Die Kleinen können auch die Großen schlagen: Die Bietigheim Steelers mit Stürmer C. J. Stretch lieferten Meister Eisbären Berlin (Leo Pföderl/re.) bisher einen harten Kampf. Foto: Baumann/Alexander Keppler

DEL-Chef Gernot Tripcke zeigt sich uneins bei seinem Fazit zum eingeführten Auf-und Abstieg zwischen DEL und DEL2. Für den Absteiger sei es noch härter als in anderen Sportarten.

Die DEL ist während Corona durch zwei schwere Saisons gegangen, doch Geschäftsführer Gernot Tripcke ist zuversichtlich, dass sich die Liga wieder berappeln wird. Allerdings warnt der gebürtige Kieler davor, dass sich Clubs im Kampf gegen den Abstieg übernehmen.

Herr Tripcke, die vergangenen zwei Jahre waren die turbulentesten, seit Sie bei der DEL sind, oder?

Ich fand das vergangene Jahr schlimmer als das davor. Wir haben die Saison 2019/2020 im März abgebrochen wegen Corona. Darauf folgte die Saison ohne Zuschauer, das lief nach schwierigen Planungen alles recht reibungslos. In der vergangenen Saison hatten wir uns Besserung erhofft, aber es gab im Spielbetrieb jeden Tag eine andere Herausforderung. Nichts war mehr planbar, ich bin jeden Morgen aufgewacht und habe erst mal geguckt: Wo lodert das nächste Feuer? Aber wir haben das insgesamt gut über die Bühne gebracht.

Glauben Sie, die schlimmsten Klippen sind umschifft?

Was Covid betrifft, glaube ich schon, dass wir nun eine höhere Planbarkeit haben und weniger passiert. Was nicht ausschließt, dass es doch wieder den einen oder anderen Ausreißer geben wird.

Auf- und Abstieg sind zwischen DEL und DEL2 eingeführt. Ihr Fazit?

Ich bin schon immer zwiegespalten. Ich glaube, es hat beides Vor- und Nachteile. Wichtig ist, dass wir uns dazu bekannt haben. Das war insbesondere für die DEL2 wichtig, um die Standorte zu entwickeln. Die Verzahnung dient dazu, dass die Kluft nicht zu groß wird und irgendwann der Penny DEL der Unterbau fehlt. Für den Absteiger ist es natürlich hart, ich glaube, noch härter als in anderen Sportarten, weil der Abstieg lange verlernt war. Wichtig ist zugleich, dass das System funktioniert, dass Clubs im Kampf gegen den Abstieg wirtschaftlich nicht zu viel riskieren und womöglich in die Pleite gehen – sondern eben in der zweiten Liga spielen, wo sie sich berappeln können. Genauso wichtig ist, dass sich Aufsteiger weder sportlich noch wirtschaftlich übernehmen. Das hat in der vergangenen Saison super funktioniert.

Die Liga ist recht ausgeglichen.

Das ist das Schöne an der Liga: Jeden Abend kann jeder jeden schlagen. Klar gibt es die drei, vier Top-Mannschaften, die wahrscheinlich am Ende wieder vorne stehen. Aber man sieht, wie die letzten Jahre große Standorte wie Köln geschwächelt haben. Jetzt tut Berlin sich aktuell ein wenig schwer, aber auch die werden sich wieder berappeln.

Aber die DEL ist eine Zweiklassengesellschaft – auf der einen Seite die Reichen mit dem Großsponsoren, auf der anderen die weniger Begüterten.

Es sind Clubs dabei, die sich ziemlich sicher für die Play-offs qualifizieren werden – aber die gewinnen auch nicht alle Spiele, sie sind immer verwundbar und verletzbar. Und ich behaupte: Von Platz fünf an ist alles ziemlich offen, da geht ein Club derzeit ganz schnell an einem Wochenende um fünf Plätze rauf oder runter in der Tabelle.

Man könnte ein Limit einführen, so dass jeder Club nur eine bestimme Summe für Spielergehälter ausgeben darf.

In der Theorie hört sich das vielleicht gut an, aber es ist nicht umsetzbar. Im deutschen Arbeitsrecht nicht, im europäischen Kontext ebenfalls nicht. Zudem würde die Gefahr bestehen, dass die Vorgaben umgangen werden. Solange der Wettbewerb bei uns so eng ist, halte ich das für unnötig.

Diese Saison gibt es zwei Absteiger und einen DEL2-Aufsteiger. Ist es denkbar, die Liga auf 16 Teams aufzustocken, um Play-offs und Play-downs auszuspielen?

