Hühnersuppe ist in der kalten Jahreszeit gefragt. (Symbolfoto) Foto: imago images/Shotshop/Thomas Francois via www.imago-images.de

Hilft, durch die dunkle Jahreszeit zu kommen: eine Hühnerbrühe mit Wums. Ein Spitzenkoch verrät, wo es in Baden-Württemberg die besten Gockel gibt.

Pünktlich zu Beginn der kalten Jahreszeit ist die Schwiegermutter krank geworden. Menschen, die mit ähnlich betreuungsintensiven Kindern zusammenleben wie ich, wissen, was das bedeutet: Babysitterlücke, Systemabsturz, Super-GAU, die Börse bricht zusammen, Weltuntergang. Und ich schildere die Situation hier noch sehr optimistisch.

Also habe ich meine größte Stärke am Herd abgerufen und heilende Hühnerbrühe gekocht. Angeblich stecken in des Hühnchens Rückenmark entzündungshemmende Stoffe, die beim Kochen freigesetzt werden. In meine Standardvariante kommt sämtliches Gemüse, das im Kühlschrank bereits ein Eigenleben entwickelt hat und beim Öffnen der Kühlschranktür fröhlich grüßt, zusammen mit zahlreichen Hühnerschlegeln in einen Topf, wird kurz furchtbar scharf angebraten und anschließend mit reichlich Wasser aufgekocht.

Selbstüberschätzung am Herd

Im Zuge männlicher Selbstüberschätzung am Herd wird viel Testosteron freigesetzt, weshalb ich mich in meiner Funktion als Suppenkasper für den größten Brühwürfel aller Zeiten halte und umgekehrt.

Ist die Schwiegermutter der Adressat der Brühe, muss man natürlich ganz anders aufkochen, mit mehr Wums. Dieses Mal soll es echte Knochenarbeit sein. Der Brunnenhof bei Künzelsau, etwas nördlich von Schwäbisch Hall gelegen, gilt unter Spitzenköchen wie dem ehemaligen Patron der Stuttgarter Speisemeisterei, Frank Oehler, als der Erzeuger im Land, bei dem man die leckersten Gockel bekommt.

Jedes Teilchen vom Huhn wird verarbeitet

Der Demeterbetrieb verarbeitet jedes Fitzelchen vom Huhn. From Nose to Tail heißt das neudeutsch, übersetzt: vom Näschen bis zum Schwänzchen, wie es früher üblich war, als man noch nicht kiloweise Lebensmittel weggeworfen hat.

Also eineinhalb Kilo Hühnerknochen geordert, gewaschen, mit Öl beträufelt und im Ofen bei 220 Grad Ober- und Unterhitze 45 Minuten lang geröstet. Ein Prozess, zu dem man im Idealfall nichts als Säbelzahntigerfell und Keule tragen sollte. Anschließend im Topf mit etwas Suppengemüse und rund zwei Liter Wasser aufkochen und schließlich zwei Stunden lang köcheln lassen.

Kochkolumnist Hans Gerlach liefert ein wunderbares Hühnerbrühen-Rezept mit der vollen Vitamin-Umami-Eiweiß-Dröhnung mit einem Spiegelei und frischem Gemüse als Einlage. Am Ende wird die Suppe individuell abgeschmeckt mit etwas Sojasoße, Chili und Zitronensaft, ich gebe noch etwas Kimchi hinzu, fermentiertes Kohlgemüse, für einen Hauch Korea im Suppenteller. Schwiegermutter fand den Geschmackskick, neutral formuliert, interessant. Seit einem Besuch beim Hausarzt ist sie wieder wohlauf.