Der "neue" VfB-Linksverteidiger Gonzalo Castro (links) im Zweikampf mit Hamburgs Bakery Jatta. Foto: dpa - dpa

Nur zwei noch aktive Profis haben mehr Bundesligaspiele als Gonzalo Castro. Der 32-Jährige ist der erfahrenste Spieler im Stuttgarter Kader - lernt gerade aber eine neue Seite kennen.

Stuttgart (dpa)Gonzalo Castro ist 32 Jahre alt, spielt seine 16. Saison als Profifußballer und wird gerade zum dritten Mal in seiner Karriere neu erfunden. Rechtsverteidiger war er schon, wurde auf dieser Position auch zum Nationalspieler. Die meisten Einsätze für Bayer Leverkusen, Borussia Dortmund und den VfB Stuttgart absolvierte Castro im Mittelfeld, meistens eher defensiv und zentral. Nun aber hat ihn VfB-Trainer Tim Walter eineinhalb Spiele lang gegen den HSV als Linksverteidiger eingesetzt - und vor dem Duell mit Dynamo Dresden am Sonntag mit Lob überschüttet. «Er ist extrem aggressiv. Er kann extrem viel laufen. Und er kann extrem gut kicken», sagte er.

Nach zuletzt drei Niederlagen in Serie in der 2. Fußball-Bundesliga muss der VfB sein Heimspiel gegen den Tabellenvorletzten unbedingt gewinnen, Castro ist Teil der erhofften Lösung. Rechtsverteidiger Pascal Stenzel stand als einziger Spieler des VfB Stuttgart in allen 13 Pflichtspielen dieser Saison von der ersten bis zur letzten Minute auf dem Platz. Der vom SC Freiburg ausgeliehene Neuzugang hat zwar als einziger Profi im Kader keinen direkten Konkurrenten für seine Position, wäre aufgrund seiner Leistungen aber auch so wohl unumstrittener Stammspieler.

Auf der anderen Seite der Viererkette dagegen hat der Club keine ideale Lösung. Der junge Kroate Borna Sosa ist offensiv umtriebig, leistet sich defensiv aber zu oft haarsträubende Fehler und ist seit seiner Gehirnerschütterung ohnehin außer Gefecht. Der Argentinier Emiliano Insua hat sich in dieser Saison von einem einst soliden Spieler zu einem Gefahrenherd für die eigene Mannschaft entwickelt und stand nach dem 2:6 in der Liga beim zweiten Duell mit dem Hamburger SV im DFB-Pokal nicht mal mehr im Kader.

Für ihn brachte Walter dann Castro - in einer Rolle, die der erfahrene Kicker eigentlich gar nicht schätzt. Walter aber hat ihm die Aufgabe nach eigenen Angaben schmackhaft gemacht. «Wenn er weiß, er wird so gebraucht und er kann seine Qualitäten da so optimal einsetzen. Dann kann man, glaube ich, gut mit ihm umgehen und dann versteht er die Geschichte auch», erklärte der 43-Jährige.

Castro sei ein «überragender Charakter. Er macht alles für seine Mannschaft. Wenn er es für seine Mannschaft macht, macht er es für sich. Er macht es auch ein Stück weit dann für mich», meinte Walter. «Wenn man mit ihm gut umgeht, mit ihm spricht, er vieles mitbringt, auch an Verständnis und an Charakter. Das ist der Punkt.» Hinzu komme, dass ein Außenverteidiger in seiner Spielphilosophie ein anderes Rollenprofil habe als bei den meisten anderen Trainern, meinte Walter und sprach von «extrem vielen Ballbesitzphasen».

Mit seiner Ruhe am Ball und der Erfahrung soll Castro nun gegen Dynamo erneut helfen, die Defensive zu stabilisieren. Auf den gesperrten Holger Badstuber müssen die Schwaben dabei verzichten. Ob der in der Liga gegen den HSV patzende Maxime Awoudja oder Nathaniel Philipps neben Kapitän Marc Oliver Kemp in der Innenverteidigung spielt, ließ Walter offen. Mit Castro aber ist zu rechnen.