Play-downs können wir nicht spielen, dann würden wir den Elften nach der Hauptrunde in Abstiegsgefahr bringen, wenn sich etwa der Torhüter verletzt, der davor ein starker Rückhalt war. Ich halte das für unfair. Oder nehmen wir das Beispiel, dass eine Mannschaft wegen zwei Toren nicht in die Play-offs kommt, und dann verletzen sich zwei Schlüsselspieler. Wir finden es sportlich am fairsten, wenn der Abstieg nach der Hauptrunde feststeht. Sie können auch keine Aufstiegsrelegation zwischen DEL2 und Penny DEL spielen, denn der Zweitligist hat nur vier Ausländer im Kader, der Erstligist aber neun. Auch zeitlich müsste der DEL-Club wochenlang auf seinen Gegner warten. 14 Clubs ist zudem eine gute Größe, was den Modus und die Anzahl der Spiele angeht.

Bei der Verlängerung des TV-Vertrags haben Sie den doppelten Betrag herausgeschlagen – jeder DEL-Club erhält künftig 600 000 Euro statt 300 000.

Das sind wir auch wert, und ich glaube, da sind wir jetzt deutlich näher am Marktwert. Da hat die Konkurrenz das Geschäft belebt, und auch viele andere Dinge, die sogenannten weichen Faktoren, sind neben der direkten Vergütung verbessert worden. Diese ermöglichen zusätzliche Reichweite und Sponsoring, etwa durch erleichterte Highlight-Zusammenfassungen. Das ist ein großes Paket, und da sind wir echt happy und haben eine Planungssicherheit für die nächsten sechs Jahre. Nennen möchte ich dabei auch Penny, die haben als Ligasponsor kurz danach nachgezogen. Auch dieser Partner investiert zusätzlich sehr viel in die Aktivierung und das Eishockey insgesamt. Das ist für uns wirtschaftlich ein nächster Schritt, dabei sind wir froh, dass wir in diesen Zeiten nach zwei Jahren in der Krise zwei wichtige Partner langfristig binden konnten – und dann auch noch zu vehement besseren Konditionen.

Sind Sie zufrieden mit der Reichweite von Magenta TV?

Die ist sehr gut. Wir sind inzwischen beim Dreifachen von dem, als wir gestartet sind – und die Quoten sind noch mal 20 Prozent höher als letztes Jahr. Magenta funktioniert extrem gut, da haben wir eine Fanbasis von locker 300 000 Leuten, die jeden Spieltag gucken. Wären wir zu einem anderen Sender gewechselt, hätten wir bei null wieder angefangen.

Im Free-TV haben Sportarten jenseits des Fußballs keine Chance mehr, oder?

Wir haben mit Servus TV einen Partner, der ein Match pro Woche live überträgt, dazu mehr in den Play-offs, und dann sind noch die Highlights wichtig. Aber alle Spiele? Nein, keine Chance, das wäre wirtschaftlich nicht darstellbar. Abgesehen davon, das klappt im Fußball ja auch nicht. Wir müssen sehen, dass wir bei den größeren Sendern noch stärker reinkommen. ARD und ZDF übertragen am Samstag Wintersport, da ist es gut, dass die DEL dort weiter ihren Platz hat. Die „Sportschau“ am Sonntag ist zäh, und zwar für alle Sportarten jenseits des Fußballs, da existiert fast gar nichts mehr.

Bleiben noch die Kanäle im Internet.

Klar, da sind die Social-Media-Kanäle. Und da haben wir jetzt ein Rechtenutzungspaket, damit wir viel mehr Spielbilder noch schneller ins Netz bringen können. Da sind aber jetzt auch die Clubs gefragt mit ihren lokalen Medienpartnern, da kann man noch eine Menge machen. Darüber müssen wir weitere Reichweite generieren, damit wollen wir die Leute für Magenta Sport anteasern oder noch besser: gleich in die Stadien locken, denn nur so bekommen wir die jungen Leute.

Vor Corona galt Eishockey als die Nummer zwei hinter Fußball, nun kommen rund 20 Prozent weniger Fans . . .

Wir kämpfen um jeden Zuschauer. Das ist definitiv so! Lieb wäre mir, wir hätten doppelt so viele Fans in den Hallen, dann wäre ich, auch ohne zu meckern, gerne nicht die Nummer zwei. Egal ob Handball, Basketball oder auch Fußball, die Problemstellungen sind sehr ähnlich, wir arbeiten eng zusammen im Rahmen unserer Initiative Profisport Deutschland. Da gibt es keine Eifersüchteleien – weder in Bezug auf die Zuschauer noch auf die Sponsoren.

Der Jurist im Eishockey-Metier

Jura
 Geboren am 25. Februar 1968, studierte der Kieler Jura in Bochum sowie Sport-und Unterhaltungsrecht in San Diego (Kalifornien). Er gründete 1997 eine Rechtsanwaltskanzlei.

Sport
 Tripcke übernahm 2000 die DEL-Geschäftsführung, in seiner Ära entwickelte sich Eishockey zum erfolgreichsten Hallensport Deutschlands. Tripcke lebt in Mettmann, ist verheiratet und Vater von drei Kindern.