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González und der VfB - bislang eine schwierige Geschichte. Der junge Argentinier ist beliebt. Doch er vergibt immer wieder klarste Torchancen. Gelingt ihm nun der Durchbruch?

Stuttgart (dpa/lsw)Die neue Konkurrenz im Sturm beobachtete Siegtorschütze Nicólas González am Sonntag ganz entspannt mit einem Mate-Tee in der Hand vom Rande des Trainingsplatzes. Acht-Millionen-Euro-Zugang Silas Wamangituka erzielte in der kleinen Spielform mit den anderen Reservisten des VfB Stuttgart am Tag nach dem 2:1 (0:1) gegen den FC St. Pauli in der 2. Fußball-Bundesliga ein paar Tore. Fürchten muss González nach seinem gelungenen Comeback im VfB-Trikot den Kongolesen aber erst mal nicht. So konnte er nach dem lockeren Radeln gemeinsam mit Santiago Ascacíbar das argentinische Nationalgetränk aus einem traditionellen Calabaza-Becher trinken.

Trainer Tim Walter hält große Stücke auf den 21 Jahre alten Angreifer, der einen der wuchtigen Stoßstürmer Hamadi Al Ghaddioui oder Mario Gomez womöglich schon gegen Erzgebirge Aue am Freitag auf die Bank verdrängen wird. Schon in der Vorbereitung bekam González viel Aufmerksamkeit vom neuen Coach, «weil er Qualität» hat. Am Sonntag lobte Walter dann: «Ihn kann ich immer bringen.» Er suche «immer Tiefe. Er kann auch aus dem Stand eins gegen eins gehen, obwohl er etwas geradliniger ist, kann er Mannschaften aufreißen.»

Dabei hat die Nummer 22, die am Sonntag nicht selbst sprechen wollte, eine lange Reise und ein ganzes Turnier in den Knochen. Erst am Mittwoch war González als Sieger der Panamerika-Spiele wieder ins Training eingestiegen - am Samstag sorgte er nach seiner Einwechslung für deutlich mehr Tempo als Startelf-Spieler Gomez und erzielte in der 90. Minute das umjubelte 2:1 für den Bundesliga-Absteiger.

Dass González am Tag nach einem Pflichtspiel viele Autogramme geben musste und von allen Seiten gelobt wird, ist eine ungewohnte Erfahrung. Seit seiner Ankunft vor einem Jahr hat der wuselige Angreifer schon oft auf mitunter groteske Art und Weise klarste Chancen vergeben und stand sinnbildlich für die offensive Harmlosigkeit der Schwaben. Tiefpunkt: Im Relegationsrückspiel gegen Union Berlin im Mai zählte der direkt verwandelte - und möglicherweise rettende - Freistoßtreffer von Dennis Aogo nicht, weil González sich ins Abseits zwischen Tor und Mauer gestellt hatte.

Auch am Samstag gab es wieder eine Szene, bei der viele Zuschauer die Hände über dem Kopf zusammenschlugen. Nach einem langen Sprint wurschtelte González da wenige Meter vor dem Tor mit dem Ball, hatte ihn scheinbar perfekt liegen - und schlug ein Luftloch. «Da ist er noch nicht so ruhig wie ein 27-Jähriger vor der Hütte. Aber das muss er auch noch nicht sein, weil er ist eben noch nicht 27», beruhigte Sportdirektor Sven Mislintat. Und auch Walter sagte: «Von mir aus kann er noch mehr verpulvern. Wenn er dann in der 90. da steht und den macht - ja und? Ich bin sehr zufrieden mit ihm.»

Schon unmittelbar nach dem zweiten Abstieg aus der Bundesliga binnen drei Jahren hatten Mitspieler und Verantwortliche des VfB ihren Stürmer in Schutz genommen. Denn beliebt ist González in der Mannschaft trotzdem und von seinen Qualitäten überzeugt sind die meisten auch. Das verdeutlichte auch Marc Oliver Kempf. «Nico ist ein aufgeweckter Typ, er zaubert jedem ein Lächeln ins Gesicht. Solche Typen brauchst du einfach in der Mannschaft», sagte der Kapitän. «Es ist schön, dass er wieder da ist. Er belebt die Mannschaft mit seiner Qualität. Er hat uns gefehlt die ersten drei Spiele. Jetzt ist er wieder da und wir hoffen, dass er noch viele Tore schießt.»