Jahr 2024 kein Deponieabfall aus der übrigen Region Stuttgart mehr anzunehmen. Die Deponie Froschgraben in Schwieberdingen sollte eigentlich binnen der nächsten zehn Jahre gefüllt werden. Die Standortgemeinde fordert ein möglichst baldiges Betriebsende.

Könnte der Froschgraben länger laufen?

Zuletzt hatte sich die Kreis-SPD höhere Preise für Deponie-Abfälle im Froschgraben vorgeschlagen. Damit würde es für die Bauwirtschaft weniger lukrativ, dort große Mengen anzuliefern – die Deponie würde sich langsamer füllen und könnte länger betrieben werden. Darauf hatte auch der BUND-Kreisvorsitzende Stefan Flaig in einem offenen Brief an Landrat Dietmar Allgaier hingewiesen und gefordert, die Vorgaben des Kreislaufwirtschaftsgesetzes stärker zu beachten. Wirtschaftsdirektor Wurmthaler warnt jedoch davor, die Wirtschaft mit einer solchen Preispolitik zu bremsen und Bauwillige mit höheren Kosten zu belasten: „Sanierungen von alten Häusern würden teurer, außerdem würden Abfälle unter Umständen Wege nehmen, wie wir sie nicht wollen.“

Was sagt Großbottwar zum Suchlauf?

Nach wie vor schockiert ist der Großbottwarer Bürgermeister Ralf Zimmermann über das bisherige Vorgehen der AVL. „Wenn jetzt erst Daten vom Verband Region Stuttgart angefordert werden, zeigt das, wie planlos das bisherige Vorgehen ohne eine ausreichende Datengrundlage war.“ Das Bottwartal eigne sich nicht für eine Deponie. Die Bevölkerung könne sich dazu bei einer Unterschriftensammlung bis Ostern äußern. „Wir haben bisher eine enorme Resonanz in den Geschäften von Beilstein bis Steinheim erfahren.“ Die Bevölkerung im Bottwartal werde sich weiter wehren.

Wie ist die Haltung von Hemmingen?

In Habacht-Stellung bleiben will weiterhin der Hemminger Bürgermeister Thomas Schäfer, wenn es um das Thema Erddeponie geht. „Wir haben von der AVL nichts mehr gehört, seit der Landrat das Moratorium verkündet hat.“ Zuletzt habe sich ein Aktionsbündnis formiert, das den Raum zwischen Heimerdingen, Eberdingen, Hochdorf und Hemmingen verteidigen will. „Der westliche Landkreis Ludwigsburg hat mit den Deponien in Schwieberdingen und Horrheim sein Soll erfüllt.“ Es sei nicht nachvollziehbar, wenn bester Acker auf Dauer verloren gehe, aber Waldflächen für sakrosankt erklärt würden, wo ganze Baumarten wegen des Klimawandels verloren gingen.

Welche Daten braucht der Verband Region Stuttgart?

Abfallströme
 Die AVL stellt für den VRS Daten über Abfallmengen zusammen, die der kreiseigenen Abfallgesellschaft schon vorlägen, teilt die AVL mit. Es gehe nur darum, sie übersichtlich zusammenzustellen. Bauschutt und Boden würden je nach Deponieklasse getrennt aufgeführt. Die AVL gebe an, aus welchen Landkreisen sie stammen.

Andere Deponien
 Aussagen über die Abfallströme will die AVL erst treffen, wenn sie die Zusammenstellung für den VRS abgeschlossen hat. Zwar hat die AVL die Entsorgungspflicht für Deponieabfälle der Region Stuttgart im Jahr 2000 für den VRS übernommen, doch könnten solche Abfälle auch andernorts entsorgt werden. Daher müssten die anderen Landkreise der Region auch die Mengen ihrer Deponien vorlegen.