Auch in anderen Städten Deutschlands haben Eltern schon gegen die schlechte Betreuungssituation demonstriert wie hier in Leipzig. Foto: dpa/Jan Woitas

Die einen finden keinen Kita-Platz, die anderen haben zwar einen, aber die Kita fällt ständig aus. Die Initiative „Kitastrophe Stuttgart“ will das nicht mehr hinnehmen. Was sie plant, erklärt Mitgründerin Katja Elser.

Sie sind noch eine junge Initiative, haben aber im Jugendhilfeausschuss der Stadt Stuttgart schon kontroverse Diskussionen verursacht: die Initiative „Kitastrophe Stuttgart“, die am Freitag, 7. Juli, eine Demonstration gegen die Situation der Kinderbetreuung in Stuttgart plant. Eine der Gründerinnen ist Katja Elser (37, Mutter von vier Kindern). Im Interview erzählt sie, wer dabei ist und was die Gruppe mit ihrem Protest erreichen will.

Frau Elser, wer steckt hinter der Initiative „Kitastrophe Stuttgart“?

Wir sind Eltern, Erzieherinnen, pädagogische Fachkräfte, Auszubildende, Großeltern – eben alle, die derzeit mit den Problemen in der frühkindlichen Bildung konfrontiert sind. Wir werden auch von verschiedenen Gesamtelternbeiräten aus Stuttgart unterstützt.

Dramatisiert der Begriff „Kitastrophe“ die Situation nicht unnötig?

Das finden wir nicht. Die Kinderbetreuung wird zunehmend unsicher. Und zwar für alle. Pädagogische Fachkräfte leiden unter Dauerstress und werden teilweise mit viel zu vielen Kindern alleine gelassen. Auch Familien, die einen Platz haben, erleben ja derzeit, dass die Kita wegen Personalmangel ganz ausfällt oder nur Notbetreuung für wenige Stunden anbietet. Viele finden überhaupt keinen Platz. Und es gibt arbeitende Eltern, die einen Krippenplatz für ihr Kind haben, jedoch keinen Kindergartenplatz im Anschluss finden. Für Eltern, und Kinder und Fachkräfte ist es eine Katastrophe und es wird schlimmer.

Was müsste sich Ihrer Ansicht nach tun?

Unser Anliegen ist es unter anderem, die Fachkräfte zu halten. Denn viele verlassen derzeit diesen Beruf. Deshalb dürfen nicht noch mehr Kinder in die Gruppen gesteckt werden. Wir sehen im Moment aber nicht, dass genug getan wird, um Erzieher und Erzieherinnen zu halten. Der Frust ist groß. Außerdem fordern wir, dass bei politischen Entscheidungen alle gehört werden, auch Fachkräfte und Eltern.

Die Stadt Stuttgart möchte nun bei Eltern, deren Kinder einen Platz haben, abfragen, ob sie wirklich einen Ganztagsplatz brauchen, um stattdessen mehr Plätze mit kürzeren Betreuungszeiten zu schaffen. Halten Sie das für einen guten Weg, um kurzfristig mehr Kinder versorgen zu können?

Die Kitas machen solche Abfragen bereits individuell. Wird die Personaldecke eng, werden ihre Öffnungszeiten angepasst oder Eltern gefragt, das Kind früher zu holen. Wir glauben nicht, dass dadurch mehr Plätze entstehen. Viele Familien sind auf den vollen Lohn und damit auf eine Ganztagesbetreuung angewiesen. Auch haben wir die Sorge, dass kürzere Öffnungszeiten auf Kosten der Gleichberechtigung gehen, weil es oft die Mütter sind, die dann beruflich zurück stecken.

Sie planen eine Demonstration am 7. Juli. Was soll sie bringen?

Wir wollen das Thema in die Öffentlichkeit tragen, Präsenz zeigen und uns vernetzen. Das Thema muss ganz nach oben auf die politische Agenda. Es soll nicht so weitergehen wie bisher, dass jede Familie und jedes Kita-Team für sich allein mit der Belastung klar kommen muss.

Die Initiative

Katja Elser. Foto: privat

Interviewpartnerin
Katja Elser (37) lebt in Stuttgart und hat vier Kinder, davon zwei im Kita-Alter.

Kontakt und nächstes Treffen
Am Freitag, 26. Mai 2023, 18 Uhr trifft sich die Gruppe das nächste Mal im Eltern-Kind-Zentrum in Stuttgart-West (Ekiz) zum Austausch und um die Demonstration weiter vorzubereiten. Alle Interessierten sind willkommen. Kontakt finden Interessierte über info@kitastrophe-stuttgart.de

Demo
Für den 7. Juli ist eine Demonstration in Stuttgart geplant. Es soll eine Kundgebung und Kinderprogramm geben. Los geht es ab 15.30 Uhr mit Kinderbetreuung, ab 16.30 Uhr sind Kundgebung und ein kurzer Demozug geplant: www.kitastrophe-stuttgart.de.