Demoteilnehmer am Donnerstagabend in Stuttgart Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

In der Stuttgarter City demonstrierten am Donnerstagabend mehrere Hundert überwiegend junge Leute gegen die Entscheidung von CDU-Chef Friedrich Merz, mit den Stimmen der AfD eine Verschärfung der Migrationspolitik zu erreichen.

Als Reaktion auf das am Mittwoch mit den Stimmen der AfD zustande gekommene Bundestagsvotum für mehr Zurückweisungen an den Grenzen haben sich am Donnerstagabend am Rande des Stuttgarter Schlossplatzes etliche Hundert Demonstranten versammelt, um ihrer Empörung über das Verhalten von CDU-Chef Friedrich Merz und der Unionsfraktion Ausdruck zu verleihen, das sie als beispiellosen „Tabubruch“ bezeichneten.

Dem kurzfristigen Aufruf unter anderem von Grüner Jugend, Jusos, Flüchtlingsrat, Fridays for Future, der Initiative Seebrücke und der Hilfsorganisation Seaeye, waren vor allem junge Leute gefolgt. Tamara Stoll und Tim Bühler von der Grünen Jugend hielten Friedrich Merz vor, er habe mit seinem Vorgehen zur Durchsetzung seines Plans zur Migrationsbegrenzung „den Vorschlaghammer an die Demokratie angesetzt“. Die Union mache sich damit zum „Steigbügelhalter der Faschisten“: „Nie wieder heißt, den Nazis nicht den Weg zu ebnen“, sagte Tamara Stoll und kritisierte: „Die CDU verliert ihre Werte, Prinzipien und ihre Verantwortung.“ Begleitet von „Nazis-raus!“-Rufen forderte Tim Bühler, es seit jetzt höchste Zeit, „für die Demokratie zu kämpfen“: „Wir sind die Brandmauer.“

Sprechchöre gegen die CDU

Empört äußerte auch die stellvertretende Landesvorsitzende der Jusos, Maria Garcia Bescos. Ausgerechnet in der Woche des Gedenkens an die Opfer des Holocaust fische die Union am rechten Rand und verantworte einen „historischen Dammbruch“. „Die CDU-Brandmauer gegen rechts war ein Versprechen – jetzt wurde es gebrochen“, sagte sie unter starkem Applaus. Dazu erklangen Sprechchöre wie: „Ganz Stuttgart hasst die CDU!“ Die Juso-Vize sprach von den Sorgen vieler Migranten um ihre Zukunft in Deutschland. Auch ihre Eltern hätten jetzt Angst, die doppelte Staatsbürgerschaft zu verlieren.

Sprecherinnen von Seaeye und Flüchtlingsrat kritisierten eine zunehmende „Stigmatisierung von Migranten“ und „Kriminalisierung von Schutzsuchenden“: „Das Spektrum des Sagbaren wird ständig erweitert“, beklagte die Sprecherin des Flüchtlingsrates. Lautstark forderte sie: „Schluss mit dem Populismus, kein Platz für Faschismus!“

„Geschichte muss es nicht wiederholen, wenn wir es nicht zulassen“

Die Vertreterin von Fridays for Future Baden-Württemberg, Paula Kanzleiter, sprach von einer „handfesten Krise der Demokratie“. Das aktuelle Geschehen ähnle auf den ersten Blick gefährlich dem, „was ich in der Schule gelernt habe“. Dennoch sei die Situation nicht mit damals vergleichbar: „Das ist nicht 1933. Geschichte ist ungeschrieben. Sie muss es nicht wiederholen, wenn wir es nicht zulassen.“ Der politische Wind habe sich in den vergangenen Jahren gedreht. Man müsse heute Angst um die Demokratie haben, sagte sie und warb dafür, „Demokratie mit Leben zu füllen“. Diese sei nicht naturgegeben. Bei der Demonstration von BUND, DGB und Verdi am Samstag um 17 Uhr auf dem Schlossplatz wollen die Jugendorganisationen ihre Positionen bekräftigen.