Simon Morzé im Film „Der Fuchs“, der am Montag Deutschland-Premiere im Scala in Ludwigsburg feiert. Foto: /Alamodefilm

Ein Soldat im Zweiten Weltkrieg liebt seinen Fuchswelpen: Die wahre Geschichte geht zu Herzen, die am 13. April in 80 deutschen Kinos startet. Vor der Premiere in Ludwigsburg sprachen wir mit Regisseur Adrian Goiginger über seinen aufwühlenden Antikriegsfilm.

Der Krieg war lange Zeit weit weg von den Deutschen. Die meisten wollten sich nicht mehr damit befassen. Doch an bewaffneten Konflikten und am Größenwahn von Aggressoren kommt keiner mehr vorbei – das Sterben beunruhigt die Welt. Auch beim glamourösen Hollywood-Event des Jahres war der Krieg ein beherrschendes Thema. Das deutsche Historiendrama „Im Westen nichts Neues“ hat vier Oscars gewonnen.

Jetzt kommt noch ein Antikriegsfilm in die deutschen Kinos, der sich deutlich ruhiger mit einem traurigen Kapitel der europäischen Geschichte befasst, aber mindestens so aufwühlend und emotional tiefgehend. „Der Fuchs“, von der Stuttgarter Firma Giganten Film mitproduziert und von der MfG Baden-Württemberg mitfinanziert, will zeigen, wie ein Soldat im Zweiten Weltkrieg durch die Freundschaft zu einem Fuchswelpen den Glauben an die Liebe findet. Wir sprachen mit dem 32-jährigen Regisseur und Autor Adrian Goiginger über die Entstehung dieses außergewöhnlichen Films und über die Dreharbeiten mit Wildtieren.

Sein Urgroßvater ist 2017 kurz vor dem 100. Geburtstag gestorben

Für die Deutschland-Premiere am Montag, 3. April, 20 Uhr, hat sich der Österreicher Goiginger das Scala in Ludwigsburg ausgesucht, weil er hier an der Filmhochschule Baden-Württemberg studiert hat. In dieser Filmstadt lernte er den Schauspieler Gerrit Klein kennen, mit dem er die Giganten-Firma gegründet hat. Sein fast zweistündiger Film „Der Fuchs“ erzählt die wahre Geschichte seines Urgroßvaters Franz Streitberger, der 2017 kurz vor dem 100. Geburtstag gestorben ist. Während in vielen anderen Familien Kriegsteilnehmer nur ungern über ihre traurigen und oft traumatischen Erlebnisse in jungen Jahren als Soldat sprechen, war es Franz Streitberger nach langem Schweigen ein Bedürfnis, dem Urenkel alles anzuvertrauen. „Ich war 14, als ich diese unglaubliche Geschichte hörte“, sagt Adrian Goiginger am Telefon aus Wien, wo er gerade die Komödie „Voodoo Jürgens“ dreht. Zur Deutschland-Premiere reist der 32-Jährige in seine einstige Wahl-Heimat Ludwigsburg.

Der Urgroßvater wächst mit zwölf Geschwistern in einem Bergdorf in Österreich auf. Seine Eltern sind so arm, dass sie nicht alle Kinder ernähren können. Deshalb übergeben sie ihren jüngsten Sohn, den Franz, Mitte der 1920er an einen Großbauern, der ihn zum Knecht macht und ihn wie einen Kindersklaven hart schuften lässt. Als Franz volljährig wird, haut er ab und geht zur deutschen Wehrmacht. Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich 1938 sind bis Kriegsende 1945 etwa 1,3 Millionen Männer der Alpenrepublik als Soldaten im Auftrage Hitlers eingezogen worden.

Der sensible junge Franz kommt mit den anderen Soldaten nicht klar und bleibt lieber für sich. 1940 wird die Kompanie in den Krieg nach Frankreich geschickt. Franz findet als Motorradkurier der Armee zufällig einen verletzten Fuchswelpen, dessen Mutter in einer Falle gestorben ist. Er nimmt das kleine, niedliche Tierlein auf und pflegt es gesund. „Dies löst Gefühle in ihm aus, die er vor langer Zeit sehr tief in sich verschlossen hat“, erklärt Adrian Goiginger. Die Eltern hatten ihn verstoßen, das traktiert ihn sein ganzes Leben.

Sechs Füchse wirken bei den Dreharbeiten mit

Gedreht hat der Regisseur mit insgesamt sechs Füchsen, mit zwei erwachsenen Tieren und vier Welpen, die von zwei Tiertrainern an ihre Filmaufgaben herangeführt wurden. Dabei sind Szenen entstanden, die unter die Haut gehen. Die Liebe von Mensch und Tier lässt den Schrecken des Kriegs für schöne Augenblicke vergessen. Der Film war in Österreich ein „kommerzieller Erfolg“, worüber sich Goiginger sehr freut. Jetzt hofft er, „dass wir mit diesem Schwung auch die deutschen Kinobesucher berühren können“. Erneut bringt der 32-jährige Österreicher eine Geschichte seiner Familie auf die Leinwand. Sein erster Spielfilm „Die beste aller Welten“ ist eine Liebeserklärung an seine heroinabhängige Mutter. Beim Fuchs geht es zurück in die jungen Jahren seines Urgroßvaters – zurück in den Zweiten Weltkrieg. Szenen von der Front sind enthalten, die sehr aufwendig gedreht worden sind. „Den ganzen Wahnsinn zeigen wir aber nur kurz und intensiv“, sagt Goiginger – anders als bei „Im Westen nichts Neues“, wo die Kämpfe in ihrer Brutalität ausführlich dargestellt werden.

Ein eindringlicher, äußerst emotionaler Appell gegen den Krieg

Warum sich deutschsprachige Filmemacher verstärkt mit unrühmlichen Kapiteln der Geschichte befassen? „Weil es wichtig ist, dass die Gefahren des Krieges nicht in Vergessenheit geraten“, antwortet Adrian Goiginger. „Und es ist wichtig, dass diese Filme gut gemacht sind, um möglichst viele Menschen anzusprechen.“

Mit berührenden Einzelschicksalen lasse sich viel besser aufzeigen, was den Schrecken des Militärs ausmacht, als mit den nüchternen Zahlen von Opfern. „In einem Krieg stecken immer viele menschliche Tragödien“, sagt der Regisseur. „Der Fuchs“ ist also ein eindringlicher, äußert emotionaler Appell, alles zu tun, damit Kriege keine Chance haben oder dass sie rasch beendet werden. Ein Welpe soll Großes bewirken.