37 Minuten benötigte der Franzose Louis Bleriot, um mit seinem Eindecker am 25. Juli 1909 von Calais nach Dover zu fliegen. Was heute ein Katzensprung ist, war zu damaliger Zeit eine fliegerische Pionierleistung.
Seine Flugzeuge wurden weltberühmt, seine spektakulären Rekorde sicherten ihm ganze Kapitel in Frankreichs Geschichtsbüchern. Ein Rekordflug aber machte Louis Bleriot viele Jahre lang zum populärsten Franzosen: Vor 116 Jahren, am 25. Juli 1909, überflog der Ingenieur, Konstrukteur und Rekordflieger, der den französischen Flugzeugführerschein Nummer 1 besaß, als erster den Ärmelkanal.
Mit 25 PS über den Ärmelkanal
Mit seiner „Bleriot XI“ und ihrem kleinen 3-Zylinder-Anzani-Motor mit gerade mal 25 PS flog er in 37 Minuten von Les Baraques bei Calais nach Dover.
Er war damit ein gemachter Mann. Der damals 35-jährige Bleriot erhielt den von der englischen Zeitung „Daily Mai“" ausgeschriebenen Preis von 1000 Englischen Pfund für die erste Kanalüberquerung im Flugzeug – damals eine fürstliche Summe.
Bleriot hatte das Geld dringend nötig. Aufwendige Experimente, Flugzeugkonstruktionen und Unfälle hatten ihn buchstäblich pleite gehen lassen. Zudem humpelte er an Krücken. Bei einem seiner vielen Abstürze hatte er schwere Verbrennungen erlitten.
In 100 Metern Höhe von Frankreich nach England
Um den erträumten und akribisch vorbereiteten Erfolg musste Bleriot allerdings bangen. Sein französischer Konkurrent Hubert Latham wollte ihm mit seinem berühmten Antoinette-Eindecker zuvorkommen und startete am 19. Juli 1909 von Kap Blanc Nez. Doch stürzte er nach 16 Kilometern ab. Ein Torpedoboot rettete Latham das Leben.
Sechs Tage später startet Bleriot mit seinem zerbrechlich wirkenden Eindecker, der eine Spannweite von 7,80 Metern hatte, acht Meter lang und 75 Stundenkilometer schnell ist. In aller Frühe um 4.35 Uhr steigt er auf 50 Meter Höhe, um schließlich die Flughöhe von 100 Metern zu erreichen. Sicherheitshalber begleitet ihn der französische Torpedozerstörer „Escopet“.
Beim Anflug auf die englische Küste gibt es Probleme. Viel zu hoch ragen die Kreidefelsen aus dem Meer auf. Bleriot ist etwas vom Kurs abgekommen. Aber er hält durch und landet schließlich am Rande eines Golfplatzes neben dem Schloss von Dover. In London wird er vom englischen König empfangen. Frankreich verleiht ihm das Kreuz der Ehrenlegion.
Held einer ganzen Generation
Bleriot wird zum Helden und Idol einer flugbegeisterten Nation. Auch finanziell ist er aus dem Schneider. Neue Flugzeugbestellungen prasseln förmlich herein. Er ist der strahlende und gut bezahlte Star aller Flugschauen in Europa, zu denen die Menschen nun zu Hunderttausenden strömen.
So spektakulär die Erstflüge der Gebrüder Whrigts in Amerika gewesen waren, erst dank Bleriot beginnen die Menschen, an die Zukunft der Motorfliegerei zu glauben.
Schon 1899 hatte Bleriot, von Haus aus Automobilfabrikant, ein Schlagflügelflugzeug konstruiert, dem allerdings kein Erfolg beschieden war.
1905 folgte ein Gleitflugzeug. Im selben Jahr gründete er mit Gabriel Vosin, einem anderen französischen Luftfahrtpionier, eine „Werkstatt für Aeroplane“, wo er anfangs Doppeldecker baute und ab 1906 selbst konstruierte Eindecker.
Von ersten Hüpfern zur Kanalüberquerung
Im Sommer 1907 gelangen ihm erste Luftsprünge über 150 Meter, am 17. September 1907 schon ein 186-Meter-Flug. Am 6. Juni 1908 bleibt er mit seiner „Bleriot VII“ sogar acht Minuten lang in der Luft.
Am 31. Oktober 1908 schafft er den ersten Überlandflug von Toury nach Artenay über 14 Kilometer. Elf Minuten dauert dieser erste „Langstreckenflug“. Ein Jahr nach dem Flug über den Ärmelkanal erreicht er als erster Flieger eine Geschwindigkeit von über 100 Stundenkilometern.
Das Flugzeug als Waffe im Krieg
Der Internationale Luftsportverband (FAI), deren Präsident er wird, wahrt sein Vermächtnis mit der Louis-Bleriot-Medaille. Seit 1936 - Bleriot ist, 64 Jahre alt, am 1. August 1936 gestorben - wird sie jährlich für außergewöhnliche Leistungen mit Sportflugzeugen verliehen.
Französischer Patriot mit Leib und Seele und geschäftstüchtig, wie Bleriot war, entdeckt er bald auch das Flugzeug als Waffe. Im Ersten Weltkrieg baut er in dem von ihm gegründeten Flugzeugwerk Bleriot Aeronautique S.A. Jagdflugzeuge. Nach Kriegsende werden dort Sport-und Militär-Flugzeuge hergestellt.
1936 wird die Firma verstaatlicht. Sie wird von der Firmengruppe Ouest Aviation Societe Nationale de Constructions Aeronautiques übernommen, die später in der Sud-Aviation aufgeht. Dieses Unternehmen, das zeitweilig 22.000 Menschen beschäftigt und unter anderem die Caravelle und die Concorde baut, wird schließlich zur Basis des späteren Staatskonzerns Aerospatiale, der heute eine Schlüsselrolle im europäischen Airbus-Konsortium spielt.