Seine Fans feiern Novak Djokovic, als er am Hotel abgeholt wird. Foto: dpa/Mark Baker

Ein Gericht gibt dem Einspruch von Novak Djokovic gegen die Verweigerung der Einreise nach Australien statt. Die Familie und die Fans des Tennisstars feiern – doch das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.

Stuttgart - Das Szenario, das sich auf der improvisierten Pressekonferenz in Belgrad vor laufenden Kameras abspielte, es hätte jeder Telenovela zur Ehre gereicht. Die Hauptrollen besetzten dabei die Eheleute Dijana und Srdjan Djokovic, die Eltern des aktuell besten Tennisspielers Novak Djokovic, sowie dessen jüngerer Bruder Djordje. Gemeinsam mit einem Onkel lag sich das Trio am Ende der Veranstaltung im Restaurant Novak auf dem Podium in den Armen – und sang das populäre Lied „Ein Land, ein Team“, in dem es im Refrain heißt: „Ich komme aus Serbien – und werde es nie verlassen.“

Novak Djokovic entgeht zunächst der Abschiebung

Zu feiern gab es am Montagnachmittag Ortszeit für die Familie das, was Djordje Djokovic einen „Sieg für die Freiheit der Wahl“ nannte. Schließlich hatte der Djokovic-Clan vom anderen Ende der Welt mächtig Rückenwind erhalten, hatte nach Auffassung der Familie „die Gerechtigkeit gesiegt“. Denn in Melbourne hatte Richter Anthony Kelly nur Stunden zuvor dem Einspruch des Tennisstars gegen die Verweigerung seiner Einreise nach Australien stattgegeben.

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Bereits am vergangenen Mittwochabend (Ortszeit) war der 34-Jährige am Flughafen von Melbourne festgesetzt und später für sechs Tage in ein Hotel zur Vorbereitung einer möglichen Abschiebung gebracht worden. Denn er konnte aus Sicht der Behörden bei der Einreise nicht die nötigen Dokumente vorlegen, auch ohne Corona-Impfung per medizinischer Ausnahmeregelung einreisen zu dürfen. Inzwischen liegen den Australiern ärztliche Papiere vor, die eine Corona-Infektion Djokovic’ am 16. Dezember 2021 sowie mehrere negative Tests nur wenige Tage später belegen.

Zweite Corona-Infektion Djokovic’ gilt als belegt

Somit, so die Anwälte des Tennisspielers, gelte ihr Mandant als genesen und dürfe per Ausnahmegenehmigung einreisen. Unklar bleibt allerdings weiterhin, wann der Serbe den Antrag hierzu gestellt haben will. Denn der eigentliche Stichtag, der 10. Dezember 2021, liegt vor seiner Corona-Infektion, die im Fall von Novak Djokovic bereits die zweite nach der vom Sommer 2020 ist.

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Zudem gibt es weitere Ungereimtheiten in der Causa Djokovic. So hatte der 20-fache Grand-Slam-Sieger am 16. Dezember 2021, dem Tag seines positiven PCR-Tests, und auch wenig später noch diverse öffentliche Termine wahrgenommen, unter anderem zeigen ihn Fotos ohne Maske mit Kindern. Doch als eine deutsche TV-Reporterin die Familie des Weltranglistenersten, der die Australian Open bereits neunmal gewonnen hat, im Restaurant Novak auf diesen heiklen Umstand anspricht, erklärt Djordje Djokovic die Pressekonferenz kurzerhand für „vertagt“ – und bereitet der Fragerunde für die Journalisten so ein abruptes Ende.

Quasi zeitgleich zum Presseauftritt von Belgrad postete Novak Djokovic auf Twitter dann ein Bild von seinem ersten Training, das ihn gegen Mitternacht australischer Zeit an der Seite von Trainer Goran Ivanisevic in der Rod-Laver-Arena zeigt. „Ich bin zufrieden und dankbar, dass der Richter die Annullierung meines Visums zurückgenommen hat. Ungeachtet allem, was passiert ist, will ich bleiben und versuchen zu spielen“, schrieb Djokovic dazu. „Das ist es, worauf ich fokussiert bleibe. Ich bin hierhergeflogen, um bei einem der bedeutendsten Events, das wir haben, vor den tollen Fans zu spielen“, erklärte der 34-Jährige, der mit einem Turniererfolg im Melbourne-Park zum Grand-Slam-Rekordsieger emporsteigen könnte.

Novak Djokovic droht erneuter Entzug des Visums

Allerdings hat Djokovic mit dem Gerichtsurteil vom Montag zwar den ersten Satz für sich entschieden – doch in seinem Duell mit den Behörden in Down Under noch nicht das gesamte Match. Schließlich kann der australische Einwanderungsminister Alex Hawke dem Tennisprofi das Visum erneut entziehen. Zunächst machte Hawke von diesem Recht jedoch keinen Gebrauch, er kann dies allerdings in den nächsten Tagen bis zum Turnierbeginn am Montag kommender Woche noch tun. „Der Minister beschäftigt sich derzeit mit dem Fall, und dieser Prozess läuft noch“, sagte ein Sprecher von Hawke. Vor dem Gerichtsurteil hatte die Regierung im Falle einer Aufhebung der Einreiseverweigerung bereits angekündigt, dem Serben das Visum dennoch vorzuenthalten.

Doch bis auf Weiteres kann sich Djokovic, der seinen Pass zurückerhielt, frei im Land bewegen. Auf die Unterstützung seiner Fans konnte sich der Tennisstar auch auf den Straßen von Melbourne verlassen. Vor dem Gebäude in der Collins Street im Zentrum der Stadt, in dem sich Djokovic mit seinen Anwälten zu der online durchgeführten Gerichtsversammlung eingefunden hatte, spielten sich nach der Urteilsverkündung zum Teil chaotische Szenen ab. Tausende Anhänger von Djokovic waren mit Serbien-Flaggen gekommen, die Polizei setzte daher zwischenzeitlich sogar Pfefferspray ein